Ein Blick auf die Ursachen und Folgen für die Branche. <BR /><BR />Die Zahlen hat kürzlich die international tätige Unternehmensberatung Alixpartners vorgelegt: Von 2019 bis 2024 sind europaweit die Preise der beliebtesten Neuwagen um 40 bis sogar 70 Prozent gestiegen, heißt es im „Global Automotive Outlook 2025“. <BR /><BR />Konkrete Beispiele nennt die Studie zwar nicht, aber eine Analyse für den deutschen Markt, die die Unternehmensberatung Oliver Wyman zusammen mit Jato Dynamics – einem weltweit führenden Marktforscher in der Automobilindustrie – erstellt hat, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. <BR /><BR />Demnach sind in Deutschland die Preise von Neuwagen im Schnitt um gut 38 Prozent gestiegen. Kostete ein neues Auto 2019 im Durchschnitt rund 30.200 Euro, waren es 2024 fast 41.800 Euro.<BR /><BR />Und die Löhne? Die konnten freilich nicht Schritt halten. In Deutschland sind sie im selben Zeitraum nur um 24 Prozent gestiegen, in Italien sogar lediglich um zwölf Prozent. Und real – also unter Berücksichtigung der Inflation – sind die Löhne nach Berechnungen des italienischen Statistikinstituts Istat in Italien im selben Zeitraum sogar um 10,5 Prozent zurückgegangen.<h3> Studie: „Neuwagen sind unerschwinglich geworden“</h3>Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass der Automarkt stagniert – europaweit und in Italien. Laut der Studie von AlixPartners werden heuer im Stiefelstaat voraussichtlich rund 1,8 Millionen Pkw neu zugelassen – deutlich weniger als 2019, als es noch 2,1 Millionen waren. Und dieses Niveau wird aus Expertensicht aufgrund der Preissteigerungen auch nicht mehr erreicht werden. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1185165_image" /></div> <BR /><BR />„In Europa ist insgesamt kein Wachstum der Fahrzeugverkäufe zu erwarten. Einen ähnlichen Trend sehen wir auch für Italien, wo das Vorkrisenniveau nicht mehr erreicht wird – unter anderem aufgrund des durchschnittlichen Preisanstiegs bei den gängigsten Modellen um 40 bis 70 Prozent in nur fünf Jahren. Diese sind für viele Käufer inzwischen schlicht unerschwinglich geworden“, heißt es im „Global Automotive Outlook“.<h3> Mehrere Ursachen</h3>Auch in Südtirol kennt man das Problem: „Es stimmt, dass die Preise in den vergangenen Jahren empfindlich gestiegen sind“, sagt Lukas Baumgartner, Geschäftsführer der Autoindustriale Mobility Group in Bozen – auch wenn ihm ein Plus von 40 bis 70 Prozent viel erscheint.<BR /><BR />Als Beispiel nennt er den Dacia Sandero, eine der meistverkauften Marken in Italien. „Wenn wir den Preis eines recht gut ausgestatteten Dacia Sandero Stepway von 2019 mit dem mittlerweile neuen Modell von 2024 vergleichen, das in puncto Abgaswerte und Sicherheitssysteme besser abschneidet, kommen wir auf ein Plus von 25 Prozent – von rund 13.400 auf 17.100 Euro.“<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-70499341_quote" /><BR /><BR /><BR />Nichtsdestotrotz bestätigt auch Baumgartner den Trend: „Die Preissteigerungen der letzten Jahre waren sicher außergewöhnlich, und der Abstand zwischen Autokosten und Verdienst der Konsumenten ist immer größer geworden. Das merkt man beim Absatz – in Italien und europaweit – und damit kämpfen auch Hersteller und Händler.“<BR /><BR />Die Gründe dafür sieht er vor allem in den höheren Rohstoff- und Produktionskosten: „Zum einen sind Rohstoffe wie Stahl deutlich teurer geworden. Zum anderen sind die Hersteller aufgrund gesetzlicher Anforderungen – etwa im Hinblick auf Sicherheit und Umweltschutz – gezwungen, mehr in die Autos zu investieren.