Hat es solche Steigerungen in den vergangenen Jahren schon einmal gegeben? Wen trifft die Inflation besonders stark und was kann man dagegen unternehmen? Die Antworten lesen Sie hier. <BR /><BR /><BR /><b>1: Die Inflationsrate ist in Italien und Südtirol in den vergangenen Monaten rasant angestiegen. Hat es solche Steigerungen in den letzten Jahren schon mal gegeben?</b><BR />Von Mitte der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre gab es eine Ölpreis- und Wirtschaftskrise mit hohen Inflationsraten (in Italien im Schnitt 17 Prozent, siehe Grafik). Doch seit der Einführung des Euro hat es solche Teuerungssprünge wie in den vergangenen Monaten nicht mehr gegeben. Ganz im Gegenteil: Die Inflationsrate lag seit 2012 unter dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten Ziel von 2 Prozent.<BR /><BR /> Doch dann kam bereits im vergangenen Herbst der Schock an den Zapfsäulen, wo die Benzin- und Dieselpreise in die Höhe schossen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>2: Wen trifft die hohe Inflationsrate besonders stark?</b><BR />Der rasante Preisanstieg von Gas und Strom hat besonders das Heizen für die privaten Haushalte verteuert. Aber auch für die energieintensiven Industriezweige, zum Beispiel in der Stahl-, Papier-, Glas-, Keramik- und Baustoffproduktion, sind die hohen Energiekosten eine schwere Belastung, weil sie nur zum Teil über Preiserhöhungen auf die Kunden abwälzbar sind. <BR /><BR />Auch andere wichtige Wirtschaftszweige wie der Waren- und Personentransport auf der Straße und das Gastgewerbe leiden unter den extrem gestiegenen Energiekosten. <BR /><BR />Zu starken Preisanstiegen ist es auch im Lebensmittelbereich und im Baugewerbe gekommen, weil weltweite Lieferketten unterbrochen wurden und weil das Angebot wichtiger Rohstoffe und Zwischenprodukte der stark gestiegenen Nachfrage nicht nachkommen konnte. Auch der Mangel an Chips, die als wichtige Bestandteile in vielen Produkten wie Autos, Smartphones, Computern und medizinischen Geräten unverzichtbar sind, führt zu Engpässen und damit verbunden zu Preisanstiegen.<BR /><BR />Schließlich leidet auch die Landwirtschaft und in Südtirol besonders die Milchwirtschaft unter der Verteuerung von Kunstdünger und Futtermitteln.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>3: Weshalb erleben wir gerade jetzt so hohe Teuerungsraten?</b><BR />Die starke Verteuerung von Öl, Gas und Strom, den wichtigen Energieträgern der modernen Industriegesellschaften, ist auf die schrittweise Überwindung der Corona-Epidemie zurückzuführen. Als diese bis dahin unbekannte Infektionskrankheit sich 2020 weltweit ausbreitete und hohe Opferzahlen forderte, wurden harte Ausgangsbeschränkungen und behördliche Betriebsschließungen verfügt. Die Folge: In allen Industrieländern ist die Wirtschaft eingebrochen und viele Produktionen wurden zurückgefahren. Als im vergangenen Jahr die Wirtschaft wieder unerwartet stark in Schwung kam, waren Engpässe verbunden mit einer rasanten Verteuerung der Energie unvermeidbar. <BR /><BR />Dazu kam dann die russische Aggression der Ukraine am 22. Februar, was die Öl- und Gaspreise weiter in die Höhe trieb. Viele Staaten der EU sind besonders für die Gasversorgung zu einem beachtlichen Teil von russischen Lieferungen abhängig. <BR /><BR />Teures Gas belastet die privaten Haushalte und die Industrie, aber verteuert auch die Stromerzeugung in Ländern wie Italien, wo die Gaskraftwerke eine große Bedeutung haben. Auf den digitalen Plattformen für den Gashandel wie der niederländischen TTF-Börse ist es teilweise zu dramatischen Preissteigerungen gekommen, weil jederzeit mit einer Unterbrechung der russischen Gaslieferungen durch Putin oder die EU gerechnet werden muss.