Immer mehr junge Menschen entscheiden sich nach der Schulkarriere gegen einen sofortigen Berufseinstieg und für ein Studium – auch, weil immer mehr Berufe einen Hochschulabschluss verlangen. Schon lange ist es möglich, die Studienjahre für die Rente nachzukaufen – aber noch nie war es so günstig wie jetzt.<BR /><BR /><BR /><BR /><i>Von Elisabeth Turker</i><BR /><BR />Wie vieles, was mit Vorsorge, Renten und Fonds zu tun hat, kann auch der Nachkauf der Studienjahre ein bürokratischer Aufwand sein. Dass er es wert ist, davon ist der Südtiroler Rentenexperte Helmuth Renzler überzeugt: „In meinen über 30 Jahren Berufserfahrung habe ich nur ein oder 2 Mal erlebt, dass sich der Nachkauf tatsächlich nicht ausgezahlt hat“, sagt er. Im Gegenteil: Die meisten würden es nachträglich bereuen, nicht schon zu Beginn der beruflichen Karriere gehandelt zu haben. Im Interview umfasst Renzler die wichtigsten Eckpunkte zum Nachkauf der Studienjahre.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="600887_image" /></div> <BR /><b>Herr Renzler, was sind ganz konkret meine Vorteile, wenn ich meine Studienjahre nachkaufe?</b><BR />Helmuth Renzler: Hier gibt es mehrere, und verschiedenster Art: Einerseits kann ich durch den Nachkauf in der Regel früher in Pension gehen – wenn auch nicht immer. Zudem erhalte ich eine höhere Pension, vor allem jene, die ab 1996 das erste Mal gearbeitet und sozial versichert waren. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich meine Studienjahre in 120 Monatsraten (also in 10 Jahren) abzahlen und vom zu besteuernden Einkommen abschreiben kann. Das heißt, ich erhalte einen Teil vom Staat wieder zurück. Selbst kurz vor Erreichen des Pensionsalters kann der Nachkauf interessant sein, da ich ihn jederzeit beantragen kann und auch nicht meine gesamte Studiendauer nachkaufen muss: Fehlen mir also nur ein paar Monate bis zur Pensionierung, kann ich diese aus meinem abgeschlossenen Studium nachkaufen.<BR /><BR /><b>Was kostet mich der Nachkauf?</b><BR />Renzler: Im Normalfall kostet der Nachkauf der Studienjahre 33 Prozent der durchschnittlichen Bruttoentlohnung der letzten 3 Monate vor Antragsstellung. Das heißt, wenn ich ein Bruttojahreseinkommen von 36.000 Euro habe, kostet mich ein Studienjahr 13.000 Euro. Die gute Nachricht: Seit Februar 2019 gibt es die Möglichkeit des vergünstigten Studiennachkaufs. Hier greift als Berechnungsgrundlage nicht die Gehaltssituation des Gesuchstellers, sondern ein Fixbetrag, womit mich ein Studienjahr nur noch rund 5240 Euro kostet. Aber: Diese vergünstigte Form kann lediglich bis 31.12.2021 beantragt werden. Wer also seine Studienjahre nachkaufen möchte, sollte sich dringend innerhalb des kommenden Jahres entscheiden, denn eine Verlängerung der Vergünstigung ist momentan noch nicht in Sicht.<BR /><BR /><b>Wer kann um den Nachkauf ansuchen?</b><BR />Renzler: Wichtigste Voraussetzungen sind ein abgeschlossenes Studium und mindestens eine Versicherungswoche. Ansonsten gibt es kaum Einschränkungen, es kann jeder Hochschulabschluss, jeder Bachelor und/oder Master nachgekauft werden – allerdings immer nur die in Italien vorgesehene Mindeststudienzeit. Selbiges gilt für berufsbildende Diplome, Spezialisierungsdiplome oder Forschungsdoktorate. <BR /><BR /><b>Wer kann vom begünstigten Nachkauf profitieren?</b><BR />Renzler: Für den begünstigten Nachkauf können all jene Personen ansuchen, deren Rente ausschließlich nach dem beitragsbezogenen System berechnet wird – also alle, die ab 1. Jänner 1996 studiert und rentenversichert gearbeitet haben. Für die Studienzeit bis zum 31.12.1995 gilt es die 33 Prozent zu zahlen und für die Studienzeit ab 1. Jänner 1996 die begünstigte Variante zu wählen.<BR /><BR /><b>Was, wenn ich bereits vor 1996 studiert habe?</b><BR />Renzler: Auch hier gibt es die Möglichkeit, die Studienjahre zum begünstigten Tarif nachzukaufen, allerdings nur, wenn man dafür optiert, die gesamte künftige Rente nach dem beitragsbezogenen System von 1996 zu berechnen. Das bringt jedoch viele in Schwierigkeiten, vor allem, wenn man schon einige Jahre an Rente angereift hat. Das kann sich ungünstig auf die künftige Rentenhöhe auswirken. Hier sollte man sich wirklich überlegen, ob es sich auszahlt, ein paar Jahre nachzukaufen und dafür aber weniger Rente zu erhalten oder ob es in diesem Falle nicht sinnvoller ist die Studienjahre nach der klassischen Berechnungsmethode nachzukaufen.<BR /><BR /><b>Wo stelle ich meinen Antrag?