Was das ist, warum es genau jetzt funktionieren kann und warum Südtirol die besten Voraussetzungen hat, erklärt Wolfgang Töchterle, Marketingleiter bei IDM.<BR /><BR /><b>Um die Nebensaisonen touristisch besser zu nutzen, setzt IDM nun auf Kongresstourismus. Die Idee ist ja nicht neu, aber bisher hat sich der Bereich nicht so stark entwickelt. Was wird jetzt anders?</b><BR />Wolfgang Töchterle: Im Meetingtourismus bzw. im MICE-Segment (MICE = Meetings, Incentives, Congresses, Events) gibt es im Moment eine sehr starke Dynamik, der Bereich wächst überdimensional. Dazu muss man sagen, dass wir als IDM nicht anstreben, wirkliche Kongresse nach Südtirol zu holen - das sind in der Regel Veranstaltungen mit 1000 Teilnehmern und mehr -, sondern deutlich kleinere hochkarätige Meetings, zum Beispiel von Vorstandsmitgliedern und Führungskräften großer Unternehmen. Nachdem dieser Markt während Corona eingebrochen ist, ist nun ein starker Aufschwung zu sehen. Eine Studie der internationalen Beratungsagentur McKinsey sagt weltweit ein Volumenwachstum von fast 40 Prozent für das aktuelle Jahr und immerhin noch 20 Prozent für die nächsten Jahre voraus - gerade bei diesen kleineren Veranstaltungen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="777371_image" /></div> <BR /><BR /><b>Aber haben wir nicht durch Corona gerade erst gelernt, wie verzichtbar viele Geschäftsreisen doch sind und wie gut man sie mit Videokonferenzen ersetzen kann?</b><BR />Töchterle: Das stimmt, das gilt auch für die großen Kongresse, die aufwendig und teuer zu organisieren sind und für die man Menschen aus aller Welt zusammenbringt. Solche Veranstaltungen kann man besser online abhalten. Aber wir haben in der Pandemie auch gelernt, dass menschliche Nähe einem Meeting eine ganz andere Qualität verleiht. Wenn sich beispielsweise der Vorstand eines Konzerns trifft, ist das ein ganz anderes Miteinanderarbeiten, wenn man sich persönlich gegenübersteht, als wenn man das online machen würde. Deshalb sieht McKinsey darin langfristig Wachstumschancen.<BR /><BR /><b>Und IDM sieht darin Chancen für Südtirol…</b><BR />Töchterle: Ja, weil Südtirol beste Voraussetzungen dafür hat. Erstens: das Klima. Denn gerade Unternehmensmeetings finden in der Regel im Frühling oder Herbst statt, eine Zeit, in der Südtirol gegenüber anderen Regionen im Alpenraum mit angenehmen Temperaturen punkten kann. Zweitens: die hohe Unterkunftsqualität und die Exklusivität der Locations, zum Beispiel das Lumen am Kronplatz inklusive Sternerestaurant, das Kloster Marienberg, Basis Vinschgau usw. Und nicht zuletzt kann Südtirol mit seinem kulinarischen Angebot punkten. <BR /><BR /><b>Die Zielgruppe sind also die Vorstandsetagen von Konzernen? </b><BR />Töchterle: Ja, aber nicht nur. Auch Hochzeiten haben großes Potenzial. Wir denken jedenfalls an Veranstaltungen mit 10 bis 100 Leuten. Die passen gut zu unseren Hotelstrukturen, weil man alle Teilnehmer in einem oder maximal 2 benachbarten Hotels unterbringen kann. Und das ist auch genau die Zielgruppe, die jetzt boomt. Unser Fokus wird zum Start auf den DACH-Märkten und Zentral- und Norditalien liegen, im Norden sind vor allem bestimmte Städte interessant, zum Beispiel Berlin, Hamburg und Frankfurt. <BR /><BR /><b>Sie sagen, Sie wollen eine „schlagkräftige Gruppe aus Unterkunftsbetrieben und Locations“ zusammenstellen. Wie viele stellen Sie sich vor? </b><BR />Töchterle: Wir reden nicht nur von Unterkunftsbetrieben und Locations, sondern auch von Dienstleistern, zum Beispiel Caterern, Hochzeitsplanern, Incoming Agenturen usw. Da haben wir eine ganze Reihe davon in Südtirol, die aber nicht zentral agieren. Deswegen werden wir jetzt in der ersten Phase mit 60 Unterkunftsbetrieben, die bereits