Außerdem erfahren Sie im Interview mit Gilardi und anhand einer Grafik, woher genau wir unser Gas beziehen und was durch den Ukraine-Krieg bei der Gasversorgung im schlimmsten Fall passieren kann. <BR /><BR /><b>Italien erhält 40 Prozent seines importierten Erdgases aus Russland, 29 Prozent aus Algerien und den Rest aus anderen Ländern (siehe Grafik unten). Gilt dies auch für Südtirol? Woher beziehen wir unser Gas?</b><BR />Michele Gilardi: Südtirol ist beim Erdgas nicht eine Welt für sich, sondern hängt an Italiens Transportnetz. Weil es sich um ein Netz handelt, gibt es mehrere Einspeisepunkte. Man kann also nicht sagen: Nach Südtirol kommt nur Gas aus Russland und auf Sizilien nur Gas aus Algerien. Das vermischt sich alles – insbesondere, weil wir im Sommer viel mehr Gas importieren, als wir verbrauchen. Wir speichern dieses Gas im Untergrund, dort vermischt sich alles. Südtirol erhält somit das gleiche Gas wie ganz Italien.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="742550_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie viel Gas liefert Russland zurzeit noch nach Italien?</b><BR />Gilardi: Bis vor kurzem lieferte Russland kontinuierlich fast die gleiche Menge Erdgas nach Italien. Nur an 4 Tagen – zwischen 18. und 21. Februar – exportierte Russland viel weniger Erdgas. Und jetzt hat Russland die Export-Menge deutlich erhöht. Weil die Temperaturen mild sind und wir noch Gas im Untergrundspeicher haben, war Italien sogar in der Lage, ein bisschen Gas zu exportieren. Wenn die Temperaturen so mild bleiben, dann wird das Gas im Untergrundspeicher ausreichen, um diese Situation zu überbrücken. Italien hat eine Speicherkapazität von 16,6 Milliarden Kubikmeter Gas im Untergrund, davon sind 7,5 Milliarden Kubikmeter noch vorhanden. Im Sommer können wir problemlos ohne Russlands Gas auskommen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="742553_image" /></div> <BR /><BR /><b>Was bedeutet das jetzt für den Gaspreis?</b><BR />Gilardi: Der Gaspreis wird in den nächsten Tagen und Wochen steigen. Man muss aber unterscheiden zwischen dem Einkaufspreis an der Börse und dem Verkaufspreis an die Kunden, bei dem die Aufsichtsbehörde bestimmte Standardpreise vorgibt für den geschützten Markt. Normalerweise werden diese Preise in jedem Quartal angepasst. Das heißt: Der Preis für die Endkunden – die Haushalte, die sich im geschützten Markt befinden – wird bis Ende März der gleiche bleiben. Danach müssen wir schauen, wie es weitergeht. Wichtig ist, wie sich der Preis mittelfristig bewegt. Der Preis hat sich bereits in den vergangenen 6 Monaten stark verändert: Dabei ist die Ukraine-Krise nur ein Faktor. Die Pandemie ist fast vorbei, die Wirtschaft ist gestartet mit sehr viel Schwung – man braucht sehr viel Gas, besonders die Chinesen: Sie möchten die Wirtschaft wieder ankurbeln und aus der Kohle aussteigen. Aber: Putin kann nicht von heute auf morgen viel Erdgas nach China exportieren, denn dazu fehlt noch die Infrastruktur. Große Transportleitungen von Russland nach China gibt es noch nicht. Russland braucht somit Europa noch für eine lange Zeit als Kunde. Auch die USA haben großes Interesse daran, Europa als Erdgas-Kunde zu halten. In den vergangenen Jahren haben die USA eine sehr große Menge an Erdgas gefördert, das wird verflüssigt mit ganz niedrigen Temperaturen und als Liquefied Natural Gas exportiert. Die USA haben wirtschaftlich ein Interesse daran, dass die Krise in der Ukraine fortdauert, damit sie Europa mit Erdgas beliefern können – und nicht die Russen. <BR /><BR /><b>Was kann bei diesem Ukraine-Krieg bei der Gasversorgung im schlimmsten Fall passieren?</b><BR />Gilardi: Kurzfristig könnten die Erdgaslieferungen von Russland über die Ukraine nach Europa gestoppt werden. Putin streckt zwar seine Hand nach der Ukraine aus, aber er will nicht die Europäer als Kunden verlieren – deshalb hat er jetzt die Exportmenge erhöht.<BR />