Der „Manager des Jahres“ spricht mit uns im Interview über seinen persönlichen Aufstieg, eine Branche zwischen Konzentration und Transformation, über Turbo-Wachstum, E-Autos und seinen inneren Antrieb. <BR /><BR /><b>Herr Moser, wann haben Sie Ihr erstes Auto verkauft?</b><BR />Matthias Moser: Das war in der Oberschulzeit, als ich hie und da bei meinem Vater im Unternehmen ausgeholfen habe. Ich habe damals schon mehr als nur ein Auto verkauft.<BR /><BR /><b>Sie waren also offenbar schon damals ein geschickter Verkäufer. Hat Ihr Vater nie versucht, Sie in den Betrieb hineinzuziehen?</b><BR />Moser: Nein, es war von vornherein klar, dass mein älterer Bruder Johannes das Autohaus Moser übernehmen wird. Ich bin dann nach Wien gegangen, um Wirtschaft zu studieren. Geblieben ist aber der Traum vom eigenen Autohaus, den ich irgendwie immer schon hatte. <BR /><BR /><b>Wann kamen Sie zum ersten Mal mit der Porsche Holding Salzburg, einem der größten Automobilhandelshäuser Europas, in Berührung?</b><BR />Moser: Das war noch während meines Studiums. Im 5. Semester war ein Pflichtpraktikum in einem Unternehmen vorgesehen. Dafür habe ich mich bei der Porsche Holding Salzburg in der Firmenzentrale in Salzburg beworben. Glücklicherweise hat es geklappt. 2004, ich hatte mein Studium fast abgeschlossen, meldete sich die Porsche Holding wieder, um mir ein Jobangebot zu unterbreiten. Es ging darum, nach Italien zu expandieren. <BR /><BR /><b>Warum wurden Sie für diese Aufgabe ausgewählt?</b><BR />Moser: Da hatte ich als Südtiroler sicher einen Bonus. Sie suchten nämlich gezielt nach einer Person, die als Bindeglied zwischen dem italienischen und dem deutschen Sprachraum fungieren sollte. Dieses Kriterium erfüllte ich. Den ersten Schritt, den die Porsche Holding Salzburg in Italien setzte, war der Kauf des Autohändlers Eurocar in Udine. Darum auch der heutige Name Eurocar Italia für das Autohandelsgeschäft der Porsche Holding Salzburg in Italien. <BR /><BR /><b>Eurocar in Udine war ein mittelständischer VW-Vertragshändler mit lokaler Bedeutung. Leiteten Sie das Autohaus nach dem Kauf?</b><BR />Moser: Nein, ich war als Regionalleiter für den Geschäftsaufbau in der Region Italien zuständig – und zwar von Salzburg aus. Diese Zeit war sehr wichtig, um im Headquarter ein Netzwerk aufzubauen, von dem ich heute noch zehre. Meinen Traum vom selbst geführten Autohaus hatte ich mir allerdings noch nicht erfüllt. Aber lange dauerte es dann zum Glück nicht mehr. 2006 übernahm die Porsche Holding Salzburg einen bedeutenden VW-Vertragshändler mit 50 Mitarbeitern in Triest. Obwohl ich aufgrund meines jungen Alters, ich war 26 Jahre alt, zunächst nicht für die Position des Geschäftsführers vorgesehen war, ließ ich nicht locker und beharrte darauf, dass man mir eine Chance gibt. Mit Erfolg. <BR /><BR /><b>Sie bekamen die Möglichkeit, ein Autohaus zu führen…</b><BR />Moser: Eine enorm lehrreiche Erfahrung. Ich lernte in den 10 Jahren in Triest alle Bereiche des Autohandels kennen – vom Verkauf bis hin zum Service- und Reparaturbereich. Diese Zeit „an der Front“ hilft mir auch jetzt noch, weil ich weiß, wie die einzelnen Bereiche ticken, welche Bedürfnisse Mitarbeiter und Teams in den einzelnen Abteilungen haben. <BR /><BR /><b>2017 folgte dann der große Karrieresprung – vom Geschäftsführer eines Autohauses in Triest zum CEO von Eurocar Italia in einer Zeit, in der der VW-Konzern als Eigentümer der Porsche Holding Salzburg und damit auch von Eurocar einen wahren Feldzug startete: Bestehende VW-Vertragshändler in Norditalien wurden übernommen, Niederlassungen und Volumen vervierfachten (auf 48 Standorte und einen Umsatz von über 2 Milliarden Euro). Führte dieses rasante Wachstum nie zu Problemen?