Von Thomas Aichner<BR /><BR />Die Ausgaben für Verteidigung und Militär sollen auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Plus weitere 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Ausgaben wie Cybersicherheit oder den Ausbau militärisch nutzbarer Straßen und Brücken. Das wurde auf dem NATO-Gipfel im Juni 2025 entschieden und betrifft somit auch Deutschland und Italien. <BR /><BR />Von aktuell etwa 33,8 Milliarden Euro (1,54 Prozent) müssen die jährlichen Ausgaben von Italien auf über 100 Milliarden steigen, um die 3,5 Prozent zu erreichen. Zum Vergleich: Die Gesamtausgaben Italiens für Bildung vom Grundschulalter bis zur Universität – inklusive Lehrergehälter, Mieten und Instandhaltung der Gebäude, Mensa, Schülertransport, Stipendien und Unterrichtsmaterialien – beträgt 79 Milliarden Euro. <BR /><BR />Aber gut, diesen Vergleich liest man ja immer wieder und die meisten Menschen sind sich einig, dass man eher in Bildung als in das Militär investieren sollte. Sehen wir uns also an, wer besonders von diesen Ausgaben profitiert.<h3> Drei Phasen mit unterschiedlichen Profiteuren</h3>Generell kann man drei Phasen unterscheiden, in denen jeweils unterschiedliche Unternehmen eine besondere Rolle übernehmen und entsprechend viel verdienen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1208775_image" /></div> <BR /><BR />Vor dem Krieg (Aufrüstung) sind es vor allem die Rüstungsindustrie und sicherheitsnahe Branchen, die durch steigende Verteidigungsbudgets zusätzliche Aufträge bekommen. <BR /><BR />Während des Krieges (Zerstörung) verschiebt sich das Bild: Nun geht es unter anderem um Logistik, Versorgung und Sicherheitsdienste.<BR /><BR />Nach dem Krieg setzt schließlich der Wiederaufbau ein, der Milliardenaufträge für Baukonzerne, Maschinenhersteller, Energieversorger, Banken und Beratungsfirmen mit sich bringt.<h3> Die größten Rüstungskonzerne der Welt</h3>Die größten und bekanntesten Rüstungskonzerne der Welt sind Lockheed Martin (121.000 Mitarbeiter, 60 Milliarden Euro Umsatz), Raytheon, Northrop Grumman, Boeing und General Dynamics, die alle ihren Sitz in den USA haben ( <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/grosses-aufruesten-grosses-geschaeft-auch-in-suedtirol" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„S+“ hat berichtet</a>). In den Top 10 sind aber auch drei Konzerne aus China, einer aus Großbritannien und ein russisches Unternehmen. <BR /><BR />Das größte deutsche Unternehmen ist Rheinmetall (28.000 Mitarbeiter, zehn Milliarden Euro Umsatz), in Italien ist Leonardo mit 60.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 18 Milliarden Euro die Nummer eins und liegt damit weltweit auf dem 13. Platz. <BR /><BR />Wenn Verteidigungsbudgets steigen, rollen zuerst Bestellungen für Munition, Ersatzteile und Wartung los – nicht nur neue Panzer. Dazu kommen Software-Lizenzen, Sensoren, Funkgeräte, Simulatoren und Trainings für Soldaten. Viele Aufträge landen zudem bei Zulieferern: vom Dichtungsring über Spezialstähle bis zur Keramik für Schutzplatten. <BR /><BR />Kurz: Es verdienen nicht nur Waffenbauer, sondern ein breites Netz aus Industrie, IT und Service.<h3> Von Diesel bis zur Munition und dem Verbandsmaterial</h3>Während des Krieges steigt dann der Bedarf an Verbrauchsgütern: Diesel für Lkw und Generatoren, Strom-Notlösungen, Munition, Schutzwesten, Helme und Verbandsmaterial. Logistiker organisieren Konvois, Baukolonnen flicken Straßen, Energieversorger tauschen Transformatoren und Kabel, Satelliten-Internet hält die Kommunikation am Laufen. <h3> 200 Milliarden Euro für Verteidigungslogistik</h3>Die Preise für Ersatzteile und andere dringend benötigte Bauteile sind in dieser Phase oft zehnmal so hoch wie vor dem Krieg, insbesondere auch durch den Versand und die schnelle Bereitstellung. