Im Rückblick kann man sagen: Wie war die Welt noch in Ordnung, vor einem Jahr. Die Wirtschaft brummte, in der Hotellerie wurden Rekordzahlen erzielt. Man mag es kaum glauben, aber im Sommer 2019 diskutierten wir in Südtirol noch über „Overtourism“ und es wurde die Frage gestellt, wie man Wirtschaftswachstum zum Allgemeinwohl reduzieren könnte. Dann kam das Coronavirus. <BR /><i><BR /><BR /><BR />Von Gert Gasser</i><BR /><BR />Was wenige Wochen zuvor als scheinbar lokales Problem in China begann, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit Anfang 2020 zu einer Pandemie globalen Ausmaßes, und brachte die Wirtschaft, auch bei uns in Südtirol, binnen kürzester Zeit zum Erliegen. Fast alle Betriebe mussten für mehrere Wochen zusperren: Handwerksbetriebe, Hotels, Bars, Industrie und Dienstleister. Anfangs war die Unsicherheit groß.<BR /><BR /><b>Krisenmanagement: Zwischen Hilfen und Chaos</b><BR /><BR />Die Politik hat reagiert und in kurzer Zeit verschiedenste Gesetze verabschiedet, die eine Vielzahl von Maßnahmen vorsahen: Im März 2020 wurde das Dekret „Cura Italia“ verabschiedet, im April gab es das Dekret zur Verbesserung der Liquidität, im Mai kam das Dekret zur Wiederbelebung der Wirtschaft, im August dann das August-Dekret. Allen Gesetzen war gemeinsam, dass Steuerzahlungen teilweise oder zur Gänze erlassen oder aufgeschoben, neue Steuerguthaben vorgesehen sowie verschiedenste Zuschüsse und Verlustbeiträge zur Unterstützung der Wirtschaftstreibenden eingeführt wurden. Auch Südtirol führte einen Verlustbeitrag ein, der bei einer Umsatzminderung von 20 Prozent zustand. Der Zugang zu begünstigten Darlehen und Staatsgarantien für Unternehmen wurde durch staatliche und Landesbestimmungen vereinfacht. Betriebe konnten Stundungen beantragen, was die meisten auch getan haben – so konnte Zeit und Liquidität gewonnen werden. Mitarbeiter wurden durch einen Kündigungsschutz geschützt, die Lohnausgleichskasse aufgestockt. <BR /><BR />Die meisten der erwähnten staatlichen Gesetzesmaßnahmen im Zuge der Coronakrise wurden in der Form von Gesetzesdekreten verabschiedet, welche innerhalb von 60 Tagen in ein normales Gesetz umgewandelt werden müssen. Im Zuge der Umwandlungen gab es immer eine Vielzahl an Änderungen. 2020 gab es auch Gesetzesdekrete, die vor der definitiven Umwandlung in ein normales Gesetz durch ein weiteres Gesetzesdekret abgeändert wurden. Zudem wurden die Bestimmungen fortlaufend umgeschrieben, mit Änderungen neu aufgelegt, die Zugangsvoraussetzungen verändert, neue Interpretationen ausgegeben – da noch den Durchblick zu behalten, war kein einfaches Unterfangen für die Berater, und schon gar nicht für die Wirtschaftstreibenden selbst.<BR /><BR />Startend ab Mai konnte die Wirtschaft wieder aufsperren und im Sommer, auch aufgrund des starken Rückgangs der Coronazahlen, vieles wieder wettmachen. Doch die Freude war von kurzer Dauer: Mit dem Wiederaufflackern der Coronafälle ab Ende Oktober wurde auch die Wirtschaft wieder teilweise runtergefahren und wiederum wurden neue Hilfsmaßnahmen beschlossen. <BR /><BR />Im November gab es im Laufe eines Monats 4 „Ristori“- Dekrete, mit denen neue und Neuauflagen der vorangegangenen Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft eingeführt wurden, wobei oftmals bereits über das nächste Dekret gesprochen wurde, bevor das vorangegangene überhaupt im Amtsblatt veröffentlicht worden war. Was für ein Chaos!