Wir haben bei EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann gefragt, was das für das Südtiroler Handwerk bedeuten könnte.<b><BR /><BR />Herr Dorfmann, derzeit steht die Idee eines EU-Gütesiegels für traditionelle Handwerksprodukte im Raum. Was hat es damit auch sich?</b><BR />Herbert Dorfmann: Im Grunde ist die Idee jener aus dem Lebensmittelbereich sehr ähnlich. Dort wurden schon vor Jahrzehnten EU-Regeln geschaffen, um regionale Spezialitäten mit Ursprungsbezeichnungen geografisch zu schützen. In Südtirol haben wir 4 Produkte mit „geschützter geographischer Angabe“ (g.g.A.): Südtirol Wein, Südtiroler Apfel, Südtiroler Speck, und seit 2020 auch das Südtiroler Schüttelbrot. Auch der Stilfser Käse ist geschützt, allerdings als „geschützte Ursprungsbezeichnung“ g.U.<BR /><BR /><b>Welche Südtiroler handwerklichen Produkte hätten die Voraussetzungen, ein EU-Gütesiegel zu erhalten?</b><BR />Dorfmann: Meiner Meinung nach würden sich zum Beispiel die Südtiroler Schnitzprodukte eignen. Die traditionellen Holzschnitzereien erfüllen die notwendigen Voraussetzungen: Sie sind ein klassisches Produkt aus Südtirol, geographisch verbunden und der entscheidende Verarbeitungsschritt wird in der Region gemacht. Natürlich muss sich dann das Handwerk selbst überlegen, ob sie einen Mehrwert in dem Gütesiegel sehen.<BR /><BR /><b>Was ist ein konkreter Vorteil des Gütesiegels für die Handwerker?</b><BR />Dorfmann: Sie sind den Vorteilen aus dem Lebensmittelbereich sehr ähnlich: Einerseits hat man als Qualitätsprodukt einen Vorteil am Markt und ist auch geschützt. Gäbe es das EU-Gütesiegel Südtiroler Schnitzereien, kann ein solches Produkt, das nicht in Südtirol hergestellt wird, auch nicht mehr als solches bezeichnet werden. Ebenso kann ein Wein, der in den USA abgefüllt wird, nicht mehr als Südtiroler Wein bezeichnet werden.<BR /><BR /><b>„Was könnten denn bereits absehbare Schwierigkeiten sein?</b><BR />Dorfmann: Schwierigkeiten für die Produzenten sehe ich eigentlich keine. Jedes Handwerk, das einen Antrag stellen will, kann die Herstellungsnormen selbst festlegen. Wichtig ist zu betonten, dass ein Gütesiegel nicht von 2 oder 3 Unternehmen beantragt werden kann und es nur für deren Produkte gilt. Es handelt sich hierbei immer um eine Gemeinschaft. So könnte sich künftig jeder Holzschnitzer, der die festgelegten Voraussetzungen erfüllt, als Südtiroler Schnitzerei bezeichnen. Womit wir tatsächlich Schwierigkeiten haben – allerdings im Food-Sektor – ist, dass wir weltweit mit unserem Konzept der Ursprungsbezeichnung nicht verstanden werden. In den USA zum Beispiel gibt es den Markenschutz: Dort wird eine Marke angemeldet, beispielsweise als „Parmigiano Reggiano“. Dort trifft die EU dann auf viel Unverständnis, wenn wir mit unseren Ursprungsbezeichnungen kommen und sagen, das diese mehr Wert ist als die amerikanische Markenbezeichnung. Das Konzept des kollektiven geistigen Eigentums hat hier einfach keine Tradition, man kennt es nicht.<BR /><BR /><b>Ab wann wird man sich für das EU-Gütesiegel für Handwerksprodukte anmelden können?</b><BR />Dorfmann: Nun, derzeit handelt es sich ja lediglich um eine Einigung von Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Länder. Dieser Einigung muss nun von Seiten des Parlaments und auch der EU-Staaten zugestimmt werden. Meistens handelt es sich hierbei um eine Formsache, doch ganz in trockenen Tüchern ist die Sache noch nicht. Doch auch, wenn das EU-Gütesiegel beschlossene Sache ist, werden noch Jahre vergehen, ehe das erste eingetragen ist. Wir sehen es im Food-Bereich: Dort vergehen zwischen Antragstellung und Abschluss des Prozesses meist 2 bis 3 Jahre. <BR /><BR /><b>Ihr Fazit?</b><BR />Dorfmann: Ich hoffe, dass das Label gut angenommen wird. Wir haben in Europa viele Handwerksprodukte, die eine klare territoriale Bindung haben. Sollte das Gütesiegel beschlossen werden, hoffe ich, dass viele Handwerker diese Möglichkeit nutzen. Immerhin steigt durch das Qualitätslabel auch die Bekanntheit der Produkte – und sie sind besser geschützt.