Lockdown, Homeoffice, Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen... Die vergangenen 2 Jahre haben viel von der Menschheit abverlangt – und nicht alle haben sie unbeschadet überstanden. Nicht nur körperlich, auch psychisch blieb vieles auf der Strecke. Doch auch ohne Pandemie leben wir in einer fordernden Zeit: Der Leistungsdruck und die Geschwindigkeit steigt an, ständig müssen wir immer überall erreichbar sein, stets Höchstleistung bringen. Was macht das mit einem Menschen? Sehr viel, weiß Diplom-Neuromentaltrainerin Brigitte Furlani. <BR /><BR />Seit mehr als 10 Jahren hilft sie Menschen dabei, wieder zu sich selbst zu finden, um eine neue Lebensqualität zu erreichen. Im Gespräch mit s+ erzählt sie, was Neuromentaltraining überhaupt ist, warum jeder Mensch davon profitieren kann und worauf es in schwierigen Situationen ankommt.<BR /><BR /><b>Frau Furlani, einfach ausgedrückt: Was ist Neuromentaltraining?</b><BR />Brigitte Furlani: Es geht grundsätzlich um 2 Dinge: Um die Stärkung von Körper, Geist und Emotionen und um den Fokus. Im Neuromentaltraining lernt man, mit seinen Gedanken umzugehen, sie zu fokussieren und so seine Ziele zu erreichen- denn alles beginnt mit einem Gedanken. Das Besondere am Neuromentaltraining ist die neurowissenschaftliche Sichtweise auf das Mentaltraining. Dadurch können wir Menschen viel besser erklären, wie unser Gehirn funktioniert und warum wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten.<BR /><BR /><b>Wann brauche ich diese Art des Gedankentrainings? </b><BR />Furlani: Wir leben in einer schnelllebigen Welt, die immer mehr Menschen verausgabt, egal in welcher Berufsgruppe, egal welchen Alters. Neuromentaltraining ist deshalb grundsätzlich für jeden sinnvoll, der etwas verändern und wieder mehr Verantwortung für sein Leben übernehmen möchte. Man lernt, mit der Schnelllebigkeit und dem Leistungsdruck umzugehen, ohne, dass etwas von einem selbst auf der Strecke bleibt. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Wir bieten Methoden, um verschiedene Blockaden aufzulösen. Etwa für einen Schüler, der plötzlich Blackouts hat, oder einen Unternehmer, der früher selbstbewusst vor Menschen aufgetreten ist und das plötzlich nicht mehr kann. Man erlernt eine innere, positive Gedankenhaltung, die in jedem Moment des Lebens abgerufen werden kann.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-53251222_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Wie entstand diese Art des Trainings?</b><BR />Furlani: Die Methoden gibt es schon lange, richtig aufgeblüht ist das Mentaltraining aber in den 1970er-Jahren in der Sportpsychologie. Sportler, die zwar im Training gute Leistungen erzielten, in Wettkämpfen jedoch scheiterten, lernten mittels Mentaltraining, Bewegungsabläufe gedanklich durchzuspielen und diese dann im Wettkampf abzurufen, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Später nutzten auch Personen im Management diese Technik, Menschen, die täglich hohe Anforderungen an das Leben und ihren Job haben. <BR /><BR /><b>Wie unterscheidet sich Neuromentaltraining von einer Psychotherapie?</b><BR />Furlani: Das sind 2 ganz unterschiedliche Ansätze. Psychotherapeuten arbeiten mit psychisch kranken Menschen, das dürfen Neuromentaltrainer nicht. Wir arbeiten mit gesunden Menschen. Im Vordergrund steht die Lösungsorientierung. Menschen lernen, ihre Blockaden zu erkennen und auflösen. Sie lernen, Gedanken positiv einzusetzen, Negatives zu verändern und sich auf das zu fokussieren, was sie in ihrem Leben weiterbringt.<BR /><BR /><b>Ich entscheide mich für das Neuromentaltraining. Wo fange ich an?</b><BR />Furlani: Die Entscheidung, etwas zu ändern, ist bereits der erste Schritt. Dann folgen erste Kennenlern- und Informationsgespräche, anschließend werden Module erstellt und die Ausbildung beginnt. Der Kreis schließt sich mit einer Diplomarbeit und einer Abschlusspräsentation.<BR /><BR /><b>Das klingt nach einer regelrechten Ausbildung.</b><BR />Furlani: Tatsächlich ist die Akademie für Neuromentaltraining eine zertifizierte Akademie mit vorgeschriebenen Standards. Das heißt aber nicht, dass man unbedingt selbst Mentaltrainer werden muss. Sehr viele Menschen machen die Ausbildung, um sich selbst und die eigenen Schwächen besser kennen zu lernen und sie in Stärken umwandeln zu können. Nur, wenn die erlernten Übungen und Techniken in den Alltag einfließen, werden das Training und die Ausbildung nachhaltig und helfen ein Leben lang.<BR /><BR /><b>Welche Techniken sind das?