Mittwoch, 31. Mai 2023

Löhne: Italien ist Schlusslicht

Italiens Wirtschaft habe sich krisenfest gezeigt, doch im Hinblick auf die Löhne gebe es einiges zu tun: Das betonte am Mittwoch der Chef der italienischen Notenbank, Ignazio Visco, bei der Vorstellung des Jahresberichtes der Banca d'Italia.

Ignazio Visco wird im Oktober nach 12 Jahren sein Amt an der Spitze der Notenbank abgeben. ANSA/ETTORE FERRARI - Foto: © ANSA / ETTORE FERRARI


Für Visco war es gestern die letzte Präsentation des Jahresberichtes. Nach 12 Jahren an der Spitze der Notenbank wird Visco im Oktober aus dem Amt ausscheiden.

„Wirtschaft wird heuer um ein Prozent zulegen“

In den vergangenen Krisenjahren habe die italienische Wirtschaft eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gezeigt, betonte der Notenbankchef. „Bereits Ende 2021 hatte sich die Produktion von dem Einbruch im Zuge der Coronapandemie erholt; im vergangenen Jahr ist sie dann trotz der Schwierigkeiten, die der Krieg in der Ukraine mit sich brachte, weiter gewachsen, und zwar um 3,7 Prozent, was deutlich über den Erwartungen lag.“
Auch im ersten Quartal dieses Jahres habe das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stärker als erwartet zugelegt.
„Für das Jahr 2023 gehen die jetzt vorliegenden Prognosen von einem Produktionsanstieg von etwa einem Prozent aus.“

Kritik an Lohnniveau und prekären Arbeitsverhältnissen

Weniger gut haben sich laut Visco hingegen die Löhne entwickelt. In Italien haben sie in den vergangenen 25 Jahren das schwächste reale Wachstum aller Länder Europas verzeichnet, betonte der Notenbankchef. Er bemängelte auch, dass befristete Arbeitsverträge in Italien das Beschäftigungsniveau zwar stützen, aber niedrige Löhne bieten würden.
Ein Fünftel der jungen Arbeitnehmer habe auch nach 5 Jahren immer noch keinen unbefristeten Arbeitsvertrag. „Zu viele Menschen, nicht nur junge, haben keinen offiziellen Arbeitsplatz oder falls sie einen haben, werden ihnen keine angemessenen Vertragsbedingungen angeboten, wie in den anderen großen EU-Ländern“, kritisierte Visco.

Visco fordert Mindestlohn

Er sprach sich zudem für die Einführung eines Mindestlohns aus, um soziale Ungleichheiten zu beseitigen. Viscos Ansichten zum Mindestlohn stehen im Gegensatz zur Position der Regierung Meloni, die seit jeher gegen einen gesetzlich festgesetzten Mindestlohn ist, wie ihn die Oppositionskräfte fordern.

Aufbauplan: „Keine Zeit zu verlieren



Auch mit Geldpolitik beschäftigte sich der Notenbankchef in seinem Jahresbericht. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse nach den rasanten Zinserhöhungen der vergangenen Monate aufpassen, die Geldpolitik nicht zu stark zu straffen. Die EZB müsse nun mit dem richtigen Ausmaß graduell, aber nicht langsam vorgehen, um zu ihrem Inflationsziel zurückzukehren. Die EZB strebt 2 Prozent Inflation für die Eurozone an. Dies erachtet sie als optimales Niveau für die Wirtschaft.
Mit Blick auf den Aufbauplan PNRR unterstrich der Notenbankchef, dass zwar „Verbesserungen möglich“ seien, man aber „keine Zeit zu verlieren“ habe. Der Plan stelle „einen seltenen und im Großen und Ganzen gültigen Versuch“ dar, eine „strategische Vision für das Land zu definieren“. Es sei daher „von entscheidender Bedeutung, das darin enthaltene ehrgeizige und längst überfällige Reformprogramm umzusetzen“.
Die italienischen Banken sind laut Visco „im Großen und Ganzen in ausreichend guter Verfassung, aber die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten gebietet Vorsicht“.

gam

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