Unternehmer-Präsident Heiner Oberrauch über die Aufhebung des Kündigungsstopps, über mehr netto vom brutto und über verkrustete Strukturen in Südtirol. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Oberrauch, ab morgen endet der Kündigungsstopp in Italien für viele Sektoren. Sie sind wahrscheinlich einverstanden mit dieser Entscheidung?</b><BR />Heiner Oberrauch: Auf jeden Fall. Die Aufhebung des Kündigungsstopps war höchst notwendig. Arbeitsplätze werden nämlich nicht durch Verordnungen von oben geschaffen, sondern durch neue Geschäftsmodelle, indem man ein wettbewerbsfähiges Umfeld garantiert. Grundsätzlich war der Kündigungsstopp zwar richtig, aber jetzt ist es höchst an der Zeit, dass er endet. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-49606034_quote" /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Sie sagen grundsätzlich war der Kündigungsstopp richtig. Was meinen Sie mit grundsätzlich?</b><BR />Oberrauch: Zu Beginn der Pandemie war dieser Schritt notwendig und auch die Rettung vieler Unternehmen, da der Kündigungsstopp ja immer auch mit dem Lohnausgleich gekoppelt war. Je länger die Pandemie andauerte, desto mehr hat man die Schwächen unserer Wirtschaft gesehen. Schwächen, die es auch schon davor gab, die aber während der Krise noch deutlicher zum Vorschein gekommen sind. Wenn wir den Kündigungsstopp nun noch weiterziehen würden, dann würden wir nur alte Business-Modelle, die ohnehin nicht mehr funktionieren würden, künstlich am Leben erhalten, dann würden wir nur alte, verkrustete Strukturen mit öffentlichem Geld finanzieren. Das macht keinen Sinn. Die Wirtschaft und die Unternehmer müssen immer die Bereitschaft haben, sich an neue Bedingungen anzupassen, auch wenn es weh tut. Das kommt aber auch den Arbeitnehmern zugute. Denn wenn man Branchen künstlich am Leben erhält, wer bezahlt das? Das bezahlen die Steuerzahler. Viel wichtiger wäre es, einen schlanken Staatshaushalt zu schaffen, damit bei den Arbeitnehmern am Ende mehr netto vom brutto bleibt. Es kann nicht sein, dass rund die Hälfte der Arbeitskosten, die ein Unternehmen für seine Mitarbeiter trägt, als Steuern und Abgaben wegfallen. <BR /><BR /><BR /><b>Sie sagen, die Krise hat die Schwächen, die es schon vor der Krise gab, noch deutlicher aufgezeigt. Zum Beispiel?</b><BR />Oberrauch: Man sieht beispielsweise, dass wir in punkto Digitalisierung sehr viel Aufholungsbedarf haben. Genauso wie wir uns auf das veränderte Kaufverhalten der Konsumenten einstellen müssen. Neue Retailkonzepte sind gefragt und auch kleine Unternehmen werden sich an den Onlinehandel gewöhnen müssen. Diese Entwicklung gab es ja schon vor der Corona-Pandemie, nur hat man versucht, sich irgendwie über Wasser zu halten. Das reicht nun aber nicht mehr. Daher muss man der Wirtschaft die Möglichkeit geben, sich verändern und nachhaltig entwickeln zu können. Mit einem Kündigungsstopp ist dies aber unmöglich. <BR /><BR /><BR /><b>Gewerkschaftsvertreter werden nun sagen, der Oberrauch ist arbeitnehmerfeindlich, wenn er für die Aufhebung des Kündigungsstopps ist…</b><BR />Oberrauch: Nein, denn es muss ja im ureigensten Interesse der Arbeitnehmer sein, dass sich die Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt weiterentwickeln können, das schafft Arbeitsplätze. Wenn Unternehmen oder ganze Sektoren nicht mehr zeitgemäß sind, dann braucht es eben Veränderung. Sehr wohl muss dies für die Arbeitnehmer aber mit einer Möglichkeit der Umschulung und auch einer Arbeitslosenunterstützung einhergehen. Zudem ist es ja so, dass die Krise in manchen Sektoren schon seit einiger Zeit beim Abklingen ist, daher wird es durch das Ende des Kündigungsstopps auch keine allzu großen Entlassungswellen geben. Ein allgemeiner Lohnausgleich ist also nicht mehr angebracht. In Südtirol ist es ja sogar so, dass wir nicht nur von einem Facharbeitermangel sprechen, sondern von einem Arbeitskräftemangel. Die große Herausforderung am Arbeitsmarkt ist für heimische Unternehmen also vor allem die Suche nach neuen Mitarbeitern.<BR /><BR />