Shein, Temu, Alibaba & Co: Welches Risiko gehen Käufer ein? - Wirtschaft

Albertini klärt über die Rechte der Verbraucher und gängige Fallstricke auf. Wie lässt sich der rasante Aufstieg der Onlinehändler erklären – geht es da nur um die Preise, die mitunter 90 Prozent unter jenen der europäischen und US-amerikanischen Konkurrenz liegen? Stefano Albertini: Der Preis ist sicher das Hauptargument. Dazu kommt das beispiellos reißerische Marketing. Wie sehen die Methoden der Online-Händler aus Fernost aus? Albertini: Viele setzen auf so genannte Dark Patterns. Das heißt, Online-Pattformen gestalten den Seitenaufbau, Farben, Texte und andere Parameter gezielt, um die Handlungen von Nutzern so zu beeinflussen, dass sie eine Aktion ausführen, die sie eigentlich nicht auszuführen geplant hatten. Kunden sollen zu mehr und schnelleren Käufen verleitet werden. Wodurch konkret? Albertini: Die Plattformen sind da sehr einfallsreich. Verbreitet sind Pop-ups mit Rabattcode samt tickendem Countdown, Extra-Vorteile ab einem bestimmten Einkaufswert sowie das ungefragte Hinzufügen von Artikeln und anderen Leistungen zum Warenkorb. Dark Patterns sind immer manipulativ, die rechtlichen Standards aus Sicht des Konsumentenschutzes leider noch nicht genügend geregelt. Auf welche Zielgruppen haben es die Shops hauptsächlich abgesehen? Albertini: Es sind sicherlich eher jüngere Zielgruppen und Personen, die den Kaufkraftverlust durch die Inflation besonders spüren, und deshalb durch den Kauf bei den asiatischen Online-Händlern Geld sparen möchten. In vielen Fällen geht es um den Kleidungskauf, typischerweise Fast Fashion, also Mode, die nur eine Saison lang getragen wird. In Europa gilt eine Mängelhaftung (auch gesetzliche Garantie) von 2 Jahren, ebenso kann ein Konsument innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen vom Kauf zurücktreten, den Kaufpreis inklusive Versand bekommt er rückerstattet, manchmal sogar die Kosten für den Rückversand. Wie ist die Lage, wenn ich bei den asiatischen Onlinehändlern einkaufe? Albertini: Die von Ihnen angesprochenen Regeln gelten nur innerhalb der EU. Wer außerhalb der EU einkauft, kann nicht davon ausgehen, dass dieselben Regeln gelten. Zwar haben etwa Shein und Temu auch einen Rechtssitz in Irland, das heißt aber nicht, dass beim Kauf EU-Recht gilt. Die Shops fungieren auch als Marktplätze, das heißt, Drittanbieter verkaufen ihre Waren über die Plattformen. Viele dieser Anbieter kommen aus Fernost und haben keinen Sitz in Europa. Da fangen die Probleme schon an, ebenso ist es nicht immer leicht erkennbar, wer der Verkäufer des Produkts ist. Habe ich den Anbieter ausgeforscht, hängt alles von seiner Kulanz bzw. Bereitschaft zur Zusammenarbeit ab. Shein etwa wirbt damit, dass Produkte innerhalb von 45 Tagen ohne Angaben zurückgeschickt werden können. Albertini: Das stimmt. Man kann auch davon ausgehen, dass das auch so gehandhabt wird. Ich rate aber dazu, die Geschäftsbedingungen im Einzelfall genau zu prüfen. Zu bedenken gilt es zudem, dass es außerhalb der EU, im konkreten Fall Asien, deutlich schwerer ist, sein Recht durchzusetzen. Dazu kommen Aspekte der Produktsicherheit: Chinesische Hersteller müssen sich da nicht an europäische Standards halten, dasselbe gilt für Nachhaltigkeitskriterien. Kurzum: Solange alles reibungslos läuft, sind alle happy, kommt es zu Problemen, können in vielen Fällen nicht mal mehr wir Verbraucherschützer helfen. Mit jemandem etwa in China zu verhandeln, ist nahezu aussichtslos. Das muss man wissen. Das heißt, den billigeren Preis zahlt man mitunter mit höheren Risiken? Albertini: So könnte man es sagen. Ich möchte nicht grundsätzlich vom Kauf in Onlineshops aus Fernost abraten, sondern nur zur Vorsicht aufrufen. Als besonders wichtig, erachte ich auch entweder mittels Kreditkarte oder – sofern möglich – Paypal zu zahlen. Sollte es Probleme mit nicht oder falsch gelieferten Waren geben, habe ich dann wenigstens eine gute Chance, dass ich mein Geld zurückbekomme. Die Hintergründe zum rasanten Aufstieg der Online-Plattformen lesen Sie hier.