</b><BR />Moser: Natürlich war dies eine große Herausforderung. Aber wir haben bei unserer Expansion etwas immer im Hinterkopf behalten. <BR /><BR /><b>Nämlich?</b><BR />Moser: Wir haben uns nie als die großen Käufer aufgespielt und nach der Übernahme alles über den Haufen geworfen. Wir sind mit Respekt vor den lokalen Gegebenheiten vorgegangen. Wir wissen, dass jede Region, ja jeder Standort, anders ist. Diese Besonderheiten kennen die Leute, die dort leben und arbeiten am besten. Das heißt: Wir haben die Mitarbeiter und auch die Führungskräfte übernommen und nicht den gut funktionierenden Teams irgendwelche Manager vor die Nase gesetzt. Natürlich haben wir einheitliche Standards, Prozesse, Reporting-Systeme und Konzernrichtlinien eingeführt, aber ansonsten verfolgen wir einen eher dezentralen Ansatz. <BR /><BR /><b>Warum waren Sie in dieser Zeit des Wachstums der richtige Mann zur richtigen Zeit?</b><BR />Moser: Sie müssen sehen, dass die Übernahmekandidaten allesamt im Prinzip gesunde, familiengeführte Autohäuser waren. Es ging darum, das Vertrauen dieser Familien zu gewinnen, für die es sicherlich kein leichter Schritt war, sich von ihrem Lebenswerk zu trennen. Das hat viel mit Herzblut zu tun. Man denke zum Beispiel an Dorigoni in Trient oder Bonaldi in Bergamo, 2 große Namen im Autohandel. Ich musste ihnen gegenüber glaubhaft vermitteln, dass wir als Eurocar Italia der ideale Partner sind, um ihr Unternehmen sowie auch ihre Mitarbeiter bestmöglich in die Zukunft zu führen. <BR /><BR /><b>Der Fall Eurocar Italia dient als gutes Beispiel für die starke Konzentration im Autohandel, die man nicht nur in Italien seit längerer Zeit beobachten kann. Ist das Autogeschäft für kleinere und mittelgroße Akteure dermaßen unrentabel geworden?</b><BR />Moser: Ein Grund für den Verkauf ist in vielen Fällen, dass schlicht ein Nachfolger innerhalb der Familie fehlt. Ein weiterer besteht darin, dass hohe Investitionen nötig sind, zum Beispiel in den Aufbau einer digitalen Infrastruktur, um konkurrenzfähig zu bleiben. Viele wollen oder können diese Investitionen nicht tätigen. <BR /><BR /><b>Die Konzentration im Autohandel ist die eine Sache, eine ganz andere der Transformationsprozess, der im Gange ist. Vielleicht der größte der letzten 50 Jahre. Eurocar Italia vertritt Marken, die eher für die traditionelle, verbrennergetriebene Automobilwirtschaft stehen. Bereitet Ihnen die Konkurrenz durch US-amerikanische und chinesische Hersteller, die in Sachen E-Mobilität enorm stark sind, kein Kopfzerbrechen?</b><BR />Moser: Tesla und BYD vor allem mischen den Markt schon ordentlich auf, das steht außer Frage. Es entsteht eine ganz neue Wettbewerbssituation. Ich bin aber ein positiv gestimmter Mensch und sehe das Gute darin: Und das ist, dass durch die neuen Mitbewerber die Entwicklung bei den E-Autos schneller voranschreitet und am Ende die Verbraucher von alledem am meisten profitieren. Am Ende gewinnt der Kunde. <BR /><BR /><b>Sie sprechen die Entwicklung an: Aktuell befinden wir uns in Sachen E-Mobilität in einem noch eher frühen Stadium. Warum sollte ich heute einen reinen Stromer kaufen, wenn ich nicht weiß, ob ich ihn morgen – wenn in der Zwischenzeit die nächste, technologisch viel ausgereiftere Variante desselben Fahrzeugs am Markt ist – noch loswerde?