Der scheidende Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR), Hannes Mussak, im großen Interview über die Hilfsgelder des Landes, über die Wirtschaft nach Corona und über seine eigenen Ziele. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Mussak, ein guter Teil Ihrer Präsidentschaft beim SWR war geprägt von der Corona-Pandemie. Während einige Wirtschaftszweige, wie die Industrie oder das Handwerk recht gut durch die Krise kamen, hat es den Tourismus oder den Handel hart getroffen. Wie oft hat dies zu Konflikten innerhalb der Verbände im Wirtschaftsring geführt?</b><BR />Hannes Mussak: Natürlich gab es öfters auch Momente, wo sich die Verbände nicht einig waren. Konflikte waren in dieser Zeit immer dann sehr stark zu spüren, wenn die einzelnen Wirtschaftssektoren mit unterschiedlichen Regeln konfrontiert waren. Jeder Präsident hatte in diesen Momenten verständlicherweise auch großen Druck von den eigenen Mitgliedern und ich denke es ist nachvollziehbar, wenn da jeder auch im SWR seine Rolle wahrnimmt, um eine starke Stimme für die eigenen Mitglieder zu sein. Gerade für das gegenseitige Verständnis haben wir deshalb dann über den SWR auch die Task Force Wirtschaft – Landesregierung ins Leben gerufen. Mit Landeshauptmann Arno Kompatscher, den Landesräten Philipp Achammer, Arnold Schuler, Thomas Widmann, den Vertretern der Wirtschaftsverbände, der Handelskammer Bozen, den führenden Mitarbeitern der Ressorts und vielen weiteren wichtigen Vertretern ist es uns so in der Krise gelungen ständig in Verbindung zu bleiben. Auch wenn wir uns nach intensiven Diskussionen nicht immer einig waren, hat gerade unsere Initiative und unsere gemeinsame Plattform dafür gesorgt, dass das Verständnis für das Gegenüber da ist und wir nicht das große Ganze aus den Augen verlieren. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="648581_image" /></div> <BR /><BR /><b>Aufgrund der Pandemie und den daraus resultierenden Konsequenzen hat es immer wieder offene Konflikte um Unterstützungsmaßnahmen und Gelder im Landeshaushalt gegeben. Sind Sie als Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings zufrieden mit den Unterstützungsmaßnahmen des Landes für die Wirtschaft?</b><BR />Mussak: Dass Südtirol ergänzend zu den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ein zusätzliches Paket geschnürt hat, war immens wichtig. Der Lockdown im Frühjahr dauerte lange an und viele Unternehmen sind dadurch unverschuldet in eine schwierige Situation geraten. Es ging deshalb auch darum jenen Unternehmen die mit Existenzängsten konfrontiert waren, die Sicherheit zu geben, dass man sie nicht im Stich lässt. Auf die Frage, ob ich zufrieden bin, kann ich nur sagen, dass es noch Luft nach oben gegeben hätte. Es wird sich demnächst zeigen, wie schnell sich besonders getroffene Sektoren wieder erholen können. Wir stehen am Markt auch im ständigen Wettbewerb mit anderen Ländern, das dürfen wir nicht vergessen. Ich wünsche mir deshalb vor allem, dass wir aus der Krise lernen und nicht in alte Muster verfallen. Das heißt, wir müssen zukünftig auch bei den Unterstützungsmaßnahmen weniger mit der Gießkanne agieren, als vielmehr in strategische Maßnahmen investieren, die einer Vision folgen. Südtirol muss es gelingen in allen Bereichen der nachhaltigste Lebensraum überhaupt zu werden. Unser Land bietet uns dafür eine einzigartige Möglichkeit. Legen wir also selbst Dinge stärker auf die Waagschale als bisher. Das heißt für mich, dass wir bei den Produkten und Dienstleistungen noch stärker in die Qualität investieren und unseren Kunden die Leidenschaft dahinter vermitteln müssen. Bei der Mobilität gilt es verstärkt nachhaltige Konzepte zu unterstützen und über die Digitalisierung muss es uns ebenfalls gelingen unseren CO2-Fußabdruck weiter zu senken. Wir müssen weg vom Papier, hin zum Digitalen. Zudem sollten wir uns berechtigt die Frage stellen, ob wir zukünftig für jede noch so kleine Besprechung viele Kilometer hinlegen müssen oder ob wir uns nicht auch digital zusammenschalten können. Unsere Jugend hingegen braucht über eine qualitativ hochwertige Ausbildung beste Zukunftschancen. Da dürfen wir nicht aufhören uns ständig weiterzuentwickeln.