Ulrich Santa, Generaldirektor der KlimaHaus Agentur, spricht im Interview über die Möglichkeiten für Privathaushalte, warum es sich derzeit besonders auszahlt und worauf man dennoch unbedingt achten sollte, bevor man sich eine Fotovoltaikanlage zulegt. <BR /><BR /><b>Herr Santa, wir leben in unruhigen Zeiten: Gaskrise, Preisexplosionen, steigende Stromkosten. Gibt es jetzt einen spürbaren Ansturm auf Fotovoltaikanlagen?</b><BR />Ulrich Santa: Die Nachfrage ist definitiv sehr groß und steigt nahezu exponentiell mit den Strom- aber auch mit den Gaspreisen, denn auch bei der Heizanlage entscheiden sich immer mehr Bauherren für eine strombetriebene Wärmepumpe. Früher war die Stromrechnung meist ein ertragbares Übel, wirklich weh getan hat sie aber nicht. Jetzt ist die Situation eine völlig andere, weshalb immer mehr Private, aber auch Unternehmen sich dazu entscheiden, auf Fotovoltaik umzusatteln. Eine gute Entscheidung, die aufgrund der schnelleren Amortisierung noch interessanter ist als früher.<BR /><BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Santa: Wenn sich der Energiepreis verdoppelt, halbiert sich die Amortisierungszeit, die Fotovoltaikanlage macht sich also schon sehr viel früher bezahlt. Lag die Zeitspanne, bis sich die Investition in eine solche Anlage auszahlt, früher trotz Förderung noch bei etwa 8 bis 10 Jahren, so rechnet sich die Anschaffung heute – je nach Konfiguration der Anlage und Abdeckungsgrad des Eigenverbrauchs – auch schon in 4 oder 5 Jahren. <BR /><BR /><b>Bevor wir auf die Förderungen zu sprechen kommen, beginnen wir am Anfang. Ich überlege, auf Fotovoltaik umzusteigen: Worauf ist zu achten?</b><BR />Santa: Es gibt mehrere Aspekte, die man vor der Installation einer Fotovoltaikanlage bedenken muss. Ganz entscheidend ist die Frage, wie hoch mein Energiebedarf ist und wie groß die Anlage werden soll. Wo installiere ich sie und wie viel Fläche habe zur Verfügung? Pro Kilowatt-Peak (kWp) Nennleistung sollte man etwa 7 Quadratmeter einplanen, der jährliche Ertrag liegt im Mittel bei 1000 Kilowattstunden (kWh) pro kWp installierter Leistung, in guter Lage etwas höher. <BR />Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, muss mit den Mitbewohnern klären, ob man eine Energiegemeinschaft gründen möchte oder ob er vielleicht auch nur eine Mikroanlage am Balkon installiert. Auch diese können untertags die Grundlast an Strom abdecken wie etwa den Kühlschrank. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56232585_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Wie weiß ich, welche Größe der Anlage die richtige für meinen Bedarf ist?</b><BR />Santa: Die Anlage sollte nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein, weil sich die Investition dann nicht so schnell rechnet. Bevor man sich eine Fotovoltaikanlage zulegt, muss man wissen, wie hoch der aktuelle Stromverbrauch ist. Brauche ich 3000, 4000 oder 5000 Kilowattstunden im Jahr? Und wie viel werde ich in Zukunft brauchen? Eines ist sicher: Die Anzahl der Stromverbraucher im Haushalt steigt stetig an, immer mehr Haushaltsgeräte funktionieren elektrisch, Smartphones, Tablets und Infotainment-Geräte müssen versorgt werden, vielleicht steht auch der Kauf eines E-Autos, E-Bikes oder Elektroscooters an. Vielleicht ist in absehbarer Zeit eine Sanierung angedacht, bei der man auf eine Wärmepumpe umsteigen oder eine Klimaanlage installieren möchte. All diese Faktoren müssen kalkuliert werden, damit die Anlage den aktuellen und künftigen Anforderungen genügt und sich die Investition optimal rechnet.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="816011_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wann rechnet sich der Umstieg auf eine Fotovoltaikanlage?</b><BR />Santa: Am wirtschaftlichsten ist eine Anlage, wenn ich möglichst viel von der erzeugten Energie selbst verbrauche. Eine Anlage produziert um die Mittagszeit die meiste Energie, vom Abend bis in Morgenstunden aber nichts. Wer also untertags nicht zu Hause ist, nutzt in Summe oft nur 30 Prozent des erzeugten Stroms. Ohne Speicher wird der Rest zu wenig attraktiven Vergütungen ins Netz eingespeist und ich muss in den Abendstunden den Strom wieder teuer zukaufen. Für den eingespeisten Überschussstrom bekomme ich in etwa nur ein Drittel des Preises, den ich an den Energieversorger zahlen muss. <BR />Mit einem Batteriespeicher kann viel mehr vom lokal produzierten Gratisstrom genutzt und der Eigenverbrauch auf bis zu 80 Prozent gesteigert werden. Die Schwankungsbreite ist hier also recht groß. Als Faustregel sollte man für die optimale Ausnutzung pro installiertem Kilowatt-Peak Nennleistung einen Speicher zu 1 bis 1,5 kWh einkalkulieren.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-56229468_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Sie haben Förderungen angesprochen. Gibt es diese auch für die Speicherbatterien?</b><BR />Santa: Absolut. Privatpersonen können sowohl die Fotovoltaikanlage wie auch Stromspeicher zu 50 Prozent steuerlich abschreiben, was schon sehr interessant ist. Wer in einem Gebäude mit KlimaHaus Standard B die Anlage gleichzeitig mit einer Wärmepumpe installiert, hat die Möglichkeit auf einen Landesbeitrag von 40 Prozent der anerkannten Kosten, in derselben Höhe werden auch die Speicherbatterien gefördert. Für alle Förderungen gilt es allerdings, gewisse Anforderungen zu erfüllen.<BR /><BR /><b>Welche Anforderungen sind das?</b><BR />Santa: Beispielsweise gibt auf Landesebene keine Förderungen für Fotovoltaikanlagen mit Wärmepumpe, wenn das Gebäude in der Versorgungszone eines Fernheizwerks liegt. Auch die Wärmepumpe muss bestimmte Effizienzanforderungen erfüllen und das Heizsystem muss mit Vorlauftemperaturen unter 50 Grad Celsius betrieben werden. <BR />Die Abweichung der Fotovoltaikpaneele von der Südausrichtung darf maximal 90 Grad betragen, die förderfähige Speicherkapazität der Batterien ist mit 1 kW/kWp gedeckelt. Man sollte sich deshalb vor der Anschaffung von einem Fachbetrieb gründlich beraten lassen, auch was kleine Anlagen betrifft. So müssen beispielsweise auch Mikro- und Minianlagen am Balkon dem Netzbetreiber gemeldet werden. <BR /><BR /><b>Gibt es noch weitere „Stromschnellen“, auf die man achten sollte?</b><BR />Santa: Natürlich muss auch der Standort berücksichtigt werden. Wenn ich an einem schattigen Ort wohne, ist eine Fotovoltaikanlage vielleicht weniger attraktiv. Auch die Ausrichtung der Anlage beziehungsweise des Daches sollte günstig sein. Ebenfalls sollte man auf mögliche Verