Da sitzt es. Mitten auf dem Feld. Das Kaninchen sieht die Schlange – ganz nah schon – und rührt sich nicht. So wirkt Südtirol mitunter im Jahr 2025.<BR /><BR />Die Zahlen sind eindeutig: In den kommenden 15 Jahren gehen laut Arbeitsmarktbeobachtung doppelt so viele Menschen in Pension wie in den vergangenen. Es droht eine Netto-Lücke von 30.000 bis 40.000 Arbeitskräften – weil mehr ausscheiden, als nachrücken. <BR /><BR />Verschärft wird die Lage dadurch, dass jedes Jahr zahlreiche junge – und zunehmend auch erfahrene – Südtiroler das Land verlassen. Sie suchen leistbaren Wohnraum, moderne Arbeitswelten, mehr Vereinbarkeit und echte Perspektiven. Die demografische Schlange ist längst sichtbar – doch viele wirken, als säßen sie wie gelähmt vor ihr.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70180593_quote" /><BR /><BR />Warum? Weil es lange gut gegangen ist – und auch noch ganz gut geht. Weil Erfolg träge macht. Weil Veränderung Unsicherheit bedeutet. Südtirols Wirtschaft ist stark, keine Frage. Aber sie ist auch geprägt von Routinen, die sich tief eingebrannt haben. Allzu oft neigen wir dazu, auf völlig neue – und große – Fragen immer wieder mit denselben, altbewährten Antworten zu reagieren. Doch genau das wird jetzt gefährlich.<BR /><BR />Was fehlt, ist keine Technologie, die sonst keiner hat, und kein gut dotierter Fördertopf. Es fehlt eine neue Haltung. Es braucht eine Unternehmenskultur, die Menschen nicht nur beschäftigt, sondern einbindet. <BR /><BR />Viele wollen heute nicht einfach einen sicheren Job. Sie wollen Sinn, Entwicklung, Flexibilität, Vertrauen. Und Respekt. Eine Führung, die nicht von oben herab agiert, sondern gemeinsam gestaltet. Wer das nicht bieten kann – oder will – wird im Wettbewerb um Talente verlieren. Nicht nur an Berlin, Wien oder München. Sondern auch an den Betrieb im Nachbarort, der es besser macht.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70180598_quote" /><BR /><BR />Gleichzeitig darf das Wissen der Älteren nicht einfach mit ihnen in den Ruhestand verschwinden. Tausende werden in den nächsten Jahren den Arbeitsmarkt verlassen – doch allzu selten wird Know-how gezielt übergeben, dokumentiert, weitergegeben. Ein immaterielles Kapital, das vielerorts stillschweigend verloren geht.<BR /><BR />Oberalp-Chef Heiner Oberrauch hat es treffend so formuliert: „Wir steuern sehenden Auges auf das demografische Problem zu. Machen wir nicht dieselben Fehler wie beim Klimaschutz.“<BR /><BR />Natürlich kostet all das Mut. Mut, loszulassen, was über Jahrzehnte hinweg funktioniert hat. Um aber bei unserem Bild zu bleiben: Die Schlange verschwindet nicht. Aber das Kaninchen, das rechtzeitig springt, hat eine echte Chance. <BR /><BR />Jetzt ist der Moment, sich zu bewegen – nicht allein, sondern gemeinsam: Wirtschaft, Politik, Gesellschaft. Denn was kommt, ist kein Naturgesetz und auch kein Schicksal. Es ist ein Auftrag.<BR /><BR /> <a href="mailto:rainer.hilpold@athesia.it" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">rainer.hilpold@athesia.it</a>