<BR /><BR /> In solchen Fällen trägt natürlich auch die Spekulation zum rasanten Preisanstieg bei. Inzwischen sind die Preise für Gaslieferungen auf der digitalen TTF Handelsblattform deutlich von 3400 Euro auf rund 1000 Euro je 1000 Kubikmeter Gas zurückgegangen, bleiben aber trotzdem verglichen mit den Preisen vor einem Jahr sehr hoch. <BR /><BR />Fazit: Der starke Inflationsanstieg wurde zum Teil durch die außerordentlichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zur Überwindung der Pandemie ausgelöst, mit denen viel Geld in die Wirtschaft gepumpt wurde. Entscheidend war jedoch der unerwartet rasante Wirtschaftsaufschwung im vergangenen Jahr, zu dem sich der Ukraine-Krieg gesellt hat. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>4: Ein Grund für die Preissteigerungen bei Öl und Gas ist ist auch der Ukrainekrieg. Was wäre, wenn die EU-Staaten kein russischen Öl und Gas mehr zu kaufen würden?</b><BR />Ein Öl- und vor allem ein Gasembargo könnte weitere Preissteigerungen bewirken aber in vielen europäischen Ländern eine schwere Wirtschaftskrise auslösen. Hohe Inflation und ein gleichzeitiger Einbruch der Wirtschaft gepaart mit hoher Arbeitslosigkeit, wären wohl dramatische Aussichten. Doch um den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Schranken zu weisen, müsste man wohl auch das in Kauf nehmen.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>5: Wer kann eigentlich etwas gegen die hohe Inflation unternehmen?</b><BR />Maßnahmen gegen die Inflation können sowohl die Zentralbanken als auch die Regierungen ergreifen. Für die 19 Staaten des Euro-Raums hat die Europäische Zentralbank (EZB) als Hauptaufgabe für Preisstabilität zu sorgen. Dieses Ziel ist erreicht, wenn im Euro-Raum die durchschnittliche Inflationsrate mittelfristig bei 2 Prozent liegt. Dazu stehen der Europäischen Zentralbank verschiedene geldpolitische Mittel zur Verfügung.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>6: Welche Mittel hat die EZB?</b><BR />Vor allem kann die Europäische Zentralbank mit dem Leitzinssatz die Wirtschaftsentwicklungen beeinflussen. Die Banken können sich nämlich bei der Zentralbank die kurzfristig benötigte Liquidität zum jeweiligen Leitzinssatz besorgen. <BR /><BR />Wenn die Wirtschaft wegen der hohen Konsum- und Investitionsnachfrage sehr stark wächst und die Preise entsprechend stark zu steigen drohen, kann die Zentralbank den Leitzinssatz schrittweise erhöhen und so über die Banken die Kreditversorgung der Wirtschaft bremsen. Wenn die Zinsen steigen, werden Konsumenten teilweise auf kreditfinanzierte Konsumausgaben verzichten. Die Unternehmen werden ihre Investitionen zurückfahren, weil die Kredite teurer werden. <BR /><BR />Die Zentralbank könnte sogar eine Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen, wenn übermäßige Preissteigerungen nicht mehr gebremst werden können und somit die Inflation aus dem Ruder zu laufen droht.<BR /><BR />Seit 2012 war der Euro-Raum durch eine sehr niedrige Inflation von meist deutlich unter 2 Prozent gekennzeichnet. Dagegen hat die Europäische Zentralbank verschiedene außerordentliche Maßnahmen ergreifen müssen. So wurde der Leitzinssatz stufenweise bis auf Null gesenkt (2016) und bis heute ist der Leitzinssatz auf diesem Niveau geblieben. <BR /><BR />Weil das nicht ausreichte, hat man zudem 2015 ein Anleihekaufprogramm begonnen, das erst heuer ausläuft. Ziel war es, vor allem durch den Ankauf von Staatsanleihen, das Zinsniveau auch im längerfristigen Bereich zu senken und so die Wirtschaft anzukurbeln. Wegen der hohen Inflation der letzten Zeit soll nun das Anleihekaufprogramm bis zum Sommer auslaufen. Dann könnte es vielleicht zu einer vorsichtigen Anhebung der Leitzinsen kommen, die sich noch immer auf Null befinden.<BR /><BR /><BR /><BR /><b> 7: Was können die Staaten tun?