<BR /><b>Frau Honisch, Sie engagieren sich mit Ihrer Finanzplattform Fortunalista für die Förderung der finanziellen Bildung von Frauen. Warum ist Ihnen das ein Anliegen und was ist das Ziel?</b><BR />Margarethe Honisch: Leider trauen sich die meisten Frauen noch immer nicht an das Thema heran, weil sie denken sie verstünden es nicht oder es wäre zu kompliziert. Dabei ist es gerade für Frauen wichtig, rechtzeitig vorzusorgen. Denn durch die strukturellen Rahmenbedingungen sind es immer noch die Frauen, die zu Hause bleiben und sich um Haushalt und Kinder kümmern – für diese wichtige Arbeit aber nicht entlohnt werden. <BR /><BR /><b>Ist es wirklich immer noch so, dass sich Frauen bei der Finanzplanung auf ihren Partner verlassen, anstatt die Sache selbst in die Hand zu nehmen?</b><BR />Honisch: Leider ja. Man sieht hier schon eine leichte Verbesserung, aber dennoch gilt oft die Situation, dass Frauen die unbezahlte Arbeit machen und auf den Partner vertrauen. Dadurch entgeht ihnen eigener Lohn und bedingt dadurch später auch eine eigene Rente. Im schlimmsten Fall vertrauen sie blind auf den Partner und erleben später eine negative finanzielle Überwachung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="961579_image" /></div> <BR /><b>Was sind dabei die größten Problematiken, die Frauen oft erst bewusst werden, wenn es zu spät ist?</b><BR />Honisch: Wer sich blind auf den Partner verlässt und nicht weiß, was mit dem gemeinsamen Geld passiert und wo es liegt oder wie es investiert ist, hat ein riesiges Problem, wenn dieser Partner nicht mehr da ist. Viele denken an Scheidung. Aber allein wenn der Partner berufsunfähig ist, aber die gesamte Finanzplanung in dessen Händen liegt, kann dies zum großen Problem werden. <BR /><BR /><b>Sowohl beim Sparverhalten als auch beim Interesse an Geldanlagen sind die Geschlechterunterschiede nach wie vor groß. Warum beschäftigen sich Frauen nur zögerlich mit ihrer finanziellen Absicherung?</b><BR />Honisch: Es gibt leider noch immer sehr viele Vorurteile darüber dass Frauen nicht gut mit Finanzen umgehen können. Doch das stimmt nicht: Frauen sind hervorragend darin, sich um das Haushaltsgeld zu kümmern. Und wenn sie sich trauen zu investieren, sind sie damit sogar erfolgreicher als Männer. <BR /><BR /><embed id="dtext86-62112766_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was müssen Frauen wissen, um in die finanzielle Unabhängigkeit zu gelangen?</b><BR />Honisch: Der wichtigste Schritt ist die finanzielle Selbstwirksamkeit: Ich muss mir zutrauen, dass ich es verstehen kann – und es selbst schaffen kann. Und hier gibt es die größten Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Danach kommen aber auch Wissen und Fähigkeiten hinzu. Das bedeutet, ich brauche das Wissen – und muss auch wissen, wie ich dieses Wissen anwenden kann. <BR /><BR /><b>Sie sagen, Finanzplanung ist keine Frage des Zeitmangels, sondern eine Frage der Prioritäten. Wie fangen Frauen, die sich noch gar nicht darum gekümmert haben, damit an?</b><BR />Honisch: Es steht außer Frage, dass die meisten Frauen eine größere Arbeitsbelastung haben als viele Männer. Aber allein eine Stunde in der Woche reicht aus, um mir grundlegendes Wissen anzuzeigen. Und wenn ich diese Prioritäten nicht rechtzeitig setze, dann werde ich später die großen finanziellen Einbußen haben. Heutzutage stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung: Ein gutes Finanzbuch kann ein erster Schritt sein. Oder ich besuche einen Kurs oder ein Seminar, wo ich in kurzer Zeit Schritt für Schritt alles lerne. Natürlich kann ich auch direkt zu einer Finanzberatung geben, aber selbst dann muss ich mir das Wissen im Nachhinein aneignen, sonst bleibe ich immer von anderen abhängig. <BR /><BR /><b>Wie verschafft man sich Orientierung im Finanzdschungel?</b><BR />Honisch: Auch hier gilt es, Prioritäten zu setzen: Was ist mein nächstes wichtigstes Ziel? Und dann entsprechende Unterstützung suchen. Leider glauben viele Frauen, sie müssten alles alleine schaffen. Nein, das muss man nicht. Man kann sich auch Hilfe und Unterstützung holen. <BR /><BR /><b>Was sind die häufigsten Fehler?</b><BR />Honisch: Der schlimmste Fehler ist, dass viele Frauen sich das Thema Finanzen gar nicht zutrauen. Und dadurch kümmern sie sich nicht. Außerdem ist es wichtig, dass ich einen Überblick über neue Ausgaben habe: Was passiert eigentlich mit meinem Geld? Und wie kann ich mein Ausgabenverhalten optimieren? <BR /><BR /><b>Können Sie uns konkrete Spartipps nennen, die wirklich funktionieren?