Die wenigsten Konsumenten realisieren, wie stark ihre Kaufentscheidungen von Emotionen beeinflusst werden. Wir glauben viel lieber, dass wir uns aufgrund rationaler Gründe wie Größe, Material oder Preis für ein Produkt entscheiden. Wenn überhaupt, geben wir zu, dass wir etwas kaufen, weil es uns glücklich macht – also eine positive Emotion in uns auslöst. In Wirklichkeit werden Käufer aber häufig von Angst angetrieben.<BR /><BR />Emotionen bestimmen unser Leben, sowohl im Privaten als auch beim Kauf von Produkten und Dienstleistungen. Ab dem Moment der Geburt kennt der Mensch 8 Basis-Emotionen, die je nach Situation und Charakter mehr oder weniger stark empfunden werden, etwa Traurigkeit, Ekel, Freude und Vertrauen. Komplexere Emotionen wie Schuldgefühl, Enttäuschung, Optimismus, Scham oder Geringschätzung müssen erlernt werden, sind also von der Erziehung und dem sozialen Umfeld abhängig.<h3> Was zum Impulskauf führt</h3>Im Marketing spielen Emotionen eine zentrale Rolle. Sie können das Ergebnis von Marketing sein, zum Beispiel wenn eine Werbeanzeige den Betrachter überrascht oder zum Lachen bringt. Emotionen können aber auch Ursache einer Kaufentscheidung sein, etwa wenn ein Produkt im Einkaufszentrum spontanes Interesse erweckt und zu einem Impulskauf führt.<BR /><BR />Viele Firmen versuchen, sich durch emotionale Produktdifferenzierung von der Konkurrenz abzuheben. Tatsächlich fragen Kunden Unternehmensleistungen nicht nur wegen des funktionalen Nutzens nach, sondern auch wegen der damit verbundenen emotionalen Zusatzerlebnisse. Dazu gehören etwa Prestige beim Kauf eines Luxusproduktes oder Sicherheit beim Kauf eines potenziell gefährlichen Produktes wie einem Auto. <BR /><BR /><BR /><BR />Eine weitere der 8 primären Emotionen ist Angst. In ihrer schwach ausgeprägten Form wird von Besorgnis gesprochen, bei starker Angst verspüren Menschen Panik. Besonders relevant für das Marketing ist die Angst vor sozialer Missbilligung, also was andere Menschen über uns denken. Diese Angst kann zum Beispiel zum Gebrauch von Deodorants, Shampoos oder Zahnpasta führen, um beispielsweise Achselschweiß, Schuppen oder Mundgeruch zu vermeiden. Durch Werbung werden diese Ängste verstärkt, etwa wenn ein Mann mit Haarschuppen dargestellt wird, über den 2 Frauen lachen oder sich von ihm abwenden.<h3> Ein Beispiel für Angstwerbung</h3>Die Mundwasser-Marke Listerine ist seit 1895 in den USA verfügbar und seit den 1990er Jahren auch auf dem italienischen und deutschen Markt erhältlich. Es handelt sich dabei um ein klassisches Beispiel dafür, dass Unternehmen durch geschicktes Marketing soziale Ängste in Konsumenten hervorrufen oder verstärken, um so das eigene Produkt besser zu verkaufen. <BR /><BR />Listerine schreibt selbst auf seiner Webseite, dass in den 1920er Jahren der wie eine Krankheit klingende Begriff „Halitose“ erfunden wurde, um Mundgeruch zu beschreiben. Daraufhin, so das Unternehmen, boomten die Verkaufszahlen. Die berühmten Werbeanzeigen von Listerine aus dieser Zeit hatten Überschriften wie „Bist du bei deinen eigenen Kindern unbeliebt?“, „Tanzabend: nicht eingeladen“, „Halitose macht dich unbeliebt“ oder „Sie sprechen hinter deinem Rücken über dich.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="862502_image" /></div> <BR /><BR />Angstwerbung zielt aber auch auf andere Ängste der Konsumenten ab. Dazu gehören die Angst vor der Zukunft, Angst um die Gesundheit oder Angst um das Vermögen. Die Wiener Städtische Versicherung schreibt beispielsweise in einer Werbung: „Ihre Sorgen möchten wir haben.“ Auch die No-Credit-Sensibilisierungskampagne, die seit 2006 in Südtirol für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen soll, ist Angstwerbung. Es werden Sterbebilder, Menschen mit Beinprothesen oder Blumen und Kerzen am Straßenrand gezeigt, um das Kommunikationsziel zu erreichen und das Verhalten der Südtiroler Bürger zu beeinflussen und Leben zu retten.<BR /><BR />Eine weniger dramatische Möglichkeit, die Angst von Konsumenten zu nutzen, ist die als FOMO (fear of missing out) bekannte Befürchtung, etwas Wichtiges zu verpassen. Diese Angst kann zum Beispiel genutzt werden, indem limitierte Editionen verkauft werden: Nur 1000 Exemplare, dann ist das Produkt nicht mehr verfügbar. In Online-Shops wird häufig geschrieben, dass nur noch X Stück im Lager sind, oder dass der Nutzer innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestellen muss. Kaum etwas erzeugt eine stärkere FOMO als ein striktes Zeitlimit oder ein Countdown, zum Beispiel 20 Prozent Rabatt oder kostenloser Versand, wenn innerhalb der nächsten 10 Minuten bestellt wird. Die Effekte sind in vielerlei Hinsicht vorteilhaft für das Unternehmen, denn der Kunde handelt schneller, denkt weniger über den Kauf nach und vergleicht weniger Alternativen. <BR /><BR /><i> * Thomas Aichner ist wissenschaftlicher Leiter der Südtirol Business School.</i>