</b><BR />Renzler: Den Antrag zum Nachkauf der Studienjahre kann jedes Patronat stellen oder man kann dies auch selbst über die Homepage des NISF/INPS www.inps.it machen. Mein Tipp: Lassen Sie sich individuell beraten, denn jeder Fall ist anders und hat somit andere Konditionen. Aber wie gesagt: Auszahlen tut es sich fast immer.<BR /><BR /><b>Wann ist der richtige Zeitpunkt, den Antrag zu stellen?</b><BR />Renzler: Faustregel ist weiterhin: Je früher, desto besser. Bis Februar 2019 war dies wichtig, weil der Betrag auf das Bruttojahreseinkommen berechnet wurde und es somit in den ersten Arbeitsjahren weitaus günstiger war. Die Antragsstellung ist nicht bindend: Wenn ich mich anders entscheide und innerhalb von 3 Monaten die erste Rate nicht zahle, verfällt der Antrag automatisch. Und: Ich kann ihn jederzeit wieder stellen.<BR /><BR /><b>Ich habe im Ausland studiert: Kann ich meine Studienjahre trotzdem nachkaufen?</b><BR />Renzler: Für Studienjahre, die innerhalb der EU absolviert wurden, gibt es kein Problem, man muss lediglich den Studientitel in Italien anerkennen lassen - mit Ausnahme von österreichischen Studiengängen, die bereits zum Teil automatisch anerkannt werden. Auch kommt es darauf an, ob es bilaterale Abkommen zwischen den internationalen Versicherungsanstalten gibt. Eine Studienzeit in China kann beispielsweise nicht nachgekauft werden, dafür gib es kein Abkommen. <BR /><BR /><b>Ich habe zwar mein Studium abgeschlossen, war aber noch nie rentenversichert. Was dann?</b><BR />Renzler: Für ehemalige Studierende, die noch nie rentenversichert waren und noch steuerlich zu Lasten der Eltern leben, gibt es die Möglichkeit, dass deren Eltern um den Nachkauf ansuchen können. Diese können dann 19 Prozent der eingezahlten Beträge von ihrer zu bezahlenden Steuer abschreiben. Günstiger ist es allerdings, das Ansuchen selbst zu stellen.<BR /><BR /><b>Ich war bei mehreren Versicherungsanstalten versichert. Wo kaufe ich nach?</b><BR />Renzler: Wie gesagt: Eine Voraussetzung für den Nachkauf ist mindestens eine eingezahlte Versicherungswoche aufscheinen zu haben. Das muss nicht zwingend beim Fürsorgeinstitut NISF/INPS sein – auch wenn es dort am günstigsten ist. Man kann die Jahre auch bei den einzelnen Berufskassen nachkaufen, etwa der Rechtsanwaltskassa – allerdings zu anderen Bedingungen. Heutzutage arbeiten die wenigsten ihr ganzes Leben lang in einer Berufssparte, die jungen Menschen wechseln häufig Job und Branche und sind somit auch bei verschiedenen Rentenkassen versichert. Seit 2019 ist es möglich, diese akkumulierten versicherten Perioden zusammenzählen zu lassen und so leichter die Rentenvoraussetzung erreichen zu können. Natürlich kann ich nur bei einer Rentenkassa um den Nachkauf meiner Studienjahre ansuchen, bei der ich versichert war.<BR /><BR /><b>Welche Dokumente muss ich bei meiner Antragstellung dabei haben?</b><BR />Renzler: Mitzubringen sind ein gültiger Personalausweis, die Kopie des Studiendiploms sowie eine Bestätigung der jeweiligen Fakultät über die Dauer der Studienjahre. <BR /><BR /><b>Ich habe den Antrag gestellt, aber er wurde noch nicht bearbeitet. Muss ich mit einem Preisanstieg rechnen?</b><BR />Renzler: Nein. Der zum Zeitpunkt der Antragsstellung gültige Preis zum Nachkauf der Studienjahre wird blockiert. Zum Beispiel: Ich stelle im Dezember 2021 meinen Antrag um den begünstigten Nachkauf, und die Berechnung dauert 10 Jahre. Dann zahle ich auch mit der ersten Monatsrate im Dezember 2031 jenen Preis, der 2021 gültig war.<BR /><BR /><b>Wie erfolgt die Bezahlung der Monatsraten?</b><BR />Renzler: Derzeit erfolgt die Zahlung mittels Einzahlungsschein, da ein Dauerauftrag in Südtirol leider noch nicht möglich ist. Dies sollte sich aber bald ändern.<BR /><BR /><b>Ich zahle bereits meine Monatsraten ab, erlebe aber gerade einen finanziellen Engpass. Was tun?</b><BR />Renzler: In 10 Jahren kann viel passieren, und nicht immer bleibt das Geld für den Nachkauf übrig. Wer knapp bei Kasse ist, kann die Zahlung jederzeit aussetzen. Sollte die Aussetzung mehr als 30 Tage lang dauern, muss ein neuer Antrag für den verbleibenden Zeitraum gestellt werden, zu den dann gültigen Konditionen.<BR /><BR /><i>Neben den hier angeführten Beispielen gibt es noch andere günstige Möglichkeiten zum Nachkauf der Studienjahre. Es zahlt sich in jedem Fall aus, sich im Patronat oder beim Fürsorgeinstitut NISF/INPS zu erkundigen und eine Berechnung machen zu lassen.</i><BR />