Mitten in der Coronakrise ist viel die Rede vom Scheitern und Wiederaufstehen: Den Traum vom eigenen Business träumen viele. Doch was braucht ein Start-up, um wirklich erfolgreich zu sein? Wir haben Professor Christian Lechner gefragt. Er wechselt am heutigen Montag an die berühmte Universität LUISS in Rom und weiß, worauf es in der Szene ankommt.<BR /><BR /><BR /><i>Von Katrin Niedermair</i><BR /><BR /><BR />Seit 1997 beschäftigt sich Christian Lechner, Professor für Entrepreneurship und Unternehmensführung, mit Start-ups – zunächst in Regensburg, dann an der Toulouse Business School und seit 2013 in Bozen. „Noch vor 10 Jahren war das Thema in Südtirol komplettes Neuland“, sagt er. Heute belegen neben den einheimischen Studenten vor allem junge Leute aus dem restlichen Italien und dem deutschsprachigen Raum den Master, der an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angesiedelt ist. So strukturierte Entrepreneurship-Programme wie an der Uni Bozen gibt es nicht viele.<BR /><BR /><embed id="dtext86-47676887_quote" /><BR /><BR />Lechner hat an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft das Fach Entrepreneurship entwickelt, den entsprechenden PhD aufgebaut, er war und ist in vielen Gremien zum Thema Start-ups, Business Angels, gemeinsam mit dem Land Südtirol hat er das Konzept für „founders grant“ entwickelt – Start-upper können 6 Monate auf ein Stipendium von 1000 Euro pro Monat zählen, um sich ganz dem Aufbau ihres Start-ups widmen zu können. Mit 1. Februar wechselt er nach Rom, an die neu eingerichtete Business School der LUISS. Dort gibt es MBAs und Executive Programme, Lechner wird dort im Strategieteam sitzen. Diese Business School soll stark wachsen, weswegen Lechner spannende Aufgaben für sich sieht. Bozen wird er trotzdem erhalten bleiben – in einigen Gremien, auch als Coach im NOI, da er zwischen Rom und Bozen pendeln wird.<BR /><BR /><b>Als Sie nach Südtirol gekommen sind, war das Thema Start-up hier nicht in aller Munde: Mission erfüllt?</b><BR />Prof. Christian Lechner: Ich denke, großteils ja. Es ist ein großer Erfolg, dass man die Legitimität des Bereichs Entrepreneurship/Innovation an der Uni Bozen nicht mehr infrage stellt. Wir haben mit dem Land, mit dem NOI verschiedene Projekte entwickelt, wir sind mit dem Unternehmerverband gut vernetzt. Nach und nach ist ein Ökosystem für Start-ups entstanden. Aus dem Masterstudiengang Entrepreneurship gehen seit 3 bis 4 Jahren konstant 2 oder 3 Start-ups hervor. Das ist ein tolles Ergebnis. <BR /><BR /><b>Wie entwickeln sich diese jungen Unternehmen in Südtirol weiter? Haben sie auch Erfolg, wenn die unterschiedlichen Unterstützungsprojekte auslaufen?</b><BR />Prof. Lechner: Ein positives Beispiel ist Vertical Life aus Brixen. Anton Seeber (Vorstandsvorsitzender der HTI-Gruppe, Anm.d.Red.) hat es als Business Angel finanziert, über das Land haben die Gründer eine weitere Finanzierung bekommen: Momentan ist es eines der Start-ups, die sich am besten entwickelt haben. Diese Unternehmen sind alle noch sehr junge Geschöpfe. Man muss noch abwarten und sehen, wie sie sich entwickeln. Was man aber jetzt schon sagen kann: In der Masse hat sich mehr getan. Es gibt mehr Bewegung. Und das ist in der Start-up-Szene wichtig. Dann kommt auch der eine oder andere größere Durchbruch zustande.<BR /><BR /><b>Wie gelingt der Durchbruch? Was sollten Gründer unbedingt beachten?</b><BR />Prof. Lechner: Das ist die goldene Frage. Erstens braucht es eine gute Geschäftsmöglichkeit: Das zu analysieren, ist relativ kompliziert. Der zweite Punkt ist das Timing – dass man zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt kommt. Der dritte ist das Team. Und der vierte ist das Umfeld, das ich habe, um durchstarten zu können. <BR /><BR /><b>Wie ist dieses Umfeld in Südtirol?</b><BR />Prof. Lechner: Südtirol liefert gute Bedingungen zum Starten. Was noch fehlt, sind die richtigen Bedingungen zum Durchstarten: Wo finde ich nach der ersten Finanzierungsrunde mehr Geld, wenn ich es brauche? Damit ein Standort interessant ist, braucht es dort viele Start-ups.<BR /><BR /><b>Es ist in Südtirol also schwierig für Unternehmen zu wachsen?</b><BR />Prof. Lechner: Ja und nein. Aus 1000 Start-ups gehen ungefähr 4 außergewöhnliche Unternehmen hervor. In Südtirol ist die Spielwiese für sie natürlich ein bisschen klein. Es wäre also wichtig und eine Aufgabe für das NOI, interessante Start-ups nach Bozen zu holen. Nur so schaffen wir genügend Masse, aus der etwas entstehen kann. Das ist eine Frage der Mentalität und der Offenheit. Außerdem: Südtirol ist kein Endmarkt. Es ist ein wunderbares Trampolin. Hier kann man anfangen, Projekte oder Produkte austesten. Aber dann muss man sich in Richtung Norden oder Richtung Süden bewegen. Das ist entscheidend. Natürlich gibt es bestimmte Start-ups, die aufgrund der Standortbedingungen nicht entstehen. Das ist aber nicht weiter tragisch: Biotech oder Medizingeräte wird es in Südtirol nicht geben, auch, weil die Uni keine entsprechenden Fakultäten hat. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass in Südtirol Fintechs entstehen werden. Aber für Produkte oder Dienstleistungen hat Südtirol keine Standortnachteile. Im Bereich von Apps gibt es zum Beispiel durchaus interessante Projekte.<BR /><BR /><b>Wie hat Corona die Lage für Start-ups verändert?</b><BR />Prof. Lechner: Eine Reihe von Projekten, die ich begleite, steht still: Weil der Kundenkontakt nicht möglich ist. Auf der anderen Seite gibt es Start-ups, die von der Lage profitieren: etwa solche, die digitale Lösungen anbieten.<BR />