Der Brunecker Automobilzulieferer Intercable hat gemeinsam mit dem deutschen Unternehmen Job einen Thermoschalter entwickelt, der „die E-Mobilität von morgen sicherer macht“, wie Christoph Baumgartner, tätig in der Vorentwicklung von Intercable, im Interview sagt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="791429_image" /></div> <BR /><b><BR />Herr Baumgartner, immer wieder hört und liest man von brennenden E-Autos. Kann der Thermoschalter, den Sie entwickelt haben, solche Brände verhindern?</b><BR />Christoph Baumgartner: Vorauszuschicken ist, dass es sich bei unserer Thermofuse nicht um eine Wunderwaffe gegen Brände bei E-Fahrzeugen handelt. Aber es ist definitiv eine wichtige Komponente, um E-Fahrzeuge ein Stück weit sicherer zu machen. Auch wenn grundsätzlich Elektroautos nicht häufiger brennen als Autos mit einem Verbrennungsmotor. <BR /><BR /><b>Wie genau macht Ihr Thermoschalter E-Fahrzeuge sicherer?</b><BR />Baumgartner: Dazu muss man zunächst einmal wissen, was passiert, wenn eine Batterie in Brand gerät: In seltenen Fällen, zum Beispiel wegen eines starken Aufpralls, kann der Akku stark beschädigt werden und dadurch kann es in dessen Inneren zu einem Kurzschluss kommen. In der Folge kann sich die Schadensstelle stark aufheizen und diese Erhitzung kann sich auch auf die umliegenden Bereiche ausbreiten. In wenigen Sekunden entwickeln sich dann Temperaturen von mehreren hundert Grad. Gleichzeitig entstehen Lichtbögen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="791432_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Der Laie würde sagen, Funken, …</b><BR />Baumgartner: … die – ebenso wie die hohen Temperaturen – weitere Kurzschlüsse auslösen können, bis schließlich schlimmstenfalls der ganze Akku brennt. Fachleute nennen diese Kettenreaktion, die sich über die ganze Batterie ausbreitet, Thermal Runaway. Und wenn so ein Lithium-Ionen-Akku einmal brennt, dann ist diese Kettenreaktion nicht mehr aufzuhalten. Handfeuerlöscher sind an dieser Stelle nicht geeignet, das ist dann nur mehr ein Fall für die Feuerwehr. <BR /><BR /><b>Ihr Schalter wird also schon vorher aktiv. </b><BR />Baumgartner: Genau. Die Thermofuse, die an einer oder mehreren Stellen der Batterie angebracht wird, schaltet die Spannung ab, wenn die Temperatur im Akku auf mehr als 165 Grad Celsius steigt; die Stromversorgung für Fahrzeug und Batterie wird somit gekappt. Und ohne Strom können keine weiteren Lichtbögen und auch keine weiteren Kurzschlüsse in der Batterie entstehen. Die Thermofuse ist also eine zusätzliche – mechanische – Sicherheitskomponente, die autark funktioniert. Denn normalerweise überwacht ja die Steuerelektronik den Akku und wenn er zu heiß wird, stellt sie die Spannung ab. Aber wenn die Überwachungssteuerung wegen eines Unfalls nicht funktioniert, weil sie beschädigt wurde, dann greift unsere Thermofuse ein.<BR /><BR /><b>Sie haben den Sicherheitsschalter gemeinsam mit dem Unternehmen Job aus Schleswig-Holstein entwickelt, das sich auf die Herstellung von Glasampullen für Sprinkleranlagen für den Gebäudebrandschutz usw. spezialisiert hat...</b><BR />Baumgartner: Der Sicherheitsschalter funktioniert auch genauso wie bei einer Sprinkleranlagen: Normalerweise startet dabei im Falle eines Brandes ein elektronisches System: Der Rauchmelder geht los und die Feuerwehr wird per Telefon alarmiert. Wenn die Kette aber mal nicht funktioniert, weil zum Beispiel der Strom ausgefallen ist, dann setzt das mechanische System ein: die Sprinkler. Darin ist eine Glasampulle verbaut, die nach Erreichen einer bestimmten Temperatur platzt und ein Wasserventil öffnet, das das Löschwasser verspritzt. Bei unserem System nutzen wir die Flüssigkeit in der Glasampulle, um die Schaltlichtbögen zu löschen. Dadurch gewinnt man Zeit, weil sich der Schaden nicht so schnell weiterentwickeln kann, und man reduziert das Risiko für die Fahrzeuginsassen, von einem Stromschlag verletzt zu werden, weil der Schalter die Spannung abstellt. <BR /><BR /><b>Wenn alles klappt, könnte dieser Sicherheitsschalter schon in den nächsten Jahren in E-Autos verbaut werden.</b><BR />Baumgartner: Ja, wir sind auf einem guten Punkt der Entwicklung. Wir haben den Prototypen in unserem hauseigenen Labor in Bruneck schon erfolgreich getestet, jetzt geht es darum, bei unseren Kunden, hauptsächlich den deutschen Premium-E-Fahrzeugherstellern, eine Vorserienphase einzuleiten. Derzeit laufen Gespräche mit verschiedenen Herstellern und wir haben das Produkt auch kürzlich auf der „Battery Show“ in Stuttgart (Europas größte Messe für Batterieherstellung, Anm. d. Red.) präsentiert.<BR /><BR /><b>Handelt es sich um ein teures Bauteil?</b><BR />Baumgartner: Nein, es ist eine relativ einfache – und gerade deswegen innovative – Komponente, was es für die Hersteller interessant machen würde, den Trennschalter einzubauen. <BR /><BR /><b>Sie haben das System patentieren lassen, wie wichtig könnte die Thermofuse als Einnahmequelle für Intercable werden?</b><BR />Baumgartner: Es ist durchaus großes Umsatzpotenzial da. Denn sollte die Thermofuse morgen als Sicherheitskomponente Stand er Technik werden, dann wäre es naheliegend, dass sie alle Autohersteller einbauen. Und weil die Erhöhung der Sicherheit bei den Automobilherstellern höchste Priorität hat, hoffen wir, einen wichtigen Beitrag leisten zu können. <BR /><BR /><b>Was könnte den Erfolg noch verhindern?</b><BR />Baumgartner: Jedes Automotiv-Bauteil muss, bevor es in Serie geht, im Labor und in Versuchsfahrzeugen auf Herz und Nieren geprüft werden, zum Beispiel im Hinblick auf die unterschiedlichsten Temperaturen, auf Vibration auf Klimabelastungen usw. Erst wenn alle diese Prüfungen positiv abgeschlossen sind, steht einer Markteinführung nichts mehr im Wege.<BR /><BR /><b>Sind auch andere Einsatzbereiche denkbar?</b><BR />Baumgartner: Ja, auch das ist ein Vorteil unseres Systems: Die Thermofuse bringt bei allen Lithium-Iohnen-Akkus einen beträchtlichen Sicherheitsgewinn, so zum Beispiel in Stationärspeichern für Fotovoltaikanlagen. Wir haben aber auch bereits Anfragen für den Bodentransport in Flughäfen, also Gepäckwagen und dergleichen. Denn vor allem in Flughäfen ist Brandschutz ein sehr wichtiges Thema.<BR /><BR /><BR />