Rechtsanwalt Martin Gabrieli* schildert den Fall – und wie die Gerichte entschieden haben.<BR /><BR /><b>Der Fall:</b><BR />Bei einem Verkehrsunfall im Friaul ist eine Beifahrerin ums Leben gekommen, während 2 weitere Mitfahrer schwer verletzt wurden. Der Autolenker war zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert und viel zu schnell unterwegs und musste sich wegen Tötung sowie wegen Körperverletzung im Straßenverkehr verantworten. Hauptsächlich ging es im Strafverfahren jedoch um die Frage, ob der Umstand, dass die gestorbene Beifahrerin nicht angeschnallt war, für den Angeklagten relevant strafmildernd wirkt oder nicht. <BR /><BR /><b>Wie die Gerichte entschieden:</b><BR />Vor dem Landesgericht Udine sowie im Berufungsverfahren am Oberlandesgericht Triest ist der Angeklagte für schuldig gesprochen und letztlich zu einer Gefängnisstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verurteilt worden. Dabei hat der junge Mann auch vom automatischen Strafnachlass eines Drittels profitiert, der von der Strafprozessordnung für die Wahl eines verkürzten Verfahrens vorgesehen ist. <BR /><BR />Die Ermittlungen hatten ergeben, dass die tödlich verletzte Mitfahrerin nicht angeschnallt gewesen war, sondern dass sie den Sicherheitsgurt nur hinter dem Rücken in das Gurtschloss gesteckt hatte, um das akustische Warnsignal zu umgehen.<BR /><BR />Der Angeklagte war der Auffassung, dass das Mitverschulden der Beifahrerin als erheblich einzustufen sei und ihm deshalb eine höhere Strafminderung zustehen müsse als von den Instanzgerichten zuerkannt. Vor dem Kassationsgerichtshof in Rom argumentierte die Verteidigung, durch das hörbare Klicken der Gurtschnalle beim Einstecken in das Gurtschloss, das Verstummen des Warntons und das Erlöschen der roten Sicherheitsgurt-Warnleuchte im Auto musste der Lenker davon ausgehen, dass die mündige Beifahrerin auch ordnungsgemäß angeschnallt war. Zudem war es zu jener Nachtstunde im Auto zu dunkel, als dass er sich hätte vergewissern können, dass die Dame neben ihm den Gurt auch richtig angelegt und das Anschnallen nicht nur simuliert hatte. <BR /><BR />Die Höchstrichter nahmen zu diesem Punkt jedoch eine rigide Haltung ein: Schon vor dem Start des Motors muss ein Autolenker penibel prüfen, ob alle Mitfahrer ordnungsgemäß angegurtet sind. Weigert sich ein Beifahrer, den Sicherheitsgurt anzulegen, so darf nicht einmal losgefahren werden und jener Person ist die Mitfahrt zu verweigern. <BR /><BR />Laut dem aufgenommenen rechtsmedizinischen Gutachten war die Unfalldynamik hier im Übrigen so heftig und unglücklich, dass die Beifahrerin höchstwahrscheinlich auch gestorben wäre, wenn sie sich angeschnallt hätte. Ursächlich für ihren Tod waren die Unachtsamkeit des Fahrers, wohl bedingt durch den erheblichen Alkoholwert im Blut, sowie die viel zu hohe Geschwindigkeit des Fahrzeugs zum im Moment des Unfalls und also nicht einmal die Nichtbefolgung der Gurtpflicht. <BR />Mit Urteil Nr. 39136 vom 18. Oktober 2022 ist die Kassationsbeschwerde somit abgewiesen und die Gefängnisstrafe aus der Vorinstanz definitiv geworden. <BR /><BR /><BR />* <i>Martin Gabrieli ist Rechtsanwalt in Lana.</i>