In den 1960er-Jahren war das eigene Dach über dem Kopf noch greifbar. Ein Industriearbeiter in Italien konnte mit seinem Monatslohn von 50.000 Lire in rund zwanzig Jahren eine Wohnung abbezahlen. Heute ist davon keine Rede mehr. Laut einer neuen Analyse der Nachhaltigkeitsplattform „Ener2Crowd“ müsste ein Durchschnittsverdiener in Mailand ohne Kredit theoretisch fast 150 Jahre sparen, in Rom über 100. „Die Daten zeigen eine Situation, die schlimmer ist als erwartet“, sagt Niccolò Sovico, CEO und Mitgründer von „Ener2Crowd“. „Wir sehen Zeiträume, die weit über ein normales Leben hinausgehen.“<h3> Bozen im Spitzenfeld</h3>Besorgniserregend ist die Lage auch in Südtirol. Für Bozen weist die Studie 89,9 Jahre ohne Kredit und 77,5 Jahre selbst mit Hypothekardarlehen aus. Damit liegt die Landeshauptstadt zwar hinter Mailand, Rom und Florenz – aber deutlich vor den meisten anderen Städten. Zur Erklärung: Die Zeiträume mit Kredit fallen kürzer aus, weil die monatliche Rate höher angesetzt ist als die angenommene Sparquote ohne Kredit – dadurch verkürzt sich die Rückzahlungsdauer, auch wenn die finanzielle Belastung spürbar steigt.<BR /><BR />Noch 2023 hatte „Ener2Crowd“ Bozen mit 63,1 Jahren (mit Kredit) angegeben. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Dauer also um mehr als 14 Jahre verlängert – ein Effekt gestiegener Quadratmeterpreise, stagnierender Löhne und höherer Finanzierungskosten.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1208310_image" /></div> <BR /><BR />„In vielen Fällen dauert es heute mehr als das Dreifache der Zeit, die die Generation unserer Eltern brauchte“, erklärt Paolo Baldinelli, Vorstandsvorsitzender von „Ener2Crowd“.<h3> Wie die Zahlen zustandekommen</h3>Die Berechnungen beruhen auf den durchschnittlichen Immobilienpreisen laut „Idealista“ und „Immobiliare.it“ sowie den regionalen Einkommen nach Istat. <BR /><BR />Als Maß dient eine Standardwohnung von 100 Quadratmetern. Entscheidend ist dabei nicht das gesamte Einkommen, sondern der Teil, der realistisch für Wohnen zur Verfügung steht. Aus diesem Verhältnis ergibt sich, wie viele Jahre ein Durchschnittsverdiener rechnerisch sparen oder Raten zahlen müsste, wenn dieser Betrag vollständig in die Finanzierung fließt. Eigenkapital oder familiäre Zuschüsse bleiben unberücksichtigt.<BR /><BR />Natürlich vergibt keine Bank Kredite über 60 oder 80 Jahre. Die Werte sind ein Indikator – und sie machen sichtbar, dass die monatlichen Raten bei einer üblichen Kreditlaufzeit von 20 bis 30 Jahren für Normalverdiener schlicht zu hoch wären.<h3> Eigentum mit elterlicher Hilfe</h3>Die Folgen dieser Entwicklung: Zwei Drittel der Italiener unter 40 Jahren besitzen keine eigene Wohnung, rund eine Million junge Erwachsene hat laut „Ener2Crowd“ keinerlei Chance, Eigentum zu erwerben. Von jenen, die es geschafft haben, konnte fast ein Drittel nur dank direkter Hilfe der Eltern kaufen. „Ohne Rückhalt aus der Familie bleibt die Wohnung für viele ein unerreichbarer Traum.“<BR /><BR />Die Studie zeigt also, wie weit sich die Schere zwischen Einkommen und Immobilienpreisen geöffnet hat. Für die junge Generation ist der Erwerb von Wohneigentum aus eigenen Kräften vielfach zu einer unerreichbaren Lebensaufgabe geworden.