<BR /><BR /><BR /><b>Die Wirtschaft musste im Landeshaushalt Kürzungen hinnehmen. Sagen Sie, das muss so sein, da nun alle sparen müssen, oder sagen Sie, gerade jetzt müsste man als öffentliche Hand stärker investieren?</b><BR />Mussak: Die Coronakrise hat die öffentlichen Haushalte beträchtlich unter Druck gesetzt. Wir müssen generell wieder auf ein gesundes Verhältnis zwischen Ausgaben für laufende Kosten und Ausgaben für gezielte Investitionen hinarbeiten. Es gilt mit der notwendigen Sensibilität für die Sache zu hinterfragen, welche Aufgaben und Ausgaben Sinn machen und welche mit der Zeit überholt sind. Das ist nichts Schlimmes, denn auch jedes Unternehmen wird sich immer wieder hinterfragen, interne Abläufe der Zeit anpassen und sich so neu ausrichten. Über diese gemeinsame, offene Diskussion und davon ableitenden Maßnahmen werden dann auch neue Ressourcen für strategische Investitionen frei. Wir müssen es einfach schaffen, uns von alten Fesseln zu lösen. Vielleicht haben wir aus der Krise heraus jetzt die größte Chance dazu.<BR /><BR /><BR /><b>Wie wichtig ist eine Dachorganisation wie der Wirtschaftsring und sollte es Ihrer Meinung nach eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen den Verbänden geben?</b><BR />Mussak: Mir wird immer wieder bestätigt, dass sich der Südtiroler Wirtschaftsring in den vergangenen Jahren sehr stark weiterentwickelt hat. Die Verbände haben sehr viele Berührungspunkte und die Bereitschaft zu großen Themen zusammenzuarbeiten ist da. Wir sind alle miteinander verbunden und zwangsläufig sind jene am Ende erfolgreicher, die den Wert der Zusammenarbeit erkennen, das Verbindende vor das Trennende stellen und den Blick in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit richten. Ich habe es als meinen Auftrag als Präsident vom Südtiroler Wirtschaftsring gesehen, auf die gute Vorarbeit meiner Vorgänger aufzubauen und gerade dies weiter zu stärken. Ich bin mir sicher mein Nachfolger, der auch für das Verbindende steht, wird darauf auch aufbauen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-49258742_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Ihr persönliches Fazit: Was haben Sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren als SWR-Präsident gut gemacht, was weniger gut?</b><BR />Mussak: Bewerten lasse ich eigentlich lieber andere. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass ich auch dank der guten Arbeit meiner Vorgänger, den Südtiroler Wirtschaftsring noch näher an die Menschen bringen konnte. Diese „Beinfreiheit“ zu haben, auch mal neue Wege gehen zu können, war mir sehr wichtig. Ich glaube auch, dass es gut gelungen ist, immer lösungsorientiert zu diskutieren und dadurch zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Besonders bei komplexen Themenstellungen wie der Raumordnung, haben wir uns auch intern unter den Verbänden immer der Diskussion gestellt. Mit Erfolg. Zu mehreren Durchführungsverordnungen ist es uns gelungen gemeinsame Stellungnahmen zu erarbeiten, das andere für nicht möglich gehalten haben. Das ist sicher auch auf die gute Arbeit unseres Geschäftsführers Andreas Mair zurückzuführen, der gerade bei schwierigen Themen auf fachlicher Ebene immer einen Lösungsweg gefunden hat. So konnten wir Vieles weiterbringen. Auf der anderen Seite war ich manchmal sicher zu ungeduldig. Ich muss immer gleich ein Ziel sehen und ein Ergebnis. Wenn es dann oft etwas zäh war oder mich etwas besonders geärgert hat, habe ich Ideen manchmal vielleicht zu frühzeitig verworfen. Sicher wäre es hier oftmals besser gewesen, entspannter an die Dinge heranzugehen.<BR /><BR /><BR /><b>Immer wieder wird gemunkelt, dass Hannes Mussak im Jahr 2023 für die SVP in den Landtag ziehen möchte. Ist das Ihr Plan?</b><BR />Mussak: Als Präsident des Südtiroler Wirtschaftsringes konnte ich wertvolle Erfahrung sammeln und habe gemerkt, dass man gemeinsam durch einen respektvollen Umgang viel für unser Land bewegen kann. Politik als Ausdruck von Gestaltungsmöglichkeit und Verantwortung hat mich schon immer sehr interessiert. Ja und wer weiß, was die Zukunft bringt.<BR />