Rechtsanwalt Markus Wenter* berichtet von einem Fall in Mailand – und wie die Gerichte entschieden.<BR /><BR />Mitunter kommt es vor, dass in einem Mehrfamilienhaus Wasser austritt und zwangsläufig in die darunterliegende Wohnung fließt. Die Schäden an der Decke, den Wänden, Möbeln und elektrischen Anlagen können dabei erheblich sein. Nicht minder hoch ist das Risiko für die Miteigentümer, über die Haftungsfrage in Streit zu geraten. <BR /><BR />In Mailand hat ein Wohnungseigentümer nach einem Wasserrohrbruch den Eigentümer der darüberliegenden Immobilie verklagt. Dieser ließ sich in das Verfahren ein und beantragte die Streitausdehnung auf 3 Firmen, die in seiner Wohnung Umbauarbeiten durchgeführt hatten, um von diesen schadlos gehalten zu werden. Die Klage wurde sowohl in erster als auch in zweiter Instanz abgewiesen. Der Eigentümer der oberen Wohnung wurde nicht zur Verantwortung gezogen, weil der Schaden nicht von der Sache selbst (also von der Immobilie) ausgegangen, sondern von einem Handwerker verursacht worden war. <BR /><BR />Die Handwerksfirmen aber haben autonom und auf eigenes Risiko gearbeitet und es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Auftraggeber bei der Auswahl der Firmen oder bei der Überwachung von deren Tätigkeit fahrlässig gehandelt hätte. Allerdings konnte auch nicht zweifelsfrei geklärt werden, welche Firma den Fehler letztlich begangen hatte, weshalb auch diese aus dem Schneider waren. Der Geschädigte legte noch das Rechtsmittel der Kassationsbeschwerde ein.<BR /><BR />Kürzlich wurde die Prozesssache vor dem italienischen Höchstgericht verhandelt, wo das Gericht mit Beschluss Nr. 21977 vom 12. Juli 2022 zu einer ganz anderen Entscheidung gekommen ist. Laut Kassationsgerichtshof haftet der Wohnungseigentümer in seiner Eigenschaft als Verwahrer der Sache für von Dritten erlittene Schäden, auch wenn diese auf menschliches Handeln oder Unterlassen zurückzuführen sind. Die Durchführung von Arbeiten in einer Wohnung bedeutet nicht, dass der Eigentümer die Immobilie nicht mehr überwachen muss oder nicht mehr als deren Verwahrer gilt. In anderen Worten: im Anlassfall haftet der Eigentümer der darüberliegenden Wohnung, womit es für den Geschädigten zweitrangig ist, welche Firma den Schaden tatsächlich verursacht hatte. <BR /><BR />Ist die Wohnung vermietet, kann noch die Frage auftauchen, ob der Vermieter oder der Mieter für einen Schaden aufkommen muss. Lässt ein Mieter beispielsweise die Badewanne überlaufen, muss dieser die Schäden bezahlen. Handelt es sich hingegen um ein strukturelles Problem, wie etwa ein Rohrbruch in der Wohnung, so wird der Eigentümer in die Pflicht genommen. <BR /><BR />* <i>Markus Wenter ist Partner der Kanzlei Wenter & Marsico in Bozen.</i>