Was es damit auf sich hat, erklärt Manfred Gius, der Geschäftsführer von Biwi (früher Biogas Wipptal), die in Pfitsch eine Biogasanlage betreibt und nun enge Kontakte zur deutschen Raumfahrtbehörde hat, im Interview mit s+.<BR /><BR /><b>Herr Gius, eine Biwi-Delegation war kürzlich im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Lampoldshausen in Baden-Württemberg zu Gast. Dabei fand ein erster Austausch statt und es hieß, die Gespräche würden weitergehen. Wie ernst gemeint ist denn die Idee, dass Raketen eines Tages dank der Wipptaler Kühe starten sollen?</b><BR />Manfred Gius: Es hört sich zwar etwas abenteuerlich an, ist aber schon ernst gemeint. Zur Erklärung: Die Trägerraketen Ariane der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA werden unter anderem mit Wasserstoff betrieben, die Amerikaner hingegen verwenden für ihre SpaceX-Raketen schon länger verflüssigtes Methan, also LNG. Die Europäer wollen da jetzt nachziehen, weshalb die nächste Generation der Ariane-Raketen von Wasserstoff auf Methan umgerüstet werden soll. Derzeit laufen die entsprechenden Versuche. <BR /><BR /><b>Und wie kommt die Wipptaler Biogasanlage ins Spiel?</b><BR />Gius: Für die Triebwerke dieser Trägerraketen ist Gas aus Erdgasleitungen nicht geeignet, weil es hochreines Methan braucht, das aber in Europa selten vorkommt. Aktuell muss es die Raumfahrtbehörde aus Schweden importieren. Das ist unser Vorteil: Denn aufgrund unseres Reinigungsprozesses erzeugen wir hochreines Methan. Und wir speisen es auch nicht ins Gasnetz ein, weil wir in Sterzing gar keine Gasleitung haben, sondern verflüssigen das Gas zu LNG. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="848030_image" /></div> <BR /><BR /><b>Dieses verflüssigte Methan, das in Pfitsch produziert wird, wird heute für Lkws verwendet, etwa für die Fahrzeuge von Fercam. </b><BR />Gius: Genau, ein Teil unserer Produktion geht heute an die Frächter, die Gesellschafter sind, und einen Teil verkaufen wir an externe Kunden aus dem Transportwesen. Über einen Geschäftspartner ist nun dieser Kontakt zur ESA und die konkrete Idee entstanden, dass wir LNG auch nach Deutschland liefern. Zunächst einmal nur für die Versuche, die noch mehrere Jahre laufen werden. Aber wenn sie dann erfolgreich sind, wovon auszugehen ist, dann werden die Raketen mit LNG in die Atmosphäre fliegen. <BR /><BR /><b>Sie sprechen von einer „konkreten Idee“: Wie konkret ist sie? </b><BR />Gius: Sie ist schon konkret, aber einen Vertrag haben wir noch nicht unterzeichnet. Davor müssen wir in der Produktion noch etwas verbessern, anhand von Analysen nachweisen, dass unser Gas die erforderliche Qualität hat usw. Es sind noch einige Hausaufgaben zu machen, aber wenn die erledigt sind, dann schaut es sehr gut aus.<BR /><BR /><b>Wie viel LNG könnte Biwi an der Raumfahrtbehörde liefern? </b><BR />Gius: Das ist noch nicht definiert. Das wird der Verwaltungsrat entscheiden; es wird auch davon abhängen, wie man sich strategisch positionieren will. <BR /><BR /><b>Wäre der Deal für Biwi auch finanziell interessant?</b><BR />Gius: Er wäre wirtschaftlich sicher nicht uninteressant. Eine goldene Nase würde man sich wohl nicht verdienen, aber man hätte über eine längere Zeit – solche Verträge laufen ja meistens mehrere Jahre – einen konstanten Abnehmer zu einem bestimmten Preis, der vielleicht auch an den Gaspreis TTF der Amsterdamer Börse gekoppelt ist und im hohen Segment liegen würde.<BR /><BR /><b>Wie viel Methan wird heute in Pfitsch produziert?</b><BR />Gius: Nachdem wir erst in der Startphase sind, haben wir noch einige technische Herausforderungen zu meistern. Die Anlage läuft noch nicht hundertprozentig rund, ein paar Kinderkrankheiten müssen noch ausgemerzt werden. Aber das ist normal. In ein paar Wochen sollten wir das unter Kontrolle haben. Wenn wir dann einmal in Volllast produzieren, haben wir eine Kapazität von 4000 Tonnen. Damit könnte man 120 Lkw ganzjährig betanken. <BR /><BR /><b>Und ab wann könnten sie die Raumfahrtbehörde beliefern?</b><BR />Gius: Sobald wir kontinuierlich im Regelbetrieb arbeiten, könnten wir einen Teil unserer Produktion der Raumfahrt zur Verfügung stellen, das könnte Mitte nächsten Jahres so weit sein.<BR /><BR /><BR />