</b><BR />Moser: Das ist ein Grund, warum ich überzeugt bin, dass sich neue Finanzierungs- und Nutzungsmodelle behaupten werden. Nicht nur deswegen, im Übrigen. Sondern auch, weil sich die individuelle Mobilität ändert. Denkbar wäre zum Beispiel, dass man einem Autofahrer ein Abo anbietet, mit dem er unter der Woche ein kleineres Fahrzeug nutzen kann, um tägliche Fahrten zu machen, und ein größeres fürs Wochenende. Oder aber eines für die Sommermonate und ein anderes für den Winter. Da wird sich in den nächsten Jahren noch sehr viel tun – vor allem im städtischen Bereich. <BR /><BR /><b>Bleiben wir beim Thema E-Autos: Italien ist ein Entwicklungsland in diesem Bereich mit einem Anteil von weniger als 1,0 Prozent am gesamten Fuhrpark, der rein elektrisch fährt, und von unter 4 Prozent bei den Neuzulassungen. Warum ist Italien da so rückständig?</b><BR />Moser: Die Abwehrhaltung eines großen Teils der Bevölkerung basiert häufig nicht auf rationalen Argumenten. Sieht man sich die Sache nämlich nüchtern an, stellt man fest, dass E-Autos schon heute für viele eine interessante Antriebsform darstellen. Wenn man zwischen Südtirol und Mailand lebt, passt es mit der Ladeinfrastruktur, das Reichweitenproblem ist in Wahrheit keines mehr, wenn man bedenkt, dass ein Autofahrer im Schnitt 30 Kilometer pro Tag zurücklegt. Das schafft jedes E-Auto locker. Etwas anderes ist es, wenn jemand Handelsvertreter ist und monatlich 10.000 Kilometer zurücklegt: Dass derjenige nicht jedes Mal beim Tankvorgang eine halbe Stunde warten will, kann ich nachvollziehen. Wobei ich ein gutes Beispiel dafür bin, dass E-Autos auch für Vielfahrer interessant sein können: Ich lege 5000 Kilometer im Monat zurück und bin begeisterter E-Autofahrer. Das bisschen mehr an Planung und Organisation im Vorfeld meiner Reisen nehme ich gerne in Kauf. <BR /><BR /><b>Auch die höheren Kosten schrecken viele Käufer aktuell noch ab… </b><BR />Moser: Da ist die Politik gefragt. Sie muss E-Antriebe noch stärker als bisher fördern, um nachhaltig Uralt-Autos aus dem Verkehr zu ziehen; in Italien gibt es noch viel zu viele Fahrzeuge der Klassen Euro 0 bis Euro 2. Zugleich sind die Hersteller angehalten, mehr E-Autos unter 30.000 Euro anzubieten, damit sie für mehr Zielgruppen erschwinglich werden.<BR /><BR /><b>Einige Hersteller setzen mittlerweile beim Autoverkauf sogar auf den Online-Kanal. Glauben Sie, dass es morgen normal sein wird, dass wir unser E-Auto samt Abo-Modell im Online-Shop bestellen werden?</b><BR />Moser: Eine Zielgruppe dafür gibt es natürlich, aber dass sich der gesamte Verkauf dorthin verlagert, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Die Mehrheit der Autokäufer schaut sich online um, stellt das Wunschauto online zusammen mit Farbe und Ausstattung, geht dann aber ins Autohaus vor Ort, um sich ein Bild vom Fahrzeug zu machen und sich vom Fachmann beraten zu lassen. Diese menschliche Komponente wird enorm wichtig bleiben – vielleicht sogar künftig noch wichtiger werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Autoverkäufer vor Ort beim Termin mit dem Kunden dann nicht ständig am iPad hängt, sondern sich wirklich um den Kunden und seine Bedürfnisse bemüht. <BR /><BR /><b>Blicken wir zum Abschluss in die Zukunft: Wollen Sie das hohe Wachstumstempo bei Eurocar Italia auch in den nächsten Jahren beibehalten?</b><BR />Moser: Nein, das bisherige Wachstumstempo beizubehalten, sehe ich als unrealistisch. Wir werden jetzt erstmal das bestehende Netz festigen. Wir halten aber ständig die Augen offen und wenn sich etwas Interessantes ergibt, das unser Portfolio perfekt abrunden könnte, bewerten wir eine Akquisition.