Alexander Rieper über die gestiegenen Rohstoffpreise und die Konsequenzen für die Produzenten, die Bauern und die Konsumenten.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Rieper, die Getreidepreise sind letzthin stark gestiegen. Was ist der Grund?</b><BR />Alexander Rieper: Sprechen wir von Getreide, also von Mais und Weizen, dann sind die Gründe vor allem wetterbedingt niedrigere Erträge als in anderen Jahren. Das ist nicht nur bei uns der Fall, sondern auch in großen Exportländern wie Frankreich und Russland. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Die Nachfrage ist heuer also größer als das Angebot?</b><BR />Rieper: Aufgrund geringerer Erntemengen und gestiegener Nachfrage aus Drittländern kommt es zu einer Verknappung von Mais und Weizen und damit zu Preissteigerungen. Bei Soja ist die Sachlage wieder anders.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Nämlich?</b><BR />Rieper: Dort ist der Preis am Weltmarkt zwar leicht rückläufig, aber jene Soja, die in Südtirol von den Futtermittelproduzenten verarbeitet wird, also die größtenteils in Italien angebaute gentechnikfreie Soja, ist knapp.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Warum?</b><BR />Rieper: Gentechnikfreie Soja wird immer gefragter, da der europäische Konsument klimabewusster ist, als dies in anderen Kontinenten der Fall ist. Es gibt in Europa nicht so viele Länder, in denen man gentechnikfreie Soja anbauen kann, daher ist die Ware knapp und der Preis dementsprechend höher.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="673730_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Wie hoch sind die Preissteigerungen für gentechnikfreie Soja?</b><BR />Rieper: Im vergangenen Jahr hat es Preissteigerungen von bis zu 70 Prozent gegeben. Der normale Sojapreis, beispielsweise in den USA, ist hingegen nur um 15 Prozent gestiegen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Sind auch noch andere Rohstoffe teurer geworden?</b><BR />Rieper: Ja, der Zuckerpreis ist beispielsweise um 40 Prozent gestiegen, frische Früchte kosten 3 Mal so viel wie noch vor einem Jahr. Zudem sind die Energiekosten, die Transportkosten und die Preise für Verpackungsmaterial teilweise stark gestiegen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Wie wirkt sich das auf die Lebensmittelproduzenten aus?</b><BR />Rieper: Die Lebensmittelproduzenten haben einen sehr hohen Wareneinsatz von 65 bis über 70 Prozent, daher müssen Änderungen bei den Rohstoffpreisen weitergereicht werden, um die Substanz der Betriebe nicht zu gefährden. Die Margen der Lebensmittelproduzenten sind einfach zu gering, um gestiegene Rohstoffpreise aufzufangen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Das bedeutet, dass also die Lebensmittepreise für den Konsumenten steigen werden?</b><BR />Rieper: Die Lebensmittelpreise müssen eigentlich steigen, allerdings sind die Auswirkungen auf den Konsumenten meistens gering. <BR /><BR /><BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Rieper: Die Umsetzung von Preissteigerung mit dem Handel ist nicht immer einfach. Bezogen auf unseren Betrieb, müsste der Südtiroler Milchbauer momentan 4 Cent mehr bekommen, um die Preissteigerungen aus den Futterkosten für sich kompensieren zu können. Angenommen ein Haushalt konsumiert 20 Liter Milch pro Monat, macht diese Preissteigerung 80 Cent pro Monat aus. Das wirkt sich also kaum auf die Haushaltskasse aus. Wenn der Handel diese Preissteigerungen aber nicht an den Konsumenten weitergibt und diese 4 Cent nicht beim Bauern ankommen, und das ist leider oftmals der Fall, dann bleiben die höheren Kosten allein beim Bauern hängen. Dort kann es auch um das wirtschaftliche Überleben gehen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Die gestiegenen Rohstoffpreise bekommen also vor allem die Verarbeiter zu spüren, beispielsweise die Bauern oder die Bäcker?</b><BR />Rieper: Nicht nur. Meines Erachtens ist es wichtig, die gestiegenen Preise weiter zu reichen. <BR /><BR /><BR /><b>Wann werden die Rohstoffpreise Ihrer Meinung nach wieder sinken?</b><BR />Rieper: Das kommt ganz auf die Qualität und Menge der zukünftigen Ernten an. Wenn die Erntemengen im kommenden Jahr wieder steigen, dann werden auch die Preise wieder sinken, wenn die Erntemengen aber weiterhin gering bleiben, dann bleiben die Preise hoch. Langfristig werden sich die Lebensmittelpreise aber auf einem höheren Niveau als zuletzt einpendeln. Nur so können lokale Produktionsbetriebe, die sich in der Pandemie als sehr wichtig erwiesen haben, gehalten und gesichert werden.<BR /><BR /><BR /><b>Wie sind die Lebensmittelproduzenten bislang durch die Coronakrise gekommen?</b><BR />Rieper: Es ist ganz unterschiedlich. Man kann nicht sagen, dass die Lebensmittelhersteller generell besser durch die Pandemie gekommen sind als andere Branchen. Wir haben Betriebe, die ein Minus von bis zu 90 Prozent hinnehmen mussten, beispielsweise im Bereich Wein und Spirituosen. Es gibt Betriebe im Tiefkühlbereich, die den Mensen und der Gastronomie zuliefern, diese konnten monatelang keinen Umsatz erwirtschaften. Also alle Zulieferer für Hotellerie und Gastronomie hatten in dieser Krise schwer zu kämpfen. Jene Betriebe hingegen, die den Handel beliefern, konnten auch während der Krise sehr gut arbeiten. <BR /><BR /><BR /><b>Sollte es wirklich zu einem erneuten Lockdown im Herbst und Winter kommen, wie würde sich das auf die Lebensmittelproduzenten auswirken?</b><BR />Rieper: Auch wenn ein Teil der Lebensmittelunternehmen seine Umsätze halten kann, wäre der Schaden, für die gesamte Wirtschaft immens. Ausbleibender Tourismus in Südtirol wirkt sich auf die gesamte Wirtschaft und jeden von uns aus. Daher muss alles getan werden, um eine erneute Schließung von Wirtschaftsbereichen zu vermeiden. Einen weiteren Lockdown würden einige Betriebe, die bislang noch durchgehalten haben, nicht mehr schaffen. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Bei einem weitern Lockdown würde es Ihrer Meinung nach also zu mehreren Konkursen kommen?</b><BR />Rieper: Ja, auch von an sich gesunden Unternehmen. Kein Betrieb kann Schließungen längerfristig verkraften.