<b>STOL: Herr Pinzger, „Ist die Lebensqualität in Südtirol trotz oder wegen des Tourismus hoch? Dieser Frage ist die Universität Bozen und das Landesressort für Tourismus in einer Erhebung nachgegangen.“ Die Ergebnisse der Studie wurden am Montag vorgestellt <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/studie-tourismus-in-suedtirol-zwischen-nutzen-und-belastung" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">(Hier lesen Sie mehr zu Studie).</a> Ihre Reaktion?</b><BR />Manfred Pinzger: Vorab muss ich sagen, dass ich froh bin, dass die Universität Bozen eine repräsentative Studie zur Lebensqualität in Südtirol erstellt hat. Damit gibt es nun erhärtete Daten und Fakten, über die man nun über die Entwicklung in Südtirol und speziell im Tourismus diskutieren kann. Sehr oft trifft man in Diskussionen auf vorgefertigte Meinungen. Sehr oft gibt es nur schwarz oder weiß. <BR /><BR />Die Studie zeigt erfreulicherweise auf, dass man in dieser Debatte sehr wohl differenzieren muss und nicht alles über einen Kamm scheren darf. Im Übrigen, so meine Erfahrung, tun das auch sehr viele Bürger. Zu den Ergebnissen der Umfrage muss ich sagen, dass ich das zum Teil auch schon in einem Interview bei meinem Amtsantritt als HGV-Präsident im Jahr 2013 gesagt habe.<BR /><BR /><embed id="dtext86-60113877_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Nämlich?</b><BR />Pinzger: Dass es im Gastgewerbe in Südtirol nicht immer mehr sein muss. Und so ist es. Die Studie von Professor Bausch bestätigt, dass die Bevölkerung durchaus versteht, dass der Tourismus und das Gastgewerbe zum Wohlstand in Südtirol erheblich beigetragen hat und immer noch beiträgt. Gleichzeitig, und das habe ich immer wieder unterstrichen, gibt es manche Gebiete, in denen zu bestimmten Zeiten das Limit erreicht ist und zwar weniger an Übernachtungsgästen im betreffenden Ort, sondern an Ausflugsgästen. Deshalb nun pauschal von einem Overtourism in ganz Südtirol zu reden, ist einfach nicht korrekt. Und gerade hier erwarte ich mir, dass die Ergebnisse zu einer differenzierteren Sichtweise führen. Erfreulich ist, dass Professor Bausch, betont, dass der Tourismus lange nicht für sämtliche Belastungen verantwortlich gemacht werden kann. <BR /><BR /><embed id="dtext86-60114301_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Hätten Sie sich eigentlich erwartet, dass das Ergebnis negativer ausfällt, dass also mehr Südtiroler gegen den Tourismus sind?</b><BR />Pinzger: Also, 43,3 Prozent meinen, dass das Tourismusaufkommen so bleiben soll, wie es momentan ist. 43,8 Prozent wünschen sich ein geringeres Gästeaufkommen. Der wirtschaftliche Nutzen des Tourismus wird aber allgemein anerkannt. Viele haben verstanden, dass der Tourismus und die Gastronomie wichtig für unsere Wirtschaft sind und dass damit Tausende von Arbeitsplätzen in allen Wirtschaftssektoren geschaffen und gesichert werden können. <BR /><BR />Wir haben während Corona erlebt, was passiert, wenn der Tourismus praktisch auf Null gestellt wird. Und jetzt erleben wir wieder, was Tourismus alles bewirkt, im Positiven und im Negativen. Wenn rund 60 Prozent der Befragten angeben, dass sie mit ihrem Leben „zufrieden“ oder „voll und ganz zufrieden“ sind und optimistisch in die Zukunft blicken, dann dürfen dazu auch der Tourismus und die Gastronomie mit ihren Dienstleistungen auch für die ein heimische Bevölkerung beigetragen haben. <BR /><BR />Dass wir ein überaus breites Freizeit- und Gastronomieangebot bis ins Hochgebirge nutzen können, ist nicht zuletzt auch unserem Gästeaufkommen zu verdanken. Deshalb nochmals: Ich hoffe, die Untersuchung trägt zu einer Versachlichung der Diskussion bei. Die Studie wird aber auch bei den Touristikern zum Nachdenken und Handeln anregen. Im Übrigen ist der Tourismus bislang der einzige Sektor mit einem klaren Nachhaltigkeitsmonitoring für Destinationen und Betriebe.