</b><BR />Die EZB betont immer wieder, dass sie nur unzureichende Mittel besitzt, um die besonders durch die Verteuerung von Kohle, Öl und Gas angefachte Inflation wirkungsvoll zu bekämpfen. Das sei vielmehr eine Aufgabe des Staates, der dazu Steuern, öffentliche Ausgaben und gesetzlichen Regelungen einsetzen kann. <BR /><BR />Mit der Explosion der Energiepreise hat auch die italienische Regierung seit dem letzten Jahr solche Maßnahmen ergriffen. Dazu zählen die Eindämmung der Gas- und Strompreiserhöhungen besonders für die Personen mit niedrigen Einkommen sowie die Senkung der Benzin- und Dieselpreise um insgesamt rund 30 Cent je Liter Treibstoff. Diese Preissenkungen wurden mit einer Kürzung der Steuer auf Erdölprodukte (25 Cent) und der damit zusammenhängenden Verringerung der geschuldeten Mehrwertsteuer (5 Cent) erreicht. Eine Erleichterung, die jedoch gegen Ende April auslaufen soll, wenn es zu keiner Verlängerung kommt. Es ist jedoch nicht sicher, ob der Staat wegen der subventionierten Senkung der Treibstoffpreise weitere Ausfälle bei den Steuereinnahmen verkraften kann.<BR /><BR /> Für die Unternehmen sind Minderungen der Energiekosten besonders für die energieintensiven Sparten vorgesehen. Außerdem können bei öffentlichen Bauaufträgen die rasanten Preissteigerungen bei den Baustoffen entsprechend angepasst werden. <BR /><BR />Eine wirksame Dämpfung der Inflation wäre möglich, wenn die Mehrwertsteuer für wichtige Güter des täglichen Bedarfs vorübergehend gesenkt würde. Die knappen Staatskassen werden eine solche Maßnahme aber kaum zulassen.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>8: Welche Folgen kann eine hohe Inflation haben?</b><BR />Das staatliche Statistikinstitut hat für den abgelaufenen März die Inflationsrate vorläufig auf 6,7 Prozent geschätzt. Die Teuerungstreiber sind Öl, Gas und Strom aber auch die Lebensmittel.<BR /><BR /> Diese Entwicklung ist besonders für die Bezieher von niedrigen und mittleren Einkommen sehr belastend. Löhne und Pensionen werden oft nur unzureichend und mit Verspätung an die Inflation angepasst. Viele müssen deshalb harte Einschränkungen hinnehmen und es besteht verstärkt die Gefahr, dass Menschen unter die Armutsgrenze abrutschen. <BR /><BR />Das hängt auch damit zusammen, dass der sogenannte Warenkorb (paniere), der für die Inflationsberechnung verwendet wird, oft völlig unzureichend die tatsächlichen Lebenshaltungskosten vieler Menschen abbilden. In Südtirol gilt das zum Beispiel für die hohen Heizkosten in den kühleren Gegenden des Landes. Auch die Belastungen durch den Mietzins, der jährlich der Inflationsentwicklung angepasst wird, bekommen die Wohnungsmieter viel stärker zu spüren, als die für Bozen erhobenen Inflationsrate zeigt. <BR /><BR />Was in die Berechnung der Teuerungsrate nicht einfließt, sind die Vermögenswerte über die die Bürger verfügen. Die Inflation hat sicher dazu beigetragen, dass die Preise von Wohnungen stark gestiegen sind. Hingegen ist die Zinsbelastung der Käufer von Wohnungen und anderer Immobilien trotz des Inflationsschubs nur geringfügig gestiegen, weil das Zinsniveau weiterhin niedrig bleibt. <BR /><BR />Die Inflation begünstigt eben die Schuldner und benachteiligt hingegen die Sparer, besonders wenn sie den Spargroschen nur auf dem Bankkonto halten. Dafür gibt es praktisch keine Zinsen und das bedeutet, dass der Kaufkraftverlust die Spareinlagen voll trifft. Wer sich nicht für ertragreichere aber in der Regel auch risikoreichere Anlagen entscheidet, ist der sicherere Verlierer.<BR /><BR />Es gibt auch Gewinner der Inflation. Das sind besonders jene, die Vorteile aus dem stark steigenden Preisniveau ziehen können und die den Kaufkraftverlust ihrer Einkünfte durch gestiegene Erträge und Gewinne leicht wettmachen können.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>9: Wie lange wird die Inflation noch hoch bleiben?</b><BR />Hoffentlich bewahrheiten sich die Schätzungen, dass sich die Inflation bereits in der zweiten Jahreshälfte abschwächt und dass wir schon im kommenden Jahr zu einer Teuerungsrate um die 2 Prozent zurückkehren. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>10: Was wäre, wenn die Teuerungsrate über eine längere Zeit hoch bleibt?</b><BR />Eine länger anhaltende Inflation würde nämlich zunehmend die Unterschiede in der Einkommens- und Vermögensverteilung verschärfen und könnte zu harten sozialen Konflikten führen. Und der Staat wäre sicher überfordert, solche Unterschiede im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit halbwegs auszugleichen.<BR />