Bevor wir dem Weg der heimischen Premium-Hotellerie an den „Lago“ folgen, tut eine grobe Einordnung gut. Der Gardasee ist mit einer Länge von 50 Kilometern Italiens größter See und rund 30 Mal länger als der Kalterer See. Er erstreckt sich über die 3 Provinzen Trentino (im Norden), Brescia (im Westen bis hinunter nach Sirmione), Verona (im Osten bis hinunter nach Peschiera). Die Anziehungskraft des Sees ist seit Jahrzehnten enorm – und sie nimmt immer weiter zu. So erzielte der Tourismus im Gardaseeraum 2022 mit 27 Millionen einen neuen Rekord bei den Nächtigungen. Südtirol kommt auf rund 34 Millionen, wobei es hierzulande im Gegensatz zum Gardasee auch eine starke Wintersaison gibt. <h3> Investitionswelle am Gardasee</h3>Der See zieht jedoch nicht nur Touristen magisch an, sondern ebenso Investoren. Auch Südtiroler Unternehmer und Bauherren haben in den vergangenen Jahrzehnten eifrig investiert – hauptsächlich in Ferienhäuser und Appartmentanlagen. Die neue Investitionswelle geht mehr in Richtung Premium-Hotellerie. Dies passt mit der – von Regionen und Gemeinden – gewünschten Entwicklung des Tourismus am Gardasee zusammen, der sich schrittweise von Masse in Richtung Klasse bewegen soll. <BR /><BR />Während etwa die Zahl der B&B-Betriebe stark abnimmt, steigt die Zahl der 5-Sternehäuser. Aktuell gibt es derer 11, in den nächsten Jahren sollen mindestens 5 neue dazukommen – ein Plus von 45 Prozent. <BR /><BR />Ein nicht unerheblicher Teil dieser neuen Luxus-Hotspots am „Lago“ wird von Südtiroler Hoteliersfamilien verwirklicht, die in der Heimat erfolgreiche Geschäftsmodelle an den Gardasee „exportieren“. Dazu zählt neben dem hohen Qualitätsniveau und einer entsprechenden Wertschöpfung auch der Ganzjahresansatz, der das Thema Wellness einschließt.<h3> „Alpiana“-Eigner eröffnen „Cape of Senses“</h3>Ein Beispiel ist das 5-Sterne-Hotel „Cape of Senses“ in Torri del Benaco, am Ostufer des Gardasees, oberhalb von Garda. Das Projekt der Familie Margesin, der das „Dolce Vita Hotel Alpiana“ (4 Sterne Superior) in Völlan gehört, wurde bereits fertiggestellt und soll im Juli eröffnet werden. Insgesamt 55 Suiten, einen großzügig angelegten Spa-Bereich und einen beeindruckenden Blick auf den nördlichen und den südlichen Gardasee bietet das Hotel, das in Albisano, etwas oberhalb des Ortskerns von Torri del Benaco liegt. <?Bereich TagName="Bild" BildRef="DBild/86-59698715"_> <BR />Ruhe und Nachhaltigkeit sind weitere Themen, die auf der Webseite des „Adults only“-Hotels angepriesen werden. Preislich wird sich das „Cape of Senses“ weit oben ansiedeln: Die Wochenpreise belaufen sich zu Beginn zwischen 4700 Euro für die Junior Suite (Belegung maximal 2 Personen) und 13.500 Euro für die Sky Pool Deluxe Suite mit eigenem Privat-Pool (Belegung maximal 3 Personen). Für ein Gespräch zum Projekt standen die Bauherren nicht zur Verfügung: „Wir sind eine zurückhaltende Unternehmerfamilie“, teilt man uns mit.<BR /><BR /><h3> Von St. Leonhard nach Gargnano</h3>Ebenfalls einen 5-Sterne-Betrieb will die Familie Pircher aus Passeier am Gardasee errichten. „Die Genehmigung, ausgestellt von der Region Lombardei, halten wir in Händen. Im Herbst können wir voraussichtlich mit dem Bau beginnen, die Eröffnung ist für Frühjahr 2025 anberaumt“, erzählt uns Sara Pircher, die mit ihrem Mann Hansi den „Stroblhof“ in St. Leonhard führt und das Projekt am „Lago“ betreut. In Gargnano, am touristisch weniger entwickelten Westufer des Gardasees, soll der „Stroblhof Lake Garda“ entstehen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-59699104_quote" /><BR /><BR />Von 2006 bis 2018 haben die die Pirchers ihren Betrieb in Passeier zu einem 4-Sterne-Superior-Hotel erweitert. Danach suchten sie nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten: „Im Raum standen mehrere Optionen. Uns wurden Hotels in Südtirol zum Kauf angeboten. Schließlich haben wir uns aber für ein neues Projekt am Gardasee entschieden.