Die italienische Regierung hingegen versucht, den Deal mit politischem Druck zu verhindern – ein Streit, der zum Testfall für Europas Finanzarchitektur werden könnte.<BR /><BR />In der Bankenwelt herrscht keine Sommerflaute, sondern ordentlich Bewegung. Grund ist die geplante Übernahme der Banco BPM durch Unicredit, die vergangene Woche eine zentrale Hürde nahm: Die EU-Wettbewerbshüter genehmigten den Zusammenschluss – unter der Bedingung, dass Unicredit 209 Filialen abgibt, um in bestimmten Regionen keine marktbeherrschende Stellung einzunehmen. Betroffen sind vor allem die Provinzen Verona, Modena, Catania und Alessandria.<BR /><BR />Für Unicredit sind die Filialverkäufe ein notwendiger Preis – für kleinere Banken wie die Sparkasse und die Volksbank hingegen könnten sie eine strategische Gelegenheit zum Wachstum bieten. Sparkassen-Generaldirektor Nicola Calabró signalisierte bereits vor Monaten Interesse an einigen der Geschäftsstellen. <BR /><BR />Das Interesse an Filialübernahmen bestätigte nun auch Präsident Gerhard Brandstätter gegenüber den „Dolomiten“: „Die Sparkasse ist und bleibt eine regional verankerte Bank. Falls es für eine Effizienzsteigerung Sinn machen sollte, um unsere bestehende Präsenz zu optimieren, könnte es in Frage kommen.“ Kurzum: Es wird geprüft. <BR /><BR /> Ebenso bei der Volksbank. Generaldirektor Alberto Naef erklärte auf Nachfrage: „Die Volksbank setzt bei ihrem Wachstum vor allem auf neue Filialen und die Erweiterung bestehender Standorte. Möglich wäre aber auch, diesen Weg durch die Übernahme von Geschäftsstellen in Norditalien zu beschleunigen. Unsere solide Kapitalausstattung erlaubt es uns, Übernahmen ins Auge zu fassen, durch die die Bank um bis zu 30 Prozent wachsen könnte. Wir prüfen dabei genau, ob ein Zukauf sinnvoll ist – sowohl was die zusätzlichen Erträge betrifft als auch mit Blick auf weitere Wachstumschancen.“<BR /><BR />Bevor das Rennen um die frei werdenden Filialen – auch mit Südtiroler Beteiligung – in die nächste Phase geht, muss die Übernahme selbst weiter an Kontur gewinnen.<h3> Interesse der BPM-Aktionäre nahe null</h3>Derzeit läuft das öffentliche Übernahmeangebot (OPS): Unicredit bietet den Aktionären von Banco BPM an, ihre Anteile bis 23. Juli gegen Unicredit-Aktien zu tauschen. Doch die Resonanz ist bislang miserabel: Die Annahmequote liegt bei nahezu null Prozent. <BR /><BR />Das hat zwei Hauptgründe: Zum einen bietet Unicredit keinen Aufschlag auf den aktuellen Marktpreis – das Angebot ist für viele Aktionäre nicht attraktiv genug. Zum anderen sorgt vor allem die politische Unsicherheit für Zurückhaltung – gerade bei institutionellen Investoren. Wer will einem Deal zustimmen, dessen Umsetzung auf wackligen Beinen steht?<h3> Rom zückt seine „Superkraft“</h3>Die Regierung in Rom versucht inzwischen nämlich den Deal über ein Sonderrecht zu stoppen: Die sogenannte „Golden Power“ erlaubt staatliche Eingriffe in strategisch sensible Übernahmen. Und genau das sieht Premierministerin Giorgia Meloni im Fall Banco BPM gegeben. Der Auslöser: Die enge Verbindung zwischen BPM und dem Vermögensverwalter Anima Holding, an dem BPM rund 20 Prozent hält. Anima verwaltet nicht nur Kundengelder von BPM, sondern investiert Milliarden in italienische Staatsanleihen.<BR /><BR /> Die Regierung befürchtet, dass Unicredit – sollte sie BPM übernehmen – indirekt zu viel Einfluss auf Anima und damit auf die Staatsfinanzierung erlangt. „Insbesondere geht es darum, bestehende Investitionsquoten Animas in italienischen Staatspapieren zu sichern“, erklärt Europarechts-Professor Peter Hilpold. Deshalb versucht Rom, sich auf Artikel 21 Absatz 4 der EU-Fusionskontrollverordnung zu berufen – mit dem Argument der öffentlichen Sicherheit.<BR /><BR />Doch juristisch ist diese Argumentation mehr als fragwürdig, wie Hilpold betont: „Laut EU-Recht ist die Berufung auf öffentliche Sicherheit kein Freibrief für nationale Alleingänge. Die Kommission bleibt in diesem Bereich Aufsichtsbehörde und kann nationale Maßnahmen blockieren oder aufheben.“ Die Kommission habe bereits ein sogenanntes EU Pilot-Verfahren eingeleitet. Eine Entscheidung könnte allerdings bis zu neun Monate dauern – eine Zeitspanne, die Unicredit kaum abwarten will.<h3> Ein europäischer Präzedenzfall</h3>Der Streit wirft eine grundlegende Frage auf: Ist Europa bereit, größere und wettbewerbsfähige Banken zuzulassen, wie sie in den USA oder China längst Standard sind? Oder bleibt der europäische Bankensektor aufgrund nationaler Blockaden und politischer Kleinteiligkeit weiter zersplittert? <BR /><BR />„Die Auseinandersetzung um BPM und Unicredit ist ein Testfall für die Bankenunion und langfristig auch für die Kapitalmarktunion – und damit für Europas Fähigkeit, im internationalen Wettbewerb zu bestehen“, so Hilpold.