“ <BR /><BR />Zum Beispiel hat die EU in den letzten Jahren eine Reihe von wichtigen Funktionen für die Sicherheit im Straßenverkehr für neue Autos verbindlich vorgeschrieben, dazu gehören die automatische Notbremsung, Spurhaltung, Erkennung von Fahrermüdigkeit oder eCall.<BR /><BR />Auch die Entwicklung von Pkw, die die neue Abgasnorm Euro 7 erfüllen – sie wird für Neuwagen ab Ende 2026 in Europa verpflichtend – sowie die Entwicklung der E-Mobilität müsse über bestehende Produkte finanziert werden, erklärt Baumgartner.<BR /><BR />Einen weiteren Grund, warum der durchschnittliche Neuwagenpreis gestiegen ist, sieht die Jato-Dynamics-Studie darin, dass sich Hersteller zunehmend aus dem günstigen Segment zurückgezogen oder günstige Modelle elektrifiziert haben – was wiederum die Preise erhöht.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1185174_image" /></div> <BR /><BR />Die Folge: Viele Autofahrer scheuen vor der Investition in ein neues Auto zurück. Die Kaufzurückhaltung ist laut Baumgartner vor allem im mittleren Segment zu beobachten, etwa bei Marken wie Renault und Fiat. „Diese Konsumenten sind am empfindlichsten, was den Preis angeht. Sie entscheiden sich dann dafür, ihr altes Auto noch zwei, drei Jahre länger zu behalten oder steigen auf einen Gebrauchtwagen um.“<BR /><BR />Günstigere Marken wie Dacia hingegen hätten profitiert – zumal sie aufgrund der höheren Anforderungen der EU inzwischen hochwertigere Autos herstellten. Das Premiumsegment halte sich ebenfalls recht gut.<h3> Fuhrpark wird immer älter</h3>Die Konsumzurückhaltung hat jedoch Folgen: Italiens Fuhrpark wird immer älter. „Heute sind Autos auf Italiens Straßen im Schnitt 12,5 Jahre alt – 2011 waren es noch 8,5 Jahre“, weiß Baumgartner. Der Plan der EU, durch gesetzliche Vorgaben dafür zu sorgen, dass sicherere und umweltfreundlichere Autos auf den Straßen zirkulieren, geht also nicht auf, gibt er zu bedenken.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1185177_image" /></div> <BR /><BR />Und wie gehen die Händler damit um? Ihr Rezept heißt: Preisnachlässe und Aufklärung. „Wir versuchen, den Absatz über Rabatte zu stützen und die Kunden aufzuklären – etwa darüber, dass ein Auto heute ganz anders ausgestattet ist als noch vor ein paar Jahren: wie viel sicherer es ist, wie viel weniger Treibstoff ein neues Modell verbraucht, wie viel weniger Emissionen ausgestoßen werden usw.“<h3> Angespannte Situation</h3>Die Lage in der Autoindustrie bleibt jedenfalls stark angespannt. Die sinkenden Verkaufszahlen in Europa führen zu Überkapazitäten in der Produktion. Die Auslastung der Autofabriken sank in Europa zwischen 2017 und 2025 von 75 auf 55 Prozent, wie es im „Global Automotive Outlook“ heißt. In Italien ist der Rückgang demnach sogar noch drastischer: Dort wird heuer voraussichtlich nur mehr eine Auslastung von 35 Prozent erreicht.<BR /><BR />Gleichzeitig drängen chinesische Hersteller zunehmend auf den europäischen Markt. Sie dürften laut Prognosen von AlixPartners bis 2030 ihren Marktanteil in Europa auf 13 Prozent verdoppeln.<BR /><BR />Wie die europäische Autobranche darauf reagieren kann? <BR />Die Experten von Jato Dynamics empfehlen den Herstellern, wieder stärker auf günstigere Preissegmente zu setzen, aus denen sich viele wegen zu geringer Gewinnmargen zurückgezogen haben. Auch empfiehlt die Studie, Herstellern und Händlern flexible Finanzierungsmodelle anzubieten – etwa Leasing mit variabler Laufzeit oder Fahrzeug-Abos. Und nicht zuletzt nennt sie als weiteren Hebel eine intelligente Preis- und Rabattgestaltung – auch mithilfe von KI. Dadurch könnten Händler die Preise an Nachfrage, Marktveränderungen und Wettbewerber anpassen, ohne in pauschale Rabattschlachten einzusteigen.