<BR /><b>Nach der Coronakrise erleben Messen ein neues Comeback. In Deutschland erzielten Messeveranstalter 2024 neue Rekordergebnisse – auch die Messe Bozen?</b><BR />Greti Ladurner: Ja, wir sehen definitiv, dass die Zahlen wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben. Das zeigt uns: Bei aller Digitalisierung – es ist eben das physische Geschäft, das nach wie vor sehr attraktiv für Unternehmer ist: wenn Menschen zusammenkommen, etwas angreifen können, in den Austausch gehen mit anderen Vertretern der Branche. Es wird über Entwicklungen diskutiert, über neue Technologien, es werden Verträge gemacht, Kooperationen initiiert – in dieser Konzentration kann man das sonst nicht erreichen. Und dadurch passiert hier auch Innovation. Wir sehen zudem, dass Messen wachsen.<BR /><BR /><b>Zum Beispiel?</b><BR />Ladurner: Die Fachmesse „Prowinter“, die wir schon seit 2001 im Programm haben. Gestartet als Fachmesse für den Skiverleih umfasst sie mittlerweile alle Bereiche, die mit Wintersport zu tun haben – vom Skifahren bis zum Bergwandern im Winter – und hat sich in Italien als wichtigste B2B-Messe für Wintersport etabliert. Heuer haben wir im Vergleich zum Vorjahr die Ausstellerzahlen fast verdoppelt. Und für nächstes Jahr haben wir auch internationale Interessenten, etwa aus Skandinavien.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-71252909_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Eine Messe hat unbestritten ihre Vorteile, der Nachteil: Sie kostet die ausstellenden Unternehmer viel Geld und Zeit.<BR /></b>Ladurner: Ja, wobei der Zeitfaktor fast überwiegt. Denn einfach jemanden an den Messestand zu stellen, der Broschüren austeilt, das funktioniert nicht mehr. Man muss sich als Aussteller schon gut überlegen, was man bieten will und wie man in Interaktion mit den Besuchern geht, um sie an den eigenen Stand zu locken. Man braucht also ein gutes Konzept und jemanden, der gut über das Produkt oder die Dienstleistung Bescheid weiß. Ein Wunsch von mir wäre daher, eine Abteilung aufzubauen, die die Unternehmen in der konzeptionellen Arbeit stärker unterstützen kann. Denn wenn der Unternehmer auf der Messe nicht erfolgreich ist, fällt es auf die Qualität der Messe zurück: Es heißt, die Messe habe zu wenige Besucher gehabt oder sei nicht interessant gewesen. Dass der Unternehmer selbst kritisch hinterfragt, was am eigenen Messestand passiert ist und ob die Qualität der Vermittlung gut war, ist nicht immer der Fall.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1207656_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Die großen Erfolgsformate sind nach wie vor die Fachmesse für energieeffizientes Bauen, „Klimahouse“, die Hotelmesse und die Landwirtschaftsmessen „Interpoma“ und „Agrialp“. Aber gibt es auch Messen, die nicht mehr gefragt sind?</b><BR />Ladurner: Ja, die „Tipworld“, die Plattform für die Pusterer Wirtschaft, werden wir leider einstellen müssen. Das Interesse seitens der Besucher und der Aussteller ist zu gering. Wir haben zwar versucht, in Workshops gemeinsam mit der Wirtschaft eine neue Ausrichtung zu finden, aber unterm Strich hat sich gezeigt, dass zu wenig Nachfrage da ist.<BR /><BR /><b>Und wie sieht es mit den großen Publikumsmessen „Herbstmesse & Biolife“ sowie „Freizeit“ aus?