erste Erfahrung auf dem Gebiet sammeln konnten, und 50 Dienstleistern schauen, wie groß das Interesse an diesem Geschäftsfeld ist und welche notwendigen Voraussetzungen bereits erfüllt werden. In der Phase 2 geht es dann um die Weiterbildung, wo die Betriebe vor allem lernen sollen, wie man solche Unternehmensmeetings professionell umsetzt. Bis zum Herbst sollten wir so weit sein, dass wir das Angebot auch konkret auf Messen oder bei spezialisierten Agenturen verkaufen können. Bis dahin werden wir wohl einige Betriebe verlieren, aber wir hoffen, 20 bis 30 Partner im ersten Jahr dabei zu haben. Jahr für Jahr sollte das dann wachsen. <BR /><BR /><b>Welches sind die 3 wichtigsten Voraussetzungen, die ein Hotelier mitbringen muss, wenn er einstiegen möchte? Oder gibt es gar Ausschlussgründe?</b><BR />Töchterle: Man muss grundsätzlich einmal das Interesse mitbringen, die Auslastung in der Nebensaison zu steigern und auch bereit sein, die Saison eventuell zu verlängern. Wenn jemand nur Lückenfüller sucht, ist er wenig geeignet. Das Angebot muss ernst genommen werden, schließlich handelt sich um eine Klientel, die bereit ist, viel dafür zu bezahlen.<BR /><BR /><b>Der Hotelier muss also die Zimmer nicht zum extragünstigen Preis vergeben, weil das ganze Haus gebucht wurde?</b><BR />Töchterle: Nein, im Gegenteil. Aber im Gegenzug erwarten diese Gäste, dass alles funktioniert. Es braucht deshalb eine gute und moderne technische Ausrüstung, zum Beispiel Meeting-Räume mit großen Flat Screens usw., und es braucht Personal, das darin geschult ist, mit solchen Anfragen und auch solchen Gästen professionell umzugehen.<BR /><BR /><b>Sind diese Gäste komplizierter als andere? </b><BR />Töchterle: Bei solchen Meetings muss einfach alles stimmen. Genauso wie bei einer Hochzeit alles passen muss und man keine Fehler sehen will. Wenn man zum Beispiel weitere Teilnehmer per Videokonferenz zuschalten möchte, geht es nicht an, dass man eine halbe Stunde Zeit verliert, weil die Technik nicht richtig funktioniert. Da muss man absolut professionell und gut organisiert sein. Denn die Leute sind ja nicht zum Urlauben da. Sie müssen sicher sein, dass es eine gute und auch eine produktive Zeit wird. <BR /><BR /><b>Inwiefern kann Südtirol als Ganzes nun von diesem Trend profitieren und nicht nur jene Betriebe, die mit Kongresstouristen arbeiten? </b><BR />Töchterle: Das ist ein Multiplikator-Business. Ein Beispiel: Sie haben eine Hochzeit in Südtirol mit 100 Gästen. Die Wahrscheinlichkeit, dass den Gästen Südtirol gefällt ist sehr hoch und auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit anderen Freunden und Bekannten wieder nach Südtirol kommen möchten. Das gilt auch für Unternehmensdelegationen und Führungskräfte, die ja meistens auch noch ausgezeichnet vernetzt sind und wiederum in anderen Unternehmen z.B. im Verwaltungs- oder Aufsichtsrat sitzen. Dazu kommt, dass es sich um sehr zahlungskräftige Gäste handelt, die laut einer Studie vom American Express 3 bis 4 mal so viel ausgeben wie der Südtiroler Urlaubsgast. <BR /><BR /><b>Und wie soll das dazu beitragen, die Nebensaisonen zu beleben? Diese Gäste werden mit ihren Freunden und Bekannten doch wahrscheinlich dann im Sommer für einen weiteren Aufenthalt nach Südtirol zurückkommen, oder nicht?</b><BR />Töchterle: Nein. Wenn diese Gäste im März und April kommen, dann lernen sie Südtirol aus einer ganz anderen Perspektive kennen, sie erleben Südtirol wie ein Einheimischer – nicht wie ein Tourist im Juli und August. Deswegen werden sie ihren Freunden und Bekannten Südtirol auch in der Nebensaison empfehlen. Diese Klientel macht entsprechend unserer eigenen Konsumentenanalysen 3 bis 5 mal im Jahr Urlaub und reist bevorzugt in der Randsaison.