<b>Herr Pechlaner, wie bewerten Sie die aktuelle Diskussion rund um das Drehkreuz auf der Seceda in Gröden?</b><BR />Harald Pechlaner: Um es mit Johann Wolfgang von Goethe zu sagen: „Die Geister, die ich rief, werd’ ich nicht mehr los.“<BR /><BR /><b>Das klingt nach einem selbstverschuldeten Problem?</b><BR />Pechlaner: Es sieht ganz danach aus, dass wir dieses Problem immer öfters bekommen: Nicht nur am Pragser Wildsee oder in Villnöß. Nun auch auf der Seceda. Es ist eine Folgeerscheinung der Digitalisierung, aber auch der zunehmenden Internationalisierung des Tourismus in Südtirol.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70856586_quote" /><BR /><BR /><b>Vor allem die Digitalisierung ist ein Treiber – Social-Media-Bilder vom Pragser Wildsee, der Seceda oder anderen Hotspots gehen um die Welt, und jeder will diese Orte sehen…</b><BR />Pechlaner: Genau. Aber auch die Internationalisierung trägt dazu bei. Wir müssen dieser Diskussion endlich die notwendige Ernsthaftigkeit verleihen. Es geht um Kapazitätsbeschränkungen, Besuchersteuerung und -lenkung, Monitoring – und vor allem darum, unsere Gäste besser zu verstehen. Das Wichtigste ist jedoch: Wir müssen all diese Entscheidungen stärker mit der einheimischen Bevölkerung abstimmen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70859160_quote" /><BR /><BR /><b>Gleichzeitig hört man von Betreibern Aussagen, man solle die Kapazitäten verdreifachen. Das dürfte die Stimmung in der Bevölkerung nicht verbessern…</b><BR />Pechlaner: Richtig. Das zentrale Thema für Südtirol ist: Wir müssen klären, welchen Tourismus wir überhaupt wollen. Die Maßnahmen in Prags oder Villnöß sind letztlich nur ein Flickwerk, um akute Probleme zu entschärfen. Mittel- und langfristig werden neue Brennpunkte entstehen. Wir brauchen endlich ein übergeordnetes Konzept für das gesamte Land.<BR /><BR /><b>Ein Konzept, das festlegt, welche Art von Tourismus Südtirol anstrebt?</b><BR />Pechlaner: Genau. Einfach nur die Besucherzahlen zu steigern, kann nicht die Lösung für einen zukunftsfähigen Tourismus sein.<BR /><BR /><b>Also weg vom Gedanken „Mehr ist besser“?</b><BR />Pechlaner: Ja. Mehr Gäste bedeuten nicht automatisch mehr wirtschaftlichen Erfolg. Diese Denkweise ist zu kurz gegriffen. Wir müssen uns überlegen, welche Art von Tourismus wir wollen, welche Gäste dazu passen – und wie wir die einheimische Bevölkerung einbinden können, damit die Stimmung nicht endgültig kippt.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70859165_quote" /><BR /><BR /><b>Ein reines Konzept zur Besucherlenkung reicht also nicht?</b><BR />Pechlaner: Nein. Das wäre reine Symptombekämpfung. Wir brauchen ein umfassendes Konzept – auch in Bezug auf die Mobilität im Land.<BR /><BR /><b>Wer ist Ihrer Meinung nach besonders in der Pflicht, dieses Konzept zu erarbeiten?</b><BR />Pechlaner: Alle Beteiligten: die Politik, der HGV, der LTS, die Verantwortlichen für die Mobilität – und auch die Bevölkerung muss aktiv einbezogen werden. Wichtig ist, dass wir das Thema konsequent angehen und nicht nach der Saison wieder zu den Akten legen. Oft flammt die Diskussion in der Hochsaison auf und ist im Herbst vergessen. Das darf nicht passieren.<BR /><BR /><b>Bis wann sollte klar sein, welchen Tourismus Südtirol will – und welche Gäste und Mobilitätslösungen dazu passen?</b><BR />Pechlaner: Es besteht akuter Handlungsbedarf. Wir müssen das Thema jetzt anpacken und dürfen es nicht weiter aufschieben. Wenn die Stimmung der Bevölkerung endgültig kippt, wäre das fatal.