</b><BR />Ladurner: Die Freizeitmesse funktioniert sehr gut, sie hat stabile Zahlen. Die „Biolife“, die immer zusammen mit der Herbstmesse stattfindet, wächst. Die Herbstmesse selbst ist ja unsere älteste Messe, die Mutter aller Messen, wenn man so will. Doch der Mutter hat man über die Zeit ihre Kinder genommen: Man hat den Tourismus herausgenommen und eine eigene Messe dafür geschaffen, ebenso die Landwirtschaft usw. – man hat die Herbstmesse ausgehöhlt. Jetzt wollen wir ihr neuen Schwung verleihen. Zu viel darf ich davon noch nicht verraten. Aber wir werden der Messe ab 2026 ein Überthema geben, das sich auch über die Zeit trägt, und sie soll mehr Erlebnischarakter bekommen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-71253937_quote" /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Sie sagen ja von sich selbst, dass Sie ein Fan von Publikumsmessen sind…</b><BR />Ladurner: Stimmt! Ich möchte, dass die Südtiroler die Herbstmesse als ihre Messe empfinden – eine Messe, die sie gerne besuchen, wo sie Neuheiten sehen, einen Ausflug machen und ein schönes Erlebnis haben können. Denn wenn wir uns nur auf Fachmessen fokussieren, sind wir weit weg von den Südtirolern. Ich möchte, dass die Messe ein offener Ort für die Südtiroler ist.<BR /><BR /><b>Stichwort „Ort für die Südtiroler“ – die Messe Bozen hat sich in den letzten Jahren auch immer mehr für Veranstaltungen Dritter geöffnet, es finden Partys, Firmenessen usw. statt. Wie wichtig ist dieses Geschäft mittlerweile geworden?</b><BR />Ladurner: Wir haben zuletzt rund elf Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, davon entfallen 70 Prozent auf das Messegeschäft – und das soll auch unser Kerngeschäft bleiben. Gleichzeitig hat sich das Messequartier als Veranstaltungsort gut entwickelt. 2024 hatten wir insgesamt – wenn wir alle Veranstaltungen berücksichtigen – 276 Vollbelegungstage inklusive An- und Abbautage. Das ist so viel wie nie. Heuer sind wir schon bei 284 gebuchten Tagen. Unser Ziel ist es natürlich, für Drittveranstalter weiter attraktiv zu bleiben. Dafür haben wir auch personell aufgestockt und sind bereit, weiter zu investieren.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1207659_image" /></div> <BR /><BR /><b>Eine klassische Drittveranstaltung, die heuer zum zweiten Mal in die Messe kommt, ist „Bolzano Slush’D“, die italienische Ausgabe von Europas führender Tech-Konferenz – weshalb diese Kooperation?</b><BR />Ladurner: Zum einen ist es eine renommierte Veranstaltung mit über 700 Teilnehmern, und als Messequartier ist es einfach toll sagen zu können: Die sind hier bei uns. Zum anderen: Einer unserer strategischen Grundsätze ist die Unterstützung junger Unternehmer. Deshalb erhalten Start-ups auch immer besondere Konditionen bei allen Messen. Wir möchten ja auch für die junge Wirtschaft Ansprechpartner bleiben und sie an die Messe Bozen binden. Denn für uns stellt sich natürlich auch die Frage, wie jemand, der digital aufwächst, künftig mit solchen Formaten umgehen wird. Ein anderes Format, mit dem wir gerne auch jüngere Unternehmer ansprechen möchten, ist „Beam“, die Veranstaltungsreihe für die Hospitality-Branche. Es ist der Versuch, junge Experten aus der Tourismusbranche herzuholen, den internationalen Austausch zu fördern, Dinge neu zu denken usw. „Beam“ soll neben der etablierten „Hotelmesse“ eine Art Think Tank sein, wo gemeinsam überlegt werden soll: Wo geht die Reise hin?<BR /><BR /><b>Zum Schluss noch Ihre persönliche Bilanz – Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr Präsidentin der Messe Bozen.</b><BR />Ladurner: Man hat so viele Gestaltungsmöglichkeiten – das gefällt mir richtig gut. Wir sind in der Messe auch ein gutes Team. Ich bin sehr demütig an das Thema herangegangen, habe mir sehr viel angehört und zugeschaut, aber es freut mich, wenn ich etwas bewegen kann.