Was der genaue Status quo des Jahrhundertprojekts ist und wie sich mit seiner Inbetriebnahme der Verkehr über die Alpen verändern wird – ein Überblick mit Ausblick. <BR /><BR /> Ein weiterer wichtiger Meilenstein in Sachen Brennerbasistunnel ist erreicht: Die Tunnelbohrmaschine hat vor wenigen Tagen auf Südtiroler Seite den Brenner erreicht. „Somit ist der Ausbruch der Hauptröhre von Franzensfeste bis Brenner abgeschlossen“, fasst BBT-Koordinator Martin Ausserdorfer zusammen. Das sind insgesamt rund 25 Kilometer.<BR /><BR /><embed id="dtext86-69833741_quote" /><BR /><BR />Auch die restlichen 30 Kilometer auf Nordtiroler Gebiet sind bereits zu zwei Dritteln fertiggestellt. Es fehlen noch etwas mehr als zehn Kilometer. „Derzeit laufen die Arbeiten am Hauptbaulos Pfons–Brenner weiter, wo die Tunnelbohrmaschinen noch im Einsatz sind“, so Ausserdorfer. Dort wurde die Haupttunnelröhre in Richtung Süden erst vergangene Woche durchschlagen.<BR /><BR />Ab 2032 sollen dann Züge durch den Brennerbasistunnel rollen. Diesem Ziel stehe nach derzeitigem Stand auch nichts im Wege, betont der Südtiroler BBT-Koordinator. Zusammen mit dem bereits bestehenden Umfahrungstunnel Innsbruck wird die Strecke 64 Kilometer umfassen und damit der längste Eisenbahntunnel der Welt sein.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1164549_image" /></div> <h3> In 45 Minuten von Bozen bis Innsbruck</h3>Auf dem Jahrhundertprojekt lasten große Hoffnungen – verkehrstechnisch wie ökologisch. Der Brennerbasistunnel soll die Bahn attraktiver machen, die stark frequentierte Brennerautobahn entlasten und damit Lärm, Abgase und Umweltbelastungen entlang der Brenner-Achse deutlich reduzieren.<BR /><BR />Was den Personentransport anbelangt, erhofft man sich, dass mit dem BBT die Schiene zum bevorzugten Verkehrsmittel über die Alpen wird – gerade wegen des Zeitgewinns.<BR /><BR />Derzeit dauert eine Zugfahrt von Bozen nach Innsbruck rund zwei Stunden. Mit dem neuen Tunnel wird sich diese Fahrzeit auf nur noch 45 Minuten verkürzen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-69833747_quote" /><BR /><BR />„Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten“, betont Roger Hopfinger, Präsident der Sektion Transport im Unternehmerverband Südtirol und Direktor von Trenitalia für die Provinz Bozen. „Das tägliche Pendeln zwischen Innsbruck und Bozen wird mit dem BBT ebenso selbstverständlich sein wie heute zwischen Bruneck und Brixen. Arbeiten und Studieren in Nordtirol wird für Südtiroler deutlich attraktiver – und umgekehrt genauso“, so Hopfinger. Der Arbeitsmarkt zwischen Nord- und Südtirol wachse damit näher zusammen.<BR /><BR />Doch nicht nur der regionale Verkehr soll vom Brennerbasistunnel profitieren – auch weiter entfernte Ziele sollen künftig deutlich schneller erreichbar sein. Geplant ist, dass stündlich Schnellzüge den Tunnel passieren. So soll der österreichische Railjet alle zwei Stunden in Nord-Süd-Richtung verkehren, während die italienische Frecciarossa im gleichen Takt, aber zeitversetzt, von Mailand nach München unterwegs ist.<BR /><BR />„Es gibt bereits Gespräche, die Fernverkehrsverbindungen bis nach Berlin auszudehnen“, erklärt Hopfinger. Sollte dieses Vorhaben Realität werden, könnte Berlin von Südtirol aus in rund sechs Stunden erreichbar sein.<h3> Zulaufstrecken und Logistikzentrum wesentlich für Gesamtprojekt</h3>Gerade im Warentransport soll der Brennerbasistunnel eine entscheidende Wende bringen. „Der Schienengüterverkehr wird durch den BBT deutlich schneller, effizienter und wettbewerbsfähiger, was eine spürbare Verlagerung von der Straße auf die Schiene ermöglichen soll“, erhofft sich Hopfinger.