<b>STOL: Herr Pinzger, Sie beklagen immer wieder, dass der Tourismus in Südtirol in der Öffentlichkeit als Sündenbock für alles herhalten muss, was schiefläuft. Nun gibt es auch Kritik am Tourismus aus der SVP, für die Sie ja selbst im Parteiausschuss sitzen. Wird der Tourismus zum zentralen Wahlkampfthema?</b><BR />Manfred Pinzger: Es hat den Anschein. Der Tourismus steht inzwischen völlig ungerechtfertigt unter Dauerbeschuss. Die scharfe Kritik von einigen Exponenten aus der SVP ist einerseits sehr verwunderlich und andererseits werden wir es nicht akzeptieren, dass aus der Regierungspartei, die eigentlich Verantwortung für die Entwicklung unseres Landes tragen müsste, fast täglich Angriffe auf den Tourismus kommen, die nicht zutreffen und völlig aus der Luft gegriffen sind. Es gibt Aussagen von manchen SVP-Exponenten, die man so einfach nicht stehen lassen kann. <BR /><BR /><embed id="dtext86-60498000_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Konkret: Von welchen Aussagen sprechen Sie?</b><BR />Pinzger: Die Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer macht Wahlkampf damit, dass man mit einem 5-jährigen Tourismus-Werbestopp den Ausverkauf der Bauernhöfe verhindern soll. Entweder hat sie da etwas verwechselt, oder sie versucht einfach irgendeinen Schuldigen zu finden, der in dieser Angelegenheit überhaupt nichts dafür kann, nämlich der Tourismus. Denn bei diesem Thema ist ja die Landesrätin selbst zuständig. Man müsste ja einfach nur das Höfegesetz ändern und eine Bindung auf die Bauernhäuser erwirken. Aber man kann doch nicht mit so einem Schmarrn wie dem 5-jährigen Werbestopp an die Öffentlichkeit gehen. Wie soll das bitteschön den Ausverkauf der Bauernhöfe verhindern? Und dann kommen noch die Aussagen des Abgeordneten Helmut Renzler hinzu…<BR /><BR /><b>STOL: Welche meinen Sie?</b><BR />Pinzger: Dass es ein zu viel an Tourismus in Südtirol gibt, oder dass die Gäste in Südtirol die Öffis alle gratis benutzen könnten. Es gibt in bestimmten Gebiete und an bestimmten Wochen eine starke Bewegung, das stimmt, aber es gibt in Südtirol sicherlich keinen Overtourism. Das Buchungsverhalten ist momentan sogar eher verhalten. Und zur Gratis-Benutzung der Öffis, so muss ich sagen, dass Renzler wissen müsste, dass die Beherbergungsbetriebe einen wesentlichen Beitrag zur Gästekarte leisten – insgesamt über 16 Millionen Euro. <BR /><BR /><embed id="dtext86-60498001_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Warum glauben Sie, dass nun auch die SVP den Tourismus zum Wahlkampfthema macht?</b><BR />Pinzger: Ich habe vor einem halben Jahr vom Landeshauptmann und vom Tourismuslandesrat Arnold Schuler gefordert, den Tourismus gegen unqualifizierte Angriffe auch aus der SVP in Schutz zu nehmen. Diese Positionierung gibt es nach wie vor nicht. <BR /><BR /><b>STOL: Sie sagen also, dass sich sowohl Landeshauptmann Arno Kompatscher als auch Tourismuslandesrat Arnold Schuler nicht hinter dem Tourismussektor stellen?</b><BR />Pinzger: Der Tourismus in Südtirol ist unter Dauerbeschuss, alle schlagen auf unseren Sektor ein, und die Regierungspartei, inklusive Landeshauptmann und Tourismuslandesrat, lässt uns auf der Angriffsfläche stehen. Offensichtlich erkennt auch die SVP nicht mehr den Wert und die Wichtigkeit des Tourismus für die heimische Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt, anders kann ich mir das nicht mehr erklären. Andernorts ist man froh um so einen wirtschaftsstarken Sektor mit 14 bis 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an direkter Wertschöpfung, bei uns hingegen scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Uns lässt die Regierungspartei auf der Anklagebank und wir sind am Verteidigen. Mir fehlt ein klares Machtwort und ich muss sagen, die SVP hat ihre Mandatare offensichtlich nicht mehr im Griff, wenn da einige von ihnen einfach Unwahrheiten verbreiten.<BR /><BR /><embed id="dtext86-60498002_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Sie gehen mit „Ihrer“ Partei hart ins Gericht. Gibt es diesbezüglich eine Aussprache demnächst?</b><BR />Pinzger: Ich habe vor 6 Monaten in einer größeren Runde klipp und klar eine Klarstellung eingefordert, wenn aus der SVP solche Angriffe kommen. In dieser Runde war auch der Landeshauptmann dabei, Tourismuslandesrat Arnold Schuler und SVP-Obmann Philipp Achammer. Diese Bitte meinerseits ist ohne Folgen geblieben, keiner der genannten Politiker sieht sich veranlasst, den Tourismussektor vor Angriffen und unwahren Aussagen zu verteidigen. Scheinbar hat man entschieden, dass der Beherbergungs- und Gastronomiesektor freigegeben wird für den Wahlkampf. Es ist in meinen Augen verantwortungslos, was da abgeht. Einzig SVP-Obmann Philipp Achammer hat jüngst gesagt, dass ein 5-jähriger Werbestopp keinen Sinn macht.