Wie es dazu kommen konnte und wie die Begründung des zuständigen italienischen Gerichts lautete, erklärt Rechtsanwalt Martin Gabrieli aus Lana. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Der Fall:</b><BR /><BR />In einem Kondominiumsgebäude kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen 2 Miteigentümern. Gegen einen der beiden Herren, der im Besitz eines Jagdgewehrscheins war, wurde ein Strafantrag wegen vorsätzlicher Körperverletzung eingebracht. Obwohl das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingestellt worden ist, ordnete der örtlich zuständige Quästor von Sondrio den Widerruf des Waffenpasses an. <BR /><BR /><BR /><b>Wie das Gericht entschied:</b><BR /><BR />Gegen diese Entscheidung hat der betroffene Jäger Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht in Mailand eingebracht und argumentiert, dass es zu keiner strafrechtlichen Verurteilung wegen Körperverletzung gekommen war. Aus reiner Böswilligkeit hätte sein Kontrahent einen unbegründeten Strafantrag gegen ihn eingebracht, auf den er mit einer Strafanzeige wegen Falschbeschuldigung reagiert hat. Überhaupt hätte es sich bei der Auseinandersetzung mit dem Nachbarn um eine einzelne Episode gehandelt und niemals hätte er seine Waffe vorschriftswidrig verwendet. <BR /><BR />Laut Urteil Nr. 964 vom 16. April 2021 des Verwaltungsgerichts der Lombardei kommt es jedoch nicht darauf an, ob der Rekurssteller strafrechtlich verurteilt worden ist, sondern es muss sein Verhalten insgesamt geprüft werden. <BR /><BR />Voraussetzung für den Widerruf des Waffenscheins ist auch nicht zwingend ein missbräuchlicher Gebrauch einer Waffe, sondern es reicht, wenn der Betreffende ein aggressives oder bedrohendes Verhalten an den Tag legt, das vermuten lässt, dass es eines Tages zu einer unangemessenen Waffenbenutzung kommen kann. <BR /><BR /><embed id="dtext86-49069046_quote" /><BR /><BR />Im Anlassfall stand außer Zweifel, dass es in Folge länger schwelender Nachbarschaftsstreitigkeiten zu einer Auseinandersetzung gekommen ist, die das Ausmaß einer gewöhnlichen Diskussion überstiegen hat, zumal der Vorfall für beide Streithähne in der Notaufnahme endete. <BR />Für die Ausstellung und Beibehaltung des Waffenscheins muss der Interessierte aber eine einwandfreie Lebensführung, psycho-physische Ausgeglichenheit und ein ruhiges, transparentes Verhalten in Familie und Gesellschaft aufweisen. <BR /><BR />Laut Richtersenat verfügt die Verwaltungsbehörde in dieser Materie über einen sehr großen Ermessensspielraum. Das Recht der Gesamtheit der Bürger auf körperliche Unversehrtheit ist immer wichtiger als das ohnehin nur als Ausnahme vorgesehene Recht eines einzelnen, eine Waffe zu tragen. Letzteres kommt nur zum Tragen, wenn wirklich keine Gefahr erkennbar ist, dass der Betreffende die Waffe nicht missbräuchlich verwendet. Um diese Gefahr einschätzen zu können, muss das Verhalten des Einzelnen in all seinen Aspekten betrachtet werden, auch in Beziehung zu seinen Nachbarn. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde des Jägers somit abgewiesen und den Widerruf des Jagdgewehrscheins bestätigt.<BR />