<BR /><BR />Neben dem Zeitgewinn ist vor allem ein Faktor ausschlaggebend: die sinkenden Betriebskosten. Der Basistunnel weist im Vergleich zur bestehenden Brennerstrecke eine deutlich geringere Steigung auf. Das hat konkrete Auswirkungen: Züge benötigen weniger Zugkraft – also eine Lokomotive weniger – und können gleichzeitig länger und schwerer beladen werden. Die Betriebskosten pro transportierter Tonne werden somit spürbar zurückgehen. „Das macht die Schiene endlich konkurrenzfähig gegenüber der Straße, auch weil die Mautkosten für den Lkw-Verkehr tendenziell steigen werden.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1164552_image" /></div> <BR /><BR />Doch damit der Schienentransport tatsächlich konkurrenzfähig wird, braucht es mehr als nur den Basistunnel selbst. Zwei weitere Aspekte des Projekts BBT sind entscheidend: Zum einen der Ausbau leistungsfähiger Logistikzentren – allen voran das „Quadrante Europa“ in Verona. Zum anderen der Ausbau der Zulaufstrecken von München bis Verona. <BR /><BR />„Die Zulaufstrecken sind essenziell für die Wirksamkeit des BBT. Ohne leistungsfähige Anbindungen auf deutscher und italienischer Seite bleibt das Potenzial des Tunnels weitgehend ungenutzt“, betont Hopfinger. Sie seien entscheidend dafür, dass Güterzüge ohne Engpässe in den Tunnel ein- und ausfahren können.<h3> Der Bremsklotz Bayern und seine Folgen</h3>Doch gerade hier liegt das Problem: Während der Ausbau in Südtirol voranschreitet und in Nordtirol fast vervollständigt ist, stockt in Bayern die Planung – und damit ein zentraler Baustein des Gesamtprojekts. Anfang März hat der bayerische Landtag den Trassenverlauf der Zulaufstrecke erneut abgelehnt. CSU und Freie Wähler haben sich mit der Unterstützung der AfD dagegen ausgesprochen. <BR /><BR />„Wenn der Ausbau der Zulaufstrecken in Bayern weiter blockiert wird, entsteht für den Warenverkehr ein Nadelöhr auf bayerischer Seite“, sagt Martin Ausserdorfer. Auch Hopfinger schlägt in dieselbe Kerbe. „Ohne den Ausbau dort wäre das milliardenschwere Bahnprojekt nur eine halbe Geschichte, da die volle Kapazität nicht ausgeschöpft werden könnte.“ Im schlimmsten Fall könnte dies wiederum dazu führen, dass Frächter weiterhin die Straße vorziehen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1164555_image" /></div> <BR /><BR />Doch wie soll es in Bayern weitergehen? Eine Sprecherin der Deutschen Bahn erklärte gegenüber diesem Medium, dass das Projekt Brenner-Nordzulauf nicht auf Eis liegt, sondern sich auf der Zielgeraden der parlamentarischen Befassung befinde und die technische Vorplanung abgeschlossen sei. Mehr als die Hälfte der geplanten Neubaustrecke soll demnach im Tunnel verlaufen.<BR /><BR />„Das DB-Projektteam finalisiert derzeit den Bericht für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Der nächste entscheidende Meilenstein für das Bahnprojekt Brenner-Nordzulauf wird die Befassung des Deutschen Bundestags sein. Dem Deutschen Bundestag werden ebenfalls sogenannte Kernforderungen aus der Region vorgelegt. Dieser entscheidet dann darüber, ob und gegebenenfalls welche Kernforderungen zusätzlich umgesetzt werden sollen“, so die DB-Sprecherin.<h3> Neue deutsche Regierung will investieren</h3>Inwieweit dies jedoch Zeit in Anspruch nehmen wird, ist noch unklar, ebenso wie der genaue Beginn der Bauarbeiten. <BR /><BR />Eines steht jedoch fest: Die neue Regierung in Deutschland will kräftig in die Infrastruktur und Modernisierung des Landes investieren. Dazu ist auch ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro vorgesehen. „Ich hoffe sehr, dass auch die Nord-Zulaufstrecke von diesen Investitionen profitieren wird“, sagt Hopfinger und blickt optimistisch in die Zukunft.