“ Die Gelegenheit, die sich geboten habe, sei einmalig gewesen. „Mit dem Projekt, das sicherlich die größte Investition unseres Lebens bedeutet, erfüllen wir uns einen Traum“, so Pircher. <BR /><BR />Das 5-Sternehotel soll in einem Naturschutzgebiet, dem Parco Alto Garda, gebaut werden. „Dort, wo aktuell noch ein Rohbau mit einer Fläche von 18.000 Kubikmetern steht, der einst als Altersheim geplant war. Seit Jahren steht das Heim unfertig als Schandfleck in der wunderschönen Natur“, sagt Pircher. „Für uns war es die Gelegenheit, etwas Einzigartiges zu erschaffen. Die Umwidmung des Grundes war nur möglich, weil das Areal bereits in Vergangenheit für touristische Zwecke genutzt worden war.“ Trotzdem habe sich der Genehmigungsprozess sehr in die Länge gezogen: „Das Projekt wurde von x Kommissionen geprüft, musste zahllose Instanzen passieren, wurde x Mal neu geprüft, analysiert und wieder zurückgeworfen. Bis auf die Bepflanzung wurde alles genau unter die Lupe genommen. Entsprechend erleichtert sind wir gewesen, als im April dieses Jahres das Ok kam.“<BR /><BR />In einem ersten Schritt wolle man 79 oder 113 Zimmer errichten, in einem zweiten Moment sei geplant, die Struktur auf 142 Zimmer zu erweitern. Die Entscheidung, nicht alles auf einmal zu realisieren, sei vor allem wegen des hohen Zinsniveaus getroffen worden. Einige Prozent mehr oder weniger machen bei solchen Investitionen schnell hohe Summen aus. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="899849_image" /></div> <BR />„Miniclub, Wellnessbereich, mehrere Wasserflächen, Wanderparcours und viele weitere Attraktionen sind zusätzlich zu den gastronomischen Angeboten vorgesehen.“ Platz genug sei da, zumal der Grund eine Gesamtfläche von fast 8 Hektar aufweist – darunter auch Hügel und Waldflächen. <h3> Warum Gardasee?</h3>Aber warum investiert die Familie Pircher überhaupt am Gardasee? „Wir sehen das Hotel als ideale Ergänzung zu unserem Betrieb in Südtirol an. Erstens, weil für viele unserer Gäste der Gardasee neben Südtirol zu den absoluten Sehnsuchtsorten gehört. Durch das Hotel in Gargnano und jenes in St. Leonhard können wir ihnen beides bieten – Urlaub in Südtirol und am Gardasee. Wir planen, Pakete zu schnüren, mit denen Gäste die Hälfte ihres Urlaubs in Südtirol und die Hälfte am Gardasee verbringen können. Um den Transfer von Hotel zu Hotel kümmern wir uns“, sagt die engagierte Gastwirtin.<BR /><BR />„Zweitens, weil wir am Gardasee zusätzlich zu den Südtirol-Gästen eine interessante, auch internationalere Klientel ansprechen können. Im Gegensatz zu Südtirol spielen am Gardasee zahlungskräftige Gäste von außerhalb der EU, etwa aus Großbritannien und den USA, eine wichtige Rolle. Drittens: Die Umgebung von Gargnano ist nicht so überfüllt wie der östliche Teil des Gardasees. Allerdings gibt es in dem kleinen Ort mit wenigen Tausend Einwohnern gleich 2 Sternerestaurants“, erläutert Pircher. Zu guter Letzt sei das Hotelprojekt auch eine Möglichkeit, um wertvolle Synergien zu nutzen: „Das Buchungsmanagement, das Marketing und Teile der Verwaltung samt Controlling sowie des Einkaufs können wir zusammenführen. Für uns als Familienunternehmen ist es eine Riesenchance noch professioneller zu werden.