Vereinsobmann Günther Pernthaler über die Arbeit eines Hirten im Jahre 2021 und über die Ernüchterung, die sich in Bezug auf Herdenschutz breit macht. <BR /><BR /><b>Mit dem Almabtrieb vom Wochenende endet für heuer die Weidesaison des Villnösser Brillenschafe auf der Alm. Kamen alle 260 im Juni aufgetriebenen Tiere wohlbehalten zurück ins Tal?</b><BR />Günther Pernthaler: Ja, Gott sei Dank ist heuer alles gut gegangenen. Den Sommer über wurden unsere Tiere auf der Alm oben vom Wolf verschont, nachdem 2020 insgesamt 97 Tiere gerissen worden waren – 44 vom Wolf auf der Alm und 53 vom Schakal im Tal.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="680462_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie können als Verein also mit der heurigen Saison zufrieden sein?</b><BR />Pernthaler: Zufrieden ja, aber eben auch mit einem großen Aber: Der Aufwand, den wir betreiben mussten, ist enorm: Der rund 1,5 Hektar große Nachtpferch wurde mit einem 1,25 Meter hohen, 5-drahtigen Stromzaun geschützt. Morgens wurden die Tiere freigelassen, abends mussten sie die Hirten wieder einbringen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-50645737_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Wie intensiv muss man sich dabei die Arbeit eines Hirten vorstellen?</b><BR />Pernthaler: Die Schafe bewegen sich tagsüber in einem Radius von rund 10 Kilometern. Der Hirte muss dabei den ganzen Tag über bei jeder Witterung bei den Tieren sei. Auch bei Blitz und Hagel kann er die Schafe nicht im Stich lassen, sonst findet er sie nicht mehr. Geschlafen hat er heuer in einem von der Forst zur Verfügung gestellten Container. Wie gesagt – es ist ein riesiger Aufwand und dies auch in finanzieller Hinsicht. <BR /><BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Pernthaler: Nun, die Hirten den Sommer auf der Alm zu beschäftigen, kostete den 9 Mitglieder, die die Tiere auf die Alm trieben, 15.000 Euro. Den enormen Aufwand konnten wir nur dank der Unterstützung von Seiten der Gemeinde Villnöß, der Landesforst und der Salewa-Gruppe als Partner des Villnösser Brillenschafes stemmen. <BR /><BR /><BR /><b>Kamen auch Hütehunde zum Einsatz?</b><BR />Pernthaler: Ja, der Border Collie Ganga. Geliehen hat uns diesen der Schäfer und Fachmann für Hüte-Systeme, Markus Mahlknecht. Er ist es auch, der uns berät. Nach dem Abtrieb der Tiere haben wir zusammen mit ihm eine erste Bilanz gezogen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="680495_image" /></div> <BR /><BR /><b>Die müsste nach einem Weidesommer ohne Tier-Risse doch gut ausfallen, oder?</b><BR />Pernthaler: Ja und Nein. Um das Weiden der Tiere und damit ihre Sicherheit so garantieren zu können, müssten wir unser System erweitern: Er bräuchte einen zweiten Nachtpferch, da sonst die zurückzulegenden Strecken einfach zu groß sind. Damit ein Hirte die ganze Zeit über oben auf der Alm bleiben kann, müssen wir auch eine neue Hütte bauen. Und nicht zuletzt brauchen wir einen Bürokratieabbau, damit wir unsere Maßnahmen dann auch umsetzen können. Wir hoffen bei alldem auf Unterstützung – ohne Hilfe schaffen wir es nicht. <BR /><BR /><b>Es schwingt also ein Stück weit Ernüchterung mit?</b><BR />Pernthaler: Ja, auch weil uns Erfahrungen aus der Schweiz lehren, dass das von uns heuer installierte System maximal für 10 Jahre gut läuft – spätestens dann hat der Wolf dazugelernt und überlistet den Menschen, reißt die Tiere bei Tag und schafft es, die Zäune zu überwinden. Dann scheitern wir. Die einzige langfristige Lösung ist und bleibt, die Entnahme von Problemtieren – so wie es bereits in der Schweiz praktiziert wird. Denn wir wissen, der Wolf ist da. Er wurde er auch heuer auf der Alm gesichtet. Und noch ist die Gefahr nicht vorbei. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="680498_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie meinen Sie das?</b><BR />Pernthaler: Nun, jetzt wo die Tiere im Tal sind, weiden sie eben dort. Und der Wolf und der Schakal sind weiter unterwegs. Wer die Möglichkeit hat, wird deswegen auch im Tal seine Tieren nachts von der Weide in den Stall bringen. <BR /><BR /><b>Wie viele Tiere haben Sie aktuell?</b><BR />Pernthaler: Es sind mittlerweile 34, im Vorjahr waren es noch 50. Besonders die Jungtiere fehlen – sie sind es, die den Nachwuchs der Herde garantieren. Schon jetzt erkennen wir eine Stagnation der Lämmerproduktion. <BR />