<BR /><BR /><b>2021 werden die Folgen der Krise sichtbar werden</b><BR /><BR />In den nächsten Jahren werden wir uns sicher noch mit den Spätfolgen der Coronakrise 2020 befassen müssen – im Frühjahr 2021 wird der Kündigungsschutz fallen, und die gestundeten Darlehen müssen wieder zurückbezahlt werden. Den Mitarbeitern drohen nach Fallen des Kündigungsschutzes Entlassungen, während eine Pleitewelle jener Unternehmen droht, die bis dato durch die Hilfsmaßnahmen künstlich am Leben erhalten wurden. Aufgrund der verschiedenen Maßnahmen schoss die Neuverschuldung Italiens 2020 von rund 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zudem auf über 160 Prozent – Schulden, die in Zukunft unsere Kinder einmal bezahlen werden müssen, weil dieser Staat es über Jahrzehnte verabsäumt hat, eine gute Haushaltsführung an den Tag zu legen.<BR /><BR /><b>Anlass zu Optimismus besteht durchaus</b><BR /><BR />Trotz all der negativen Schlagzeilen, gib es auch gute Dinge, was man aus dem Jahr 2020 mitnehmen kann und die zuversichtlich für 2021 stimmen. <BR /><BR />Nach jeder Krise geht es wieder aufwärts. So wie es eine schnelle Erholung nach dem ersten Lockdown gegeben hat, wird es vermutlich auch eine Erholung nach dem zweiten Lockdown geben. Da die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie zu wirken scheinen und mehrere Impfstoffe unmittelbar vor der Zulassung stehen, zeichnet sich endlich ein Ende der Unsicherheit ab.<BR /><BR />Erst bei einer stürmischen See erkennt man einen guten Kapitän – und so ist es auch in der Wirtschaft. Gute, gesunde Unternehmen werden 2021 gestärkt aus der Krise kommen. Wer hingegen schon vor der Coronakrise in Schwierigkeiten steckte, für den wird es schwierig. <BR /><BR />Es wird wieder eine verstärkte Rückbesinnung auf eine gute Unternehmensführung geben. Es muss nicht immer alles auf Anschlag ausgereizt und auf Pump finanziert sein – 2020 hat uns gelehrt, wie wertvoll es ist, wenn man Reserven hat, welche man in schwierigen Zeiten anzapfen kann. <BR /><BR />Viele Unternehmen haben erfolgreich neue Wege beschritten und sich teilweise neu erfunden. Die Digitalisierung und neue Organisationsmodelle – Stichwort Smartworking – sind gekommen, um zu bleiben. <BR /><BR /> 2020 hat uns auch wieder zu Bewusstsein gebracht, dass am meisten den Wirtschaftstreibenden geholfen ist, wenn diese frei und ohne Einschränkungen jeglicher Art arbeiten können. <BR /><BR />Bei den Hilfsmaßnahmen sind die einfachsten Maßnahmen die effektivsten: So war etwa der Erlass der regionalen Wertschöpfungssteuer IRAP eine positive Maßnahme – einfach zu erklären, einfach zu berechnen, mit substanziellen Auswirkungen für die Taschen der Steuerzahler. Hilfen und Zuschüsse funktionieren gut, wenn diese schnell und relativ unbürokratisch ans Ziel kommen. Umständliche Regelungen sind neue Bürokratie und helfen in diesen Zeiten wirklich niemanden: Auf bürokratische Monster und unsichere Regelungen wie letzthin der Verlustbeitrag für Restaurants kann man in Zukunft getrost verzichten. <BR /><BR />Eine gute Nachricht zum Schluss: Wer das Jahr 2020 bewältigt hat, dem kann vermutlich 2021 nichts anhaben.