Jahrzehntelang war eine 5-Tage-Bürowoche viele Arbeitnehmer normal. Dies hat sich in den vergangenen Monaten drastisch geändert. Kehren wieder nach der Pandemie aber wieder zurück zum Vorher?<BR /><BR /><BR />Die typische 5-Tage-Bürowoche wird für viele Arbeitnehmer wohl auch nach der Pandemie nicht mehr wiederkommen. Inzwischen gibt es sogar erste größere Firmen, die ihre Mitarbeiter im Arbeitsalltag überhaupt nicht mehr im Büro einplanen. <BR /><BR />Zu sehen ist das besonders in der IT-Branche. So versucht Europas größter Softwarekonzern SAP, der seinen Beschäftigten schon vor der Pandemie die Möglichkeit von bis zu 4 Homeoffice-Tagen pro Woche einräumte, nochmals an Flexibilität zuzulegen. „Bei den meisten SAP-Mitarbeitern spielt es keine Rolle, von wo aus sie arbeiten. Wenn es die Tätigkeit nicht zwingend verlangt, an einem bestimmten Ort präsent zu sein, haben die Mitarbeiter bei der Wahl ihres Standorts alle Freiheiten“, sagt Cawa Younosi, der als Deutschland-Personalchef bei dem Konzern für rund 25.000 Beschäftigte zuständig ist.<BR /><BR /><BR /><b>Nur noch zu Sitzungen ins Büro</b><BR /><BR /><BR />Noch etwas weiter geht das IT-Unternehmen Hewlett Packard Enterprise (HPE). Bei der US-Firma, dessen deutscher Ableger in Böblingen rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt, wird das Homeoffice generell zum neuen Standard-Arbeitsort für die meisten Mitarbeiter erklärt. Sofern es die Tätigkeit erlaubt, sollen die Beschäftigten künftig möglichst immer von daheim arbeiten, wenn sie nicht gerade unbedingt im Büro anwesend sein müssen. <BR /><BR />Im Zuge des Konzepts sollen auch die Büros optisch umgestaltet werden – zu Orten „der Begegnungen und des Austauschs“, wie es heißt. „Man geht dort also vor allem hin, um an Besprechungen, Team-Meetings, Workshops, Trainings oder Feiern mit Kollegen, Kunden und Partnern teilzunehmen“, sagt ein HPE-Sprecher.<BR /><BR /><BR />SAP-Personalchef Younosi argumentiert auch mit einer gestiegenen Erwartungshaltung junger Talente auf dem Arbeitsmarkt. „Während viele Firmen vor der Pandemie möglicherweise Bedenken hatten, ob es funktionieren kann, wenn jemand regelmäßig von ganz woanders als im Büro arbeitet, ist die Sache doch jetzt klar: Ja, es funktioniert für viele Berufe.“ Nach den positiven Erfahrungen in der Pandemie habe ein Betrieb, in dem Homeoffice von der Tätigkeit her generell möglich ist, doch „gar keine Argumente mehr, wenn er einem talentierten Mitarbeiter jetzt sagt: Wenn du für uns arbeiten willst, musst du aber von Berlin zum Beispiel nach Schwäbisch Hall umziehen, weil da unsere Firma sitzt“.<BR /><BR /><b>Signal des Vertrauens</b><BR /><BR />Der Wunsch nach flexibleren Modellen ist in der Arbeitnehmerschaft ausgeprägt. 4 von 5 Beschäftigten, die bisher regulär im Büro arbeiten, wollen einer Erhebung des Beratungsunternehmens EY zufolge künftig zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. <BR /><BR /><BR />Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund führt das auch auf eine gestiegene Job-Zufriedenheit der meisten Arbeitnehmer im Homeoffice zurück. Das liege zu einem Großteil daran, dass die Menschen sich ihre Arbeit daheim besser einteilen könnten als im Büro. Zudem sende eine Firma durch freimütige Homeoffice-Angebote Signale des Vertrauens und der Wertschätzung. „Man fühlt sich doch gleich viel ernster genommen, wenn man weiß: Mein Arbeitgeber traut mir und stellt mich nicht unter einen Generalverdacht, wonach ich vielleicht nicht genug arbeite, wenn man mich im Büro quasi nicht überwacht.“<BR /><BR /><b>Viele setzen auf Mischformen</b><BR /><BR /><BR />Längst nicht nur in der IT-Welt setzt sich das Homeoffice dieser Tage durch. Auch in der bei Arbeitszeitmodellen mitunter als gestrig verschrienen Autobranche bewegt sich einiges. Beim Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche können die Mitarbeiter beispielsweise künftig an bis zu 12 Tagen im Monat mobil arbeiten, wenn sie nicht gerade in Bereichen wie der Produktion arbeiten. Vor der Pandemie waren 2 Homeoffice-Tage in der Woche erlaubt. <BR /><BR /><BR />Auch bei Porsches Mutterkonzern Volkswagen gibt es Überlegungen, die Homeoffice-Möglichkeiten auszuweiten. In anderen Branchen ist es ähnlich. Auch beim Bosch-Konzern soll es eine Mischung aus Büroarbeit und mobilem Arbeiten geben. „Im Fokus steht das Ergebnis, nicht die Präsenz“, sagt Arbeitsdirektorin und Geschäftsführungsmitglied Filiz Albrecht. Aber interne Umfragen hätten auch gezeigt, dass die Nähe und der direkte Austausch unter den Kollegen zurzeit fehlten.<BR /><BR />Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter sehen den Hype ums Homeoffice nicht unkritisch, zumal das Arbeiten von zu Hause leichter zu unbezahlten Überstunden führen könne. Wissenschaftlerin Schade sieht es auch kritisch, dass die im deutschen Arbeitsleben „stark verankerte“ Präsenzkultur im Homeoffice-Zeitalter keineswegs überwunden sei. „Auch wenn sich die Art und Weise ändert: Der Arbeitgeber freut sich weiter, wenn er weiß, dass seine Arbeitnehmer am Platz sind. Und viele Arbeitnehmer freuen sich weiter, wenn sie beweisen können, dass sie präsent und produktiv sind“, sagt Schade. Ihre Omnipräsenz könnten Mitarbeiter künftig etwa verstärkt dadurch demonstrieren, „dass sie sofort auf eine E-Mail antworten – sogar abends, sogar am Wochenende“. Im Endeffekt bleibe die Erholung auf der Strecke, sagt Schade. „Im besten Fall gibt es klare, verbindliche Absprachen mit dem Arbeitgeber, wann man das Recht dazu hat, nicht erreichbar zu sein.“     <BR />