Das Präsidium des Unternehmerverbandes Südtirol (UVS) hat am Mittwoch in einer Dringlichkeitssitzung die von der Landesregierung geplante Erhöhung des IRAP-Steuersatzes bewertet. Südtirols Wirtschaftsleitung ist im Jahr 2020 um rund 10 Prozent gesunken. Mehr als 20 Prozent der heimischen Unternehmen weisen eine negative Bilanz auf, weitere 20 Prozent zeigen keine Gewinne auf. „Die heimischen Unternehmen haben aber Verantwortung gezeigt, ihre Reserven angegriffen und zusätzliche Kredite aufgenommen, um auch während der Pandemie die Arbeitsplätze zu garantieren“, betont der Unternehmerverband. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="701666_image" /></div> <BR /><BR />„Wir befinden uns in einem Ausnahmezustand und müssen daher solidarisch sein“, sagt UVS-Präsident Heiner Oberrauch. „Dass durch die Erhöhung des IRAP-Steuersatzes aber die Personalkosten sowie die Passivzinsen auf die in der Krise aufgenommenen Kredite noch höher besteuert werden, ist nicht nachvollziehbar.“<BR /><BR />Gemeinsam mit den Gewerkschaftsorganisationen ASGB, AGV/CGIL, SGBCISL und SGK/UIL habe der Unternehmerverband vielmehr den Abzug der Passivzinsen von der IRAP-Steuergrundlage gefordert, da zahlreiche Unternehmen wegen der Krise zusätzliche Kredite aufnehmen mussten.<BR /><BR />„Steuererleichterungen sind die schnellste und effizienteste Unterstützung für Familien und Unternehmen“, so der Unternehmerverband: „Aus diesem Grund haben wir seinerzeit im Gegenzug für die IRAP-Reduzierung auf sämtliche Kapitalbeiträge verzichtet. Zu diesem Grundsatz stehen wir immer noch“, so Oberrauch. Dies gelte übrigens auch für den Landeshaushalt: „Wettbewerbsfähige Unternehmen sichern langfristig höhere Steuereinnahmen“, unterstreicht der Präsident des Unternehmerverbandes. <BR /><BR />Nicht die zusätzliche Steuerlast, sondern Effizienzsteigerungen seien das Gebot der Stunde. Eine Effizienzsteigerung bei den öffentlichen Ausgaben und die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten seien angesichts der geplanten Steuererhöhungen umso dringender, heißt es vom Unternehmerverband: „Auch für die öffentliche Verwaltung gilt: So weitermachen wie bisher können wir nicht.“ Es brauche genauso wie in anderen Bereichen auch hier ein neues Denken: Alle Posten müssten auf den Prüfstand, einen weiteren Anstieg der laufenden Kosten können wir uns ganz einfach nicht mehr leisten“, so Oberrauch. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="701669_image" /></div> <BR /><BR />Kritik kommt auch vom Handels- und Dienstleistungsverband (hds): „Dass der Haushalt pandemiebedingt neu aufgestellt werden muss, ist verständlich“, betont hds-Präsident Philipp Moser. „Aber, dass immer die Wirtschaft automatisch zum Handkuss kommt und für diese Steuererhöhungen und neue Belastungen eingeführt werden, ist nicht nachvollziehbar“, so der hds-Präsident.<BR /><BR />Das Land habe der Wirtschaft in den vergangenen Monaten große Unterstützungen gewährt. Daher konnte man die Arbeitsplätze zum großen Teil erhalten. Man dürfe aber gerade jetzt, in dieser kritischen Phase, den Aufschwung nicht wieder zunichtemachen. „Es muss alles dafür getan werden, damit in dieser Zeit, die Wirtschaft bei der Planung für die Zukunft nicht vergessen wird“, sagt Moser. „Die ersten Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs dürften nicht gefährdet, sondern müssten abgesichert und gefördert werden.“ Denn: In wirtschaftlicher Hinsicht sei die Corona-Pandemie noch lange nicht vorbei, so Moser. Zudem befinde sich Südtirol in einer „sicher noch länger andauernden Phase, in der Arbeitskräftemangel herrscht und viele Fachkräfte dringend gesucht werden“. Jetzt brauche es daher eine Ankurbelung des Arbeitsmarktes und weniger Belastung auf den Faktor Arbeit und nicht zusätzliche Steuern auf die Beschäftigung.<BR /><BR />Der hds-Präsident wiederholt daher seinen Appell, den er bereits Anfang Oktober in einem „Dolomiten“-Interview an die Landesregierung gerichtet hatte (siehe digitale „Dolomiten“-Ausgabe): „Es ist momentan der falsche Moment für Steuererhöhungen. Die Politik sollte einen Stopp für neue Belastungen bis Ende 2023 einführen.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="701672_image" /></div> <BR /><BR />Die Gewerkschaft SGB/CISL spricht sich für einen sozial ausgerichteten Haushalt aus und fordert insbesondere die Beibehaltung des Freibetrags von 35.000 Euro beim regionalen IRPEF-Zuschlag: Gerade in dieser schwierigen Phase und ange-sichts der hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol dürfe es keine Steuererhöhung für Arbeitnehmer und Rentner geben, auch wenn die eventuelle Abänderung des IRPEF-Zuschlags erst nach 2023 ins Auge gefasst werde, heißt es von der Gewerkschaft. Nach Inkrafttreten des Mailänder Abkommens habe sich der SGB/CISL wiederholt für die Reduzierung des regionalen IRPEF-Zuschlags zugunsten von Arbeitnehmern und Rentnern eingesetzt. „Die erreichte Befreiung der Einkommen bis 35.000 Euro muss blieben, weil der regionale IRPEF-Zuschlag eine der wenigen Steuern ist, bei der Südtirol Gestaltungsspielraum hat und weil in Südtirol die Lebenshaltungskosten derart hoch sind“, so die SGB/CISL-Generalsekretäre Dieter Mayr und Donatella Califano. In Bezug auf die geplante Erhöhung der Wertschöpfungssteuer IRAP besteht der SGB/CISL hingegen weiterhin auf seine Forderung, dass nur jenen Betrieben eine Reduzierung dieser Steuer gewährt werden sollte, die vollinhaltlich Kollektivverträge einhalten, die von repräsentativen Sozialpartnern abgeschlossen werden.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="701675_image" /></div> <BR /><BR />Tony Tschenett, Vorsitzender des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB), kann nach erfolgter Genehmigung des Landeshaushaltes 2022 seitens der Landesregierung nur den Kopf schütteln: Trotz steigender Kosten im Bereich Familie, Soziales und Wohnbau, seien die Mittel im Vergleich zum Vorjahr nämlich um 70 Millionen Euro gekürzt worden. „Mir ist bewusst, dass wir mit klammen Landeskassen dastehen und an der Sparschraube drehen müssen. Nur befürchte ich, dass an den falschen Schrauben gedreht wird und deshalb solidarisieren wir uns mit Landesrätin Waltraud Deeg, die zu Protokoll gegeben hat, ihr Ressort sei unterfinanziert. Denn wenn ein Ressort, das sich um die Schwächsten der Gesellschaft zu kümmern hat, trotz bewiesenermaßen höheren Spesen weniger Mittel bekommt, dann scheint in der Prioritätensetzung etwas nicht zu stimmen“, so Tschenett.