</b><BR />Furlani: Grundsätzlich geht es zunächst um das Verständnis, wie Geist, Körper und Seele zusammenspielen. Wenn ich weiß, welche biochemischen Prozesse ein Gedanke auslöst, was das mit meinem Körper macht, kann ich lernen, negativen Situationen besser entgegenzuwirken. Ein wichtiger Punkt ist die Gedankenhygiene, also bewusst zu entscheiden, welche Gedanken ich zulasse und welche nicht. Grundsätzlich tendiert der Mensch dazu, zuerst nur das Negative zu sehen oder sich negativ beeinflussen zu lassen. Wer es schafft, auch negative Situationen oder Druck von außen als Chance oder Gelegenheit zu sehen, kann innerlich wachsen. Zum Training gehören unter anderem auch Atemübungen, um den Geist zu beruhigen und tief ins eigene Innere zu blicken, um herauszufinden, was einen davon abhält, seine Ziele zu erreichen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-53251226_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Wie lange muss man trainieren, bis man das schafft?</b><BR />Furlani: Das fragen mich viele, aber es gibt keine Antwort darauf. Es ist von Person zu Person unterschiedlich und abhängig davon, in welchem Entwicklungsstadion man sich befindet, welche Ziele man verfolgt, was man bereit ist, zu investieren. Ein Beispiel: Man entscheidet sich dazu, Bodybuilder zu werden mit dem Ziel, irgendwann ganz oben mitspielen zu können – will aber nur einmal die Woche trainieren. Diese Rechnung kann nicht aufgehen. Dasselbe gilt für das Training von Geist und Gedanken.<BR /><BR /><b>Wie kann mir Neuromentaltraining am Arbeitsplatz helfen?</b><BR />Furlani: Tatsächlich sind die Methoden heute eine anerkannte Präventivmaßnahme gegen Burnout. Die ständige Überforderung und der Leistungsdruck am Arbeitsplatz machen auf Dauer krank. Hier kann Neuromentaltraining helfen, besser mit dem Stress umzugehen und den Fokus nicht zu verlieren, also zielgerichtet zu arbeiten. Sich selbst und die eigenen Grundbedürfnisse zu kennen und besser in Griff zu haben. Es bringt nichts, einen Monat Urlaub zu machen und den Rest des Jahres pausenlos durchzupowern, das ist nicht gesund. Man kann lernen, Menschen besser einzuschätzen und dadurch Teams besser zu leiten. Oder auch, mit Niederlagen besser umzugehen und nicht daran zu zerbrechen.<BR /><BR /><b>Neuromentaltraining hilft aber nicht nur für Führungspersonen.</b><BR />Furlani: Nein, jeder kann davon profitieren. Bei Mitarbeitergesprächen kann es Führungspersonen helfen zu wissen, wie sie auf den Mitarbeiter wirken. Gehen sie positiv an ein Problem heran oder kritisieren sie lediglich von oben herab? Aber auch dem Mitarbeiter kann das Mentaltraining helfen, wenn er es dazu einsetzt, Kritik positiv und konstruktiv aufzunehmen, anstatt sich gekränkt zu fühlen. Wer als Führungsperson eine positive Ausstrahlung hat und motivieren kann, wird ein aktives, kreatives Team haben, das lösungsorientiert arbeitet.<BR /><BR /><b>Ist die Nachfrage in den letzten beiden Jahren während der Pandemie gestiegen?</b><BR />Furlani: Ja, definitiv. Vor allem ist mir die Orientierungslosigkeit vieler Menschen aufgefallen. Das Gefühl der Sicherheit war plötzlich weg: Viele haben ihren Job verloren oder waren in Zeitausgleich, Familien sind zerbrochen. Auch die Grundbedürfnisse nach Bindung und Kontakt blieben plötzlich auf der Strecke. Hier brauchten die Menschen Methoden, um wieder Struktur in das eigene Leben zu bekommen. Natürlich bieten wir als Mentaltrainer nur die Rahmenbedingungen. Die Eigenverantwortung, der Wille, etwas zu ändern, muss von einem selbst kommen. Ich sage immer: Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben, nur du hast es in der Hand. Die meisten von uns haben eigentlich von Anfang an alle Voraussetzungen, gut durchs Leben zu kommen, doch oft vergessen wir das oder werden von schlechten Situationen abgelenkt. Wer sich wieder auf sich selbst konzentriert und weiß, wer man ist, wird auch nicht mehr so leicht von äußeren Einflüssen aus der Bahn geworfen.<BR /><BR /><b>Kommt es auch vor, dass das Neuromentaltraining nicht funktioniert?</b><BR />Furlani: Meiner Erfahrung nach nicht, bislang konnte ich jeden erreichen. Beim ersten Gespräch werde ich oft gefragt, ob man ein Vorwissen braucht, um das Training zu starten. Dem ist natürlich nicht so. Das einzige, was man braucht, ist die Offenheit, Neues lernen zu wollen. Selbst der beste Trainer kann nichts erreichen, wenn das Gegenüber nicht offen ist - oder aber wenn die Chemie zwischen Trainer und Auszubildendem nicht stimmt, aber auch das ist mir bis heute noch nicht passiert. Wer bereit ist, seine Ängste hinter sich zu lassen, sich selbst und seine Grenzen kennenzulernen, kann von den Methoden des Neuromentaltrainings auf jeden Fall profitieren – ein Leben lang.<BR /><BR />