Luciano Partacini, Direktor des Amtes für Wirtschaftsinformation beim Wifo der Handelskammer Bozen, mit seiner Einschätzung der Lage. <BR /><BR />Der Kapitalmarkt nimmt häufig Entwicklungen in der Realwirtschaft vorweg. Und ebendieser ist seit Wochen extrem nervös. Die Gründe dafür sind vielfältig, hängen direkt oder indirekt zusammen und reichen von der Rekordinflation und der Zinswende über den Ukraine-Krieg bis hin zu anhaltenden Lieferengpässen. Über allem schwebt die große Sorge vor einem Einbruch der Konjunktur. Führende Vermögensverwalter gehen wegen des „Gift-Cocktails“ für die Wirtschaft mittlerweile davon aus, dass eine Rezession in vielen Ländern nicht mehr abzuwenden sein dürfte.<BR /><BR />Wie aber sieht es in Südtirol aus? Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo hatte in seinem Frühjahrsbarometer im März noch ein Wachstum von 3 bis 4 Prozent für 2022 vorhergesagt. „Diese Prognose ist unter der günstigen Annahme getroffen worden, dass die Kriegshandlungen in der Ukraine noch im Frühjahr eingestellt werden. Heute wissen wir, dass ein schnelles Ende in diesem Konflikt nicht zu erwarten ist“, so Luciano Partacini, Direktor des Amtes für Wirtschaftsinformation beim Wifo. <BR /><BR />„Es ist aber nicht nur der Krieg allein, der zu erheblichen Spannungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten führt. Nach wie vor sehen wir ein massives Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei sehr vielen Materialien für sehr unterschiedliche Branchen. Signale einer Entspannung sind nicht zu erkennen, die wieder eingeführten Corona-Beschränkungen in Fernost verschärfen die Lieferkettenprobleme, die ohnehin bestehen, zusätzlich und erhöhen den Druck auf Produktion und Kosten.“ <h3> „Prognose revidiert, aber keine Rezession“</h3>Die Rahmenbedingungen seien insgesamt also ungünstig, weshalb die prognostizierten 3 bis 4 Prozent wohl nicht erreicht werden könnten, so Partacini zu den „Dolomiten“. Eine konkrete Zahl wolle er aber nicht nennen. Immerhin: Dass die Wirtschaftsleistung ins Minus, Südtirol also in eine Rezession abrutschen könnte, glaubt er nicht: „Auf Jahresbasis halte ich das für eher unwahrscheinlich. Auch weil sich der Tourismus als stabilisierender Faktor für Südtirol erweisen dürfte. Im Vorjahr habe die Branche noch unter den Pandemie-Einschränkungen gelitten, man denke nur an die Ausfälle im Winter. Heuer gab es eine Wintersaison und die Aussichten für die Sommersaison sind vergleichsweise gut.“