<i>Von Ferry Batzoglou aus Athen</i><BR /><BR />Mit Spannung hatte man in Athen die Bilanz der ersten 5 Monate des laufenden Jahres im für Hellas so wichtigen Tourismussektor erwartet. Jetzt gab sie die Athener Notenbank (TTE) offiziell bekannt: im Vergleich zum Rekordjahr 2019 lag die Zahl der Ankünfte der Urlauber aus dem Ausland in Griechenland im Zeitraum von Anfang Januar bis Ende Mai mit 4,3 Millionen zwar um 18,3 Prozent niedriger. Ferner haben sich die Direkterlöse mit 2,5 Milliarden Euro um 12,2 Prozent verringert. Die Ausgaben pro Reise erhöhten sich jedoch um 8,6 Prozent. <BR /><BR />Das lässt die Griechen hoffen. Vassilis Kikilias sprüht vor Zuversicht.„Die Direkterlöse aus dem Tourismus werden das Niveau von 2019 übertreffen“, sagte er der angesehenen Athener Sonntagszeitung „To Vima“.<BR /><BR />Kikilias, 48, Ex-Basketballprofi, Arzt, seit August 2021 griechischer Tourismusminister, ist zwar von Amts wegen Berufsoptimist. Doch er könnte Recht haben, ausdrücklich in puncto Direkterlöse.<BR /><BR />Ob Inseln wie Santorin, Mykonos, Paros, Rhodos, Kos, Kreta oder Korfu und die Millionenmetropolen Athen und Thessaloniki: NIcht nur die bisher vorliegenden Statistiken belegen, dass Griechenland nach dem desaströsen ersten Coronajahr 2020 und dem eher mageren zweiten Coronajahr 2021 wieder auf seinen Wachstumsmotor Nummer eins setzten kann: die Reisebranche.<BR /><BR />Vor allem die Dynamik in den für den griechischen Tourismussektor mit Blick auf die Ankunftszahlen der Touristen aus dem Ausland sowie die Direkterlöse entscheidenden Sommermonaten Juli bis September, aber auch Frühbuchungen bis tief in den Herbst hinein lassen die Herzen der hellenischen Touristiker abermals höher schlagen. <BR /><BR />Dies gilt primär in Sachen Direkterlöse aus dem Tourismus. Nicht nur Minister Kikilias, sondern auch Branchenexperten in Athen gehen derweil offen davon aus, dass die Direkterlöse in diesem Jahr die historische Marke von 20 Milliarden Euro erreichen oder gar brechen könnten. <BR /><BR />Dies wäre ein Meilenstein. Denn das bisherige Rekordhoch stammt just aus dem Jahr 2019. Ohne Corona, ohne Krieg in Europa. Die griechischen Tourismuseinnahmen hatten 2019 ein Allzeithoch von 18,2 Milliarden Euro erreicht.<BR /><BR />Werden es im laufenden Jahr tatsächlich 20 Milliarden Euro oder gar mehr sein, würde dies eine glatte Verdoppelung im Vergleich zum zweiten Coronajahr 2021 bedeuten. Laut Athener Notenbank (TTE) hatten die Direkterlöse aus dem griechischen Tourismus im Gesamtjahr 2021 lediglich 10,7 Milliarden Euro betragen. Dies entsprach 59 Prozent der Direkerlöse in der hellenischen Reiseindustrie von 2019. <BR /><BR />Ob die Zahl der Ankünfte der Touristen aus dem Ausland in Griechenland so hoch wie oder höher als im bisherigen Rekordjahr 2019 sein wird, ist fraglich. Zur Erinnerung: Im Jahr 2019 wurden noch 31,5 Millionen Griechenland-Urlauber aus dem Ausland gezählt. Dies liegt auch daran, dass Griechenland in diesem Sommer den Totalausfall russischer und ukrainischer Urlauber zu verkraften hat.<BR /><BR />Was unterm Strich für Kikilias und Co. jedoch vor allem zählt: die Kasse hat zu klingeln. Dass die Direkterlöse aus dem griechischen Tourismus im laufenden Kalenderjahr ein neues Allzeithoch erreichen könnten, hat gute Gründe: die Zahl der Griechenlandurlauber aus den USA steigt in diesem Jahr massiv an - auch dank vieler neuer Direktflüge aus den USA nach Hellas. Gut für die Griechen. Denn US-Urlauber sind traditionell besonders ausgabefreudig. Der derzeit schwache Euro im Wechselkurs zum Dollar befeuert nicht nur ihre Reiselust, sondern auch ihren Konsum im Euroland Griechenland noch mehr. <BR /><BR />Ferner liegt der gestiegene Umsatz in der hellenischen Reisebranche an der hierzulande grassierenden Inflation. Die Preissteigerung in Griechenland ist deutlich höher als im EU-Durchschnitt. Die Preise stiegen im Juni in Griechenland im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat um 12,1 Prozent - Tendenz weiter steigend. <BR /><BR />Besonders in beliebten hellenischen Touristendestinationen hat sich zudem schon früh in der Reisesaison eine spürbare Abzocke-Kultur breitgemacht. Ob die Preise für Hotels, griechischen Bauernsalat, Sonnenliegen oder Fährtickets: Das Motto lautet heuer landauf, landab: Teuer, teurer, Griechenland. <BR /><BR />Fakt ist: Kein Land in Europa ist so abhängig vom Tourismus wie Griechenland. Nach Angaben des Verbandes der griechischen Touristikunternehmen (SETE) betrug der Anteil der Reisebranche an Hellas' Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2019 knapp 21 Prozent und an der Beschäftigung mit fast 950.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 22 Prozent. <BR /><BR />Griechenland strebt mittelfristig ein starkes Wachstum im Tourismussektor an. Wie der Anfang des Jahres vorgelegte „Nationale Aktionsplan für den griechischen Tourismus“ vom Touristikverband SETE vorsieht, sollen sich die Tourismuseinnahmen in Athen bis zum Jahr 2030 auf 27 Milliarden Euro erhöhen. Dann sollen 50 Millionen Touristen ihren Urlaub in Hellas verbringen und dabei 307 Millionen Übernachtungen tätigen. <BR /><BR />