“ <h3> Huber peilt Eröffnung 2026/2027 an</h3>Dass es am Gardasee mitunter lange dauern kann, bis Projekte genehmigt werden, stellt aktuell auch Markus Huber vom 5-Sternehotel „My Arbor“ auf der Plose fest. „Die Gemeinden sind sehr daran interessiert, dass wir investieren, aber die Bürokratie ist schon eine Herausforderung. Wir haben unser Projekt vor 3 Jahren eingereicht. Binnen der nächsten 2 Jahre sollte es endlich grünes Licht geben“, hofft er. Sein 5-Sternehotel in Torri del Benaco will Huber 2026 oder 2027 eröffnen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-59699108_quote" /><BR /><BR />Neben den hier erwähnten Projekten befinden sich noch weitere 2 bis 3 Projekte von Südtiroler Hoteliersfamilien in der Pipeline – allesamt im sehr gehobenen Segment. Gegenüber diesem Medium wollten sich die betreffenden Bauherren zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch nicht dazu äußern. <h3> „Politiker kommen zu mir und bedanken sich“</h3>Einer, der mit seinem Engagement im 5-Sterne-Segment am Gardasee wohl anderen als Inspiration dient, ist Heinrich Dorfer („Quellenhof“ und „Quellenhof See Lodge“). 2019 nahm er sein „Quellenhof Luxury Resort“ in Betrieb. Die Investitionen, die er bis dato getätigt habe – er spricht von knapp 40 Millionen Euro – hätten sich gelohnt. 58 Zimmer zählt das Luxushotel, einen großen Wellnessbereich und seit Kurzem auch Sportanlagen mit Tennis-, Padel- und Fußballplätzen. Ebenfalls Teil des Dorfer-Angebots ist das bekannte Restaurant samt Eventbereich „La casa degli spiriti“ in Costermano.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="899852_image" /></div> <BR />Seine Erfahrungen am Gardasee seien bislang äußerst positiv gewesen: „Die Auslastung ist wirklich überaus gut. Selbst in den am Gardasee touristisch schwächeren Wintermonaten sind die Zahlen gut. Im Dezember lag die Auslastung bei 96 Prozent, im Jänner und Februar bei über 90 Prozent. Die Preise, die man am Gardasee erzielen kann, sind sehr interessant.“ Und wie findet Dorfer die wachsende Konkurrenz am „Lago“ durch Südtiroler Hoteliers? „Grundsätzlich begrüße ich das sehr. Der Gardasee strebt in Richtung Qualität und Südtirol ist diesbezüglich sicherlich Vorreiter. Es gibt kaum eine andere Region in Europa, die ein derart hohes Niveau in der Hotellerie aufweist wie Südtirol.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-59699303_quote" /><BR /><BR />Eine Befürchtung hat Dorfer allerdings: „Ich hoffe nur, dass keiner die Zimmerpreise zu niedrig ansetzt. Es wäre wirklich schade, wenn wir uns selbst die Preise kaputt machen würden.“<BR /><BR />Was die Verwaltung in Lazise angeht, bestätigt auch Dorfer, dass die Prozeduren alles andere als schnell gehen. „Da musste ich manches Mal schon viel Geduld mitbringen. Teils ist man auch sehr viel restriktiver als in Südtirol. Wer also mit der Erwartung an den Gardasee geht, sein Projekt schnell und unkompliziert durchboxen zu können, wird schnell ein böses Erwachen erleben. Allerdings wird man von der Politik grundsätzlich mit offenen Armen empfangen, das muss ich schon sagen, auch die mediale Öffentlichkeit ist positiv eingestellt. Man fühlt sich als Unternehmer aus Südtirol absolut willkommen. Regelmäßig kommen Gemeindepolitiker zu mir ins Hotel und bedanken sich höchstpersönlich. Das zeigt schon, welchen Stellenwert man dem Tourismus und Investitionen in diesen Bereich einräumt“, so Dorfer. „Davon kann sich Südtirol schon mehr als nur eine Scheibe abschneiden.“ <h3> „Bis zu 20 Bewerber auf eine einzige Stelle“</h3>Beim Thema Arbeitskräfte meint Dorfer, dass die Situation am Gardasee besser sei als in Südtirol: „Auf eine Stelle bekommen wir auch 20 Bewerbungen. Freilich sind nicht alle perfekt geeignet für unser Hotelniveau, aber immerhin ist ein großes Interesse da. Wir kommen den Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitszeiten entgegen, zahlen gut, bieten interessante Zusatzleistungen, top ausgestattete Mitarbeiterhäuser – das wird sehr geschätzt.“<BR /><BR />Apropos Mitarbeiter: Sara Pircher sieht in ihrem „Stroblhof Lake Garda“ auch eine interessante Bereicherung für die Beschäftigten: „Wir können unseren Mitarbeitern künftig 2 Arbeitsorte anbieten. Das erhöht unseren Wert als attraktiver Arbeitgeber.“ <BR /><BR /><BR />