Bislang war es so, dass die Angabe des Alkoholgehalts und von Allergenen (vor allem Sulfite) genügte. Mit der EU-Verordnung, die jetzt greift, wird der Konsument noch weit mehr vom Wein, den er im Glas hat, erfahren. „Direkt auf dem Etikett müssen der Brennwert in Kilojoule oder Kilokalorien sowie die Allergene angegeben werden. Nährwerte und Zutatenlisten können auch auf elektronischem Wege zugänglich gemacht werden; und zwar mittels QR-Code auf dem Weinetikett“, erläutert Christof Pichler, Direktor des Amtes für Rebbau und Weinwirtschaft der Handelskammer Bozen. Das Amt wird – wie schon bei den DOC-Bestimmungen – damit betraut, die Einhaltung der Regeln vonseiten der Weinproduzenten in Südtirol zu überprüfen. <BR /><BR />In Sachen QR-Code gibt es eine wichtige Einschränkung: Die Kaufentscheidung des Konsumenten darf nicht beeinflusst werden. Mit anderen Worten: Der Konsument darf mittels QR-Code nicht auf die Webseite der Kellerei oder einen Weinhandel hingeführt werden, die Zutatenliste muss auf einer „neutralen“ Landing Page stehen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-62474636_quote" /><BR /><BR />Was steckt hinter der neuen Etikettierung? „Mit der Verordnung will man alle Lebensmittel gleichbehandeln. Das ist sicher nachvollziehbar. Wenngleich es einen Mehraufwand und Kostensteigerungen für die Betriebe mit sich bringt“, ergänzt Pichler. Was die Einhaltung der Regeln betrifft, hat er in Südtirol keine Bedenken: „Unsere Betriebe haben nichts zu verbergen, sie können den Verbrauchern getrost reinen Wein einschenken. Da bin ich mir sicher.“<BR /><BR />Was aber könnten Konsumenten auf den Zutatenlisten der Weine finden? Neben Trauben dürfte man Begriffe wie Saccharose, Traubenmostextrakt oder ähnliches lesen, aber auch potenziell streng gehütete Kellergeheimnisse, wie etwa Angaben zur Versanddosage, wie sie in Schaumweinen verwendet wird. „Alle Einzelheiten dazu müssen wir noch über ein Schreiben vom Ministerium in Rom erfahren.“<BR /><BR />Die neue Regelung gilt – wie erwähnt – für alle Weine und Sekte, die nach dem 8. Dezember hergestellt wurden. Mit „Herstellung“ ist der Abschluss des alkoholischen Gärprozesses gemeint. Bis alle Flaschen die Kennzeichnung tragen, könnte daher noch einige Zeit vergehen. Denn alle Tropfen, die vor dem Stichtag 8. Dezember hergestellt wurden, dürfen noch ohne detaillierte Kennzeichnung in den Handel. Für Wein gelten die Neuregelungen de facto also erst für die Jahrgänge ab 2024, die ersten Sekte könnten bereits im Frühjahr/Sommer nach Abschluss der zweiten Gärung mit neuem Etikett erhältlich sein.<BR /><BR /><embed id="dtext86-62474791_quote" /><BR /><BR />Und was meint Südtirols Weinwirtschaft dazu? „Auf uns alle kommt sicher eine zusätzliche Herausforderung zu. Wein ist schon heute ein sehr streng reglementiertes Produkt; auf dem Etikett stehen eine Fülle von Informationen, nun kommen weitere hinzu“, sagt Eduard Bernhart, Direktor des Konsortiums Südtirol Wein. <BR /><BR />Besonders groß sei die Umstellung für die kleineren Betriebe im Land, wie Michael Wild, Rechtsexperte beim Konsortium ergänzt. „Weil auf dem physischen Etikett nicht ausreichend Platz ist, um alle neuen Pflichtangaben aufzulisten, werden die allermeisten auf die elektronische Lösung mit dem QR-Code zurückgreifen. Nicht alle Betriebe sind aber aktuell schon ausreichend digitalisiert, dass sie eine solche Lösung umsetzen können.“ Die Zeit sei knapp, die Umstellung rechtzeitig hinzubekommen: „Wir werden mit vereinten Kräften darauf hinarbeiten.“<BR /><BR />Auswirkungen auf den Weinkonsum an sich durch die Neuregelung erwartet sich Bernhart keine: „Wein ist ein Kulturgut, ein Genussmittel, das eine Geschichte erzählt. Ob die Kalorienzahl draufsteht oder nicht, wird meiner Meinung nach keinen Einfluss darauf haben, ob jemand ein Glas Wein trinkt oder nicht.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-62474795_quote" /><BR /><BR />Aus Sicht des Verbraucherschutzes seien „die neuen Regeln sicher zu begrüßen“, sagt Silke Raffeiner, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS). „Alles, was der Transparenz und Sensibilisierung der Verbraucher dient, ist positiv.“ Besonders die Angabe der Kalorien hält Raffeiner für einen Fortschritt: „Vielen ist nicht bewusst, wie viele Kalorien im Wein stecken. Noch dazu, weil es sich um ein Lebensmittel in flüssiger Form handelt. Der Brennwert wird nicht selten unterschätzt.“ Zur Orientierung: Ein gut gefülltes Glas (200 Milliliter) eines schweren Rotweins hat mehr Kalorien als ein halber Faschingskrapfen, nämlich über 160. Dass die Zutaten auch mittels QR-Code angegeben werden dürfen, sei hingegen für ältere Generationen eher problematisch.