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1208778_image" /></div> <BR /><BR />Allein das Budget für Verteidigungslogistik beträgt etwa 200 Milliarden Euro weltweit. Davon fließt ein Teil an die großen Rüstungskonzerne: Boeing erhielt beispielsweise im April 2025 einen Auftrag über elf Milliarden Euro, um die Wartung und Reparatur von Ersatzteilen für das Tankflugzeug KC-46 der US-Luftwaffe zu übernehmen. <BR /><BR />Aber auch die zivile Logistikwirtschaft spielt in der Verteidigungsstrategie eine wichtige Rolle: So sollen in Zukunft etwa die Lufthansa oder die Deutsche Bahn in Deutschland genutzt werden, um Truppen zu transportieren und die notwendigen Kapazitäten für militärische Zwecke sicherzustellen. <BR /><BR />Zusätzlich gibt es auch auf Kriegslogistik und -wartung spezialisierte Unternehmen, etwa das amerikanische V2X mit 16.000 Mitarbeitern, das im August 2025 einen Vier-Milliarden-Auftrag für logistische und wartungstechnische Dienstleistungen zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft des Trainingsflugzeugs T-6 der US-Luftwaffe erhalten hat.<h3> Nach dem Krieg wird gebaut</h3>Nach dem Krieg dominieren Zement, Stahl und Asphalt – und die, die sie verarbeiten: Baukonzerne, Maschinenhersteller, Entsorger. Es entstehen Brücken, Bahntrassen, Straßen, Strom- und Wärmenetze, Wasserwerke, Glasfaser – plus Schulen, Kliniken, Wohnungen. In dieser Phase verdienen auch Planer, Prüfer, Versicherer und Banken. <BR /><BR />Diese Phase dauert oft am längsten, denn auch nach einem kurzen Krieg braucht es Jahre, bis das Land wieder aufgebaut wird. Zudem folgen oft langjährige Service- und Beratungsverträge. <h3> Ukraine-Wiederaufbau könnte mehr als 850 Milliarden Euro kosten</h3>Im Juli 2025 fand in Rom eine zweitägige Wiederaufbaukonferenz mit öffentlichen und privaten Vertretern aus 60 Ländern für die Zeit nach dem Ukraine-Krieg statt. Hier wurde besprochen, dass der Wiederaufbau der Ukraine mehr als 850 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 14 Jahren kosten wird. Das Geld soll vor allem in die Reparatur und den Neubau von Energieanlagen fließen, in den Bau von Industriebetrieben und digitale Rechenzentren.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1208781_image" /></div> <BR /> Auch nach dem Jugoslawien-Krieg in den 1990er Jahren erhielten große Baukonzerne wie Strabag aus Österreich oder Hochtief aus Deutschland Wiederaufbauverträge für Brücken, Straßen und Flughäfen. <h3> Wiederaufbau in Afghanistan verschlang 2.000 Milliarden Euro</h3>In Afghanistan dauerte der Wiederaufbau von 2001 bis 2021 ganze 20 Jahre – mit Kosten von etwa 2.000 Milliarden Euro, wovon etwa 500 Milliarden allein für Zinszahlungen an Banken und andere Geldgeber gingen. <BR /><BR />Der Wiederaufbau war bekanntlich nicht besonders erfolgreich: Afghanistan wird wieder von den Taliban regiert und ist laut Demokratieindex das am wenigsten demokratische Land der Welt.<BR /><BR /> 2018 wurde berichtet, dass etwa 15,5 Milliarden Euro allein durch Betrug und Misswirtschaft verloren wurden. So wurden beispielsweise in ganz Afghanistan Kraftwerke gebaut, die durchschnittlich nur ein Prozent der erwarteten Leistung schaffen. <BR /><BR />Auch das knapp 300 Millionen Euro teure Tarakhil-Kraftwerk bei Kabul (laut Planung sollte es nur 100 Millionen kosten), das vom amerikanischen Unternehmen Black & Veatch gebaut wurde: Es schaffte selbst sechs Jahre nach Fertigstellung im Jahr 2015 nur 2,2 Prozent der angestrebten Leistung.<h3> Wer zahlt?</h3>Etwa 11,6 Millionen Menschen sind weltweit direkt in der Verteidigungsindustrie beschäftigt. Dazu kommen geschätzt nochmal 16 bis 32 Millionen indirekte Jobs. Abgesehen von diesen relativ wenigen Arbeitern profitieren vor allem Geldgeber, Investoren und Firmenbesitzern vom Krieg. <BR /><BR />Bezahlt werden die Ausgaben oft durch internationale Subventionen und Beihilfen oder Kredite, die natürlich durch Steuern, neue Schulden und das Verschieben öffentlicher Ausgaben finanziert werden.<BR /> Wie immer zahlt also jemand auch die Rechnung.<h3> Zum Autor</h3>Thomas Aichner ist wissenschaftlicher Leiter der Südtirol Business School. Er ist promovierter Wirtschaftsingenieur und lehrt unter anderem Marketing, Konsumentenverhalten und Künstliche Intelligenz an Hochschulen in Italien, Österreich, Deutschland und Saudi-Arabien.