</b><BR />Honisch: Der beste Tipp ist: Spare am Monatsanfang, wenn noch Geld da ist, und nicht am Monatsende, wenn schon alles weg ist. Man lernt nämlich automatisch, mit weniger Geld zu leben. Das ist der wichtigste Spartipp, den ich geben kann. Und da empfehle ich zu versuchen, monatlich mindestens 10 Prozent des Einkommens zu sparen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="961582_image" /></div> <BR /><b>Haben Sie Tipps, wie ich finanzielle Ziele erreiche?</b><BR />Honisch: Überhaupt Ziele setzen! Sich also wirklich überlegen, was will ich und wann will ich dies erreichen? Und da empfehle ich auch dringend alles aufzuschreiben. Das ist dann wie ein kleiner Vertrag mit mir selbst. <BR /><BR /><b>Statistiken zeigen, dass Altersarmut weiblich ist: Sie sagen, es ist nie zu spät, sich um die eigenen Finanzen zu kümmern. Welche Schritte sollten ältere Frauen setzen?</b><BR />Honisch: Je älter ich bin, desto wichtiger ist es, dass ich das, was ich habe, auch schütze. Also nicht zu viel Risiko eingehen, sondern das richtige persönliche Maß an Schutzmaßnahmen und Vermögensaufbau finden. Hier ist auch entscheidend zu berechnen, wie viel Risiko muss ich eingehen, um die notwendige Rendite zu erreichen, um meine Rentenlücke zu schließen. <BR /><BR /><b>Welche Schritte sollten Mädchen – oder deren Eltern – bzw. junge Frauen setzen?</b><BR />Honisch: Hier unbedingt in das Humankapital investieren: also mir das Wissen aneignen. Und dann kann ich auch schon mit 10 Euro im Monat starten und investieren. Mit kleinen Schritten also erste Erfahrungen sammeln. <BR /><BR /><b>Warum ist es so wichtig einen Notgroschen aufzubauen? Und wie schaffe ich das?</b><BR />Honisch: Einen Notgroschen brauche ich, um nachts gut schlafen zu können, weil ich keine Angst mehr vor unvorhergesehenen Rechnungen oder Ausgaben haben muss. Das ist also mein Airbag, wenn es mal finanzielle Überraschungen gibt. Dabei empfehle ich Singles, ein bis 3 Monatsgehälter auf die Seite zu legen und Familien 4 bis 6 Monatsgehälter. Und nachdem der Notgroschen steht, kann ich nach dem gleichen Prinzip das Geld monatlich investieren. <BR /><BR /><b>Wie viel muss ich pro Monat beiseitelegen?</b><BR />Honisch: Idealerweise 10 bis 20 Prozent meines Einkommens. Also niemals an absoluten Zahlen orientieren, sondern immer prozentual an dem, was mir zur Verfügung steht. <BR /><BR /><b>Haben Frauen andere Präferenzen als Männer, wenn sie investieren?</b><BR />Honisch: Zum Glück ja: Frauen setzen eher auf breit gestreute Fonds und ETFs. Damit senken sie ihr Risiko und erzielen sogar eine bessere Rendite als Männer. Die investieren risikoreicher, setzen eher auf Aktien und spekulieren. <BR /><BR /><b>Der Gender Pay Gap und Gender Pension Gap ist nach wie vor existent. Glauben Sie, die beiden Lücken werden jemals bereinigt werden?</b><BR />Honisch: Wir sind auf einen guten Weg, aber es dauert. Hierbei sind vor allem die jeweiligen Regierungen gefragt: Es ist wichtig, dass die strukturellen Rahmenbedingungen passen. Noch immer wird einfach erwartet, dass Frauen zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern. Wir müssen hier also sowohl staatlich als auch privat und gesellschaftlich an einen Strang ziehen. Dann können wir es auch schaffen. <h3> Zur Person</h3>Margarethe Honisch ist Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, „Spiegel“-Bestsellerautorin und Finanzkolumnistin. Seit 2017 motiviert sie Frauen dazu, sich mit ihrer Finanzplanung zu befassen und hilft ihnen dabei Berührungsängste zu Börse & Co. zu verlieren.<BR /><BR />Ende 2019 erschien ihr Buch <a href="https://www.athesiabuch.it/item/Easy_Money/Margarethe_Honisch/61607729?back=7c7de40079f79bc1d3d0331f2c5c6da6" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„Easy Money“</a>, das sich bisher über 20.000 Mal verkauft hat und Platz 29 der „Spiegel“-Bestsellerliste erreichte. Im September 2022 erschien ihr zweites Buch „ <a href="https://www.athesiabuch.it/item/So_wirst_du_finanziell_frei/Margarethe_Honisch/62627585?back=7c7de40079f79bc1d3d0331f2c5c6da6" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">So wirst du finanziell frei</a> – 13 kluge Geldstrategien erfolgreicher Frauen“, das direkt den Einstieg auf Platz 13 der „Spiegel“-Bestsellerliste schaffte.<h3> Tagung „Frauen und Finanzen“</h3>Margarethe Honisch war eine von 5 Referentinnen bei der Tagung „Frauen und Finanzen“ im Oktober 2023 in Bozen. <BR /><BR />200 Frauen informierten sich bei der Veranstaltung, die die Pensplan Centrum AG und die Stiftung Südtiroler Sparkasse anlässlich des Equal Pension Day organisiert hatten, über Finanzthemen. <BR /><BR />Neben der deutschen Finanzkolumnistin Margarethe Honisch referierten auch die Arbeitsrechtsberaterin Linda Gasser, Astrid Weiss von der Abteilung Innovation & Energie im Südtiroler Bauernbund, Unternehmerin Sara Canali und Kathrin Pichler von der Abteilung Innovation und Neue Märkte beim Wirtschaftsverband für Handwerker und Dienstleister.