<b>Herr Moser, immer wieder hört man, dass manche Unternehmer in Südtirol keinen Nachfolger finden – die Kinder übernehmen den elterlichen Betrieb also nicht. Wie ist das im Handel?</b><BR />Philipp Moser: Die kleinen Betriebe in Südtirol tun sich damit sehr schwer. Das ist Fakt. Damit die Nachfolge gelingt, muss der Betrieb Geld verdienen – so einfach ist das. Und dafür müssen die Rahmenbedingungen passen.<BR /><BR /><b>Konkret?</b><BR />Moser: Die Rahmenbedingungen müssen von politischer Seite her stimmen. Das heißt: Bürokratie abbauen, Rechtssicherheit gewährleisten, Beiträge und Steuererleichterungen ermöglichen. Junge Betriebsnachfolger brauchen die Chance, sich zu entfalten und weiterzuentwickeln. Sonst haben wir nicht nur einen Arbeitskräftemangel, sondern auch ein Nachfolgeproblem. Das ist ein klarer Weckruf an die Politik.<BR /><BR /><embed id="dtext86-71098284_quote" /><BR /><BR /><b>Apropos Politik: Der Landeshaushalt ist mit rund acht Milliarden Euro so gut dotiert wie noch nie. Tut die Südtiroler Landespolitik genug für die Wirtschaft?</b><BR />Moser: Dass die Politik genug für die Wirtschaft tut, werden Sie von mir nie hören (lacht). Von den acht Milliarden Euro sind drei Prozent für die Wirtschaft vorgesehen, davon geht etwa die Hälfte in die Landwirtschaft. Für Industrie, Handel, Handwerk und Tourismus bleiben also nur 1,5 Prozent. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass die Wirtschaft ein zu großes Stück vom Landeshaushalt-Kuchen bekommt.<BR /><BR /><b>Oft vergeben Institutionen Budgets und Aufträge nach Mailand, Berlin oder Wien. Sind Südtirols Dienstleister nicht gut genug?</b><BR />Moser: Diese Denkweise ist in Südtirol leider noch weit verbreitet – sowohl bei privaten Auftraggebern als auch in der öffentlichen Verwaltung. Man geht oft automatisch davon aus, dass ausländische Unternehmer besser sind als unsere. Das stimmt aber nicht. Südtirol hat in vielen Sparten hervorragende Dienstleister. Unsere Auftraggeber müssen das endlich erkennen. Sonst verschwenden wir unnötig Geld – auch Steuergeld – im Ausland.<BR /><BR /><embed id="dtext86-71098285_quote" /><BR /><BR /><b>Kommen wir zum Thema Overtourism, das aktuell heiß diskutiert wird in Südtirol. Auch der Handel profitiert vom Tourismus. Wie sehen Sie die Lage?</b><BR />Moser: Würden wir die Touristenströme gleichmäßig über das Jahr verteilen, könnten wir auch 50 Millionen Nächtigungen verkraften (derzeit rund 36 Millionen, Anm. d. Red.). Den Tourismus, den wir haben, vertragen wir – wir müssen ihn nur besser steuern. Allerdings haben wir einige Entwicklungen der letzten Jahre nicht gut gemanagt. Vor allem gibt es zwei massive Probleme.<BR /><BR /><b>Nämlich?</b><BR />Moser: Erstens das Hotspot-Management – Beispiele sind Villnöß, die Seceda oder der Pragser Wildsee. Beim Pragser Wildsee haben wir zwar spät, aber immerhin eine gute Lösung gefunden. Das zweite, weit größere Problem ist die Mobilität.<BR /><BR /><b>Sie meinen die ständigen Staus auf Südtirols Straßen?</b><BR />Moser: Genau. Nehmen wir die Pustertaler Straße: Das ist eine Katastrophe, vor allem im Sommer. Dasselbe gilt für Bozen oder die Brennerautobahn. Im Bereich Mobilität und Verkehrsmanagement haben wir in den vergangenen Jahren zu wenig getan – wir haben geschlafen. Jetzt zahlen wir den Preis dafür. Hier braucht es sofort Lösungen, wir können nicht länger warten. Wir müssen dringend etwas tun. <BR /><BR /><embed id="dtext86-71098286_quote" /><BR /><BR /><b>Bleiben wir beim Tourismus, konkret bei der Gastronomie: Sind die hohen Preise in Südtirol gerechtfertigt?</b><BR />Moser: Am meisten schimpfen die Leute über den teuren Kaffee. Aber ehrlich: Jenseits des Brenners zahlt man oft noch mehr. Die Energie- und Personalkosten sind gestiegen, die Unternehmen müssen etwas verdienen, sonst bleibt nichts übrig. Und seien wir froh, dass es überhaupt noch Bars und Restaurants gibt, wo wir einen Kaffee trinken oder essen gehen können.<BR /><BR /><b>Wie ist die aktuelle Situation: Sind Sie zufrieden mit dem Stand des Handels in Südtirol?</b><BR />Moser: Entscheidend ist, wie sich unsere Orte und Städte entwickeln. Wir brauchen lebendige und funktionierende Zentren. Handel und Gastronomie sind dafür essenziell. Stellen Sie sich vor, in den Dörfern und Städten gäbe es keine kleinen Geschäfte, keine Bars, keine Restaurants mehr – nur noch große Ketten oder gar nichts. Das wäre eine Katastrophe für Südtirol.