Wir haben mit Ulrike Gamper vom Amt für Natur über diese Kartierung als Grundlage für Maßnahmen zum Erhalt der Fauna und Flora in Südtirol gesprochen.<BR /><BR />Die Vielfalt der Lebensräume ist neben der Artenvielfalt und der intraspezifischen genetischen Vielfalt eine der 3 Säulen der Biodiversität. „Jede der 3 Säulen ist auf ihre Art und Weise wichtig. Lange Zeit hat man sich nur auf die Artenvielfalt konzentriert, da die genetische Vielfalt schwierig zu messen ist und sich die Vielfalt der Lebensräume auch auf die Landschaft ausdehnt“, erklärt Ulrike Gamper vom Amt für Natur.<h3>2007 erste Checkliste entstanden </h3>Es gibt sehr unterschiedliche Lebensräume, von winzig klein bis großflächig, solche mit und ohne den Einfluss von Bewirtschaftung. In den 90er-Jahren begann man, Lebensräume gezielt zu benennen und zu beschreiben: „2007 entstand in Südtirol die erste Checkliste der Lebensräume Südtirols“, so Gamper. Diese Checkliste unterteilt die verschiedenen Lebensräume in große Klassen und Unterklassen. So findet man etwa in der Klasse der „Gewässer“ die Unterklassen „Stehende Gewässer“, „Fließgewässer“, „Quellen und Quellflure“ sowie „Unterirdische Gewässer“; jede Unterklasse wird dann weiter unterteilt. „Ende 2022 wurde eine überarbeitete Checkliste der Lebensräume publiziert. Bereits 2017 wurde für den größten Teil der Lebensräume eine Beschreibung erarbeitet“, erklärt die Expertin.<BR /><BR />Die Beschreibung der Lebensräume geht auf folgende Bereiche ein: Verbreitung, Ökologie, typische Arten, biologische Wertigkeit, Funktion des Lebensraums, Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen, Entwicklungstendenzen und Gefährdung, Pflege und Naturschutz. <BR /><BR />„Für den Schutz der Lebensräume gibt es die 'Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie' zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der darin vorkommenden Tier- und Pflanzenarten.“ Viele der Südtiroler Lebensräume sind somit europaweit geschützt, gewisse Lebensräume wie etwa Weiden oder kalkarme Niedermoore kommen darin allerdings nicht vor. <BR /><BR />Das Südtiroler Naturschutzgesetz übernimmt die Richtlinie, widmet sich aber auch weiteren Lebensräumen und deren Schutz. So sind etwa Nass- und Feuchtlebensräume sowie Trockenstandorte dadurch geschützt. „Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen Beeinträchtigung dieser Lebensräume führen können, sind unzulässig“, so Gamper. Obwohl auch in diesem Gesetz Schutzbestimmungen für einige wichtige Lebensräume fehlen, gibt es auch Bestimmungen bezüglich der Tätigkeiten in diesen Lebensräumen, etwa der Heckenrückschnitt oder der Zeitpunkt der Mahd des Schilfs.<BR /><BR />Von der Kartierung, also der Erfassung und Bewertung des Zustandes des Lebensraums, hängt ab, wie Bestimmungen wirksam werden können. Außerdem ist sie unerlässlich, um einen Überblick über die Lebensräume zu bekommen. Sie schafft eine Grundlage für Entscheidungen, insbesondere im Bereich der Bewertung von Plänen und Projekten, für die Erarbeitung von Maßnahmen sowie für die periodische Berichterstattung über den Erhaltungszustand und die Analyse von Entwicklungstendenzen der Lebensräume. <h3>Was ist ökologisch relevant?</h3>Ziele der Lebensraumkartierung sind eine flächendeckende Erfassung und Bewertung von ökologisch relevanten Lebensräumen. Dabei werden auch die in früheren Jahren kartierten Lebensräume einer Aktualisierung unterzogen. Es gibt eine flächendeckende Kartierung in Natura 2000 Gebieten sowie in einigen weiteren Schutzgebieten, diese sind jedoch zum Teil veraltet und ungenau.<BR /><BR />„Bei der Lebensraumkartierung ist wichtig, dass diese über das gesamte Land erfolgt“, betont Gamper. Die Kartierung erfolgt südtirolweit anhand einheitlicher Standards und unter Berücksichtigung von lokalen, gesamtstaatlichen und europäischen Vorgaben im Maßstab von 1 zu 5000, wobei einheitliche Flächen als Polygone abgegrenzt und dem jeweiligen Lebensraumtyp zugeordnet werden. Auch wird eine Artenliste erhoben, deren Mächtigkeit geschätzt und der Erhaltungszustand anhand nachvollziehbarer Kriterien gemessen. Befindet sich der Lebensraum innerhalb eines Schutzgebiets werden zusätzlich Gefährdungsfaktoren und Vorschläge für mögliche Maßnahmen erhoben. <BR /><BR />In einigen Gemeinden wurde die Lebensraumkartierung bereits abgeschlossen, in anderen soll sie in den kommenden Jahren durchgeführt werden. Auch die Lebensraumdaten aus früheren Kartierungen fließen dabei ein. Die Ergebnisse finden sich dann im Naturbrowser des Landes. <BR /><BR />Maßnahmen zum Erhalt sowie zur Aufwertung von Lebensräumen können zum Beispiel das Abgrenzen eines Feuchtgebiets mit einem Zaun sein, der dieses vor Beweidung schützt, oder Landschaftspflegeprämien für die Bewirtschaftung, etwa wenn eine Magerwiese nicht gedüngt und erst spät gemäht wird. „Auch soll eine rote Liste der Lebensräume Südtirols entstehen – und zwar sobald wie möglich“, betont die Expertin. Inzwischen wird besonderes Augenmerk auf geschützte, extensiv bewirtschaftete und kleinflächig ausgebildete Lebensräume gelegt, auf bekannte Standorte gefährdeter Arten,, sämtliche Lebensräume im Talbereich sowie in den unteren Hanglagen und auf die Vernetzung von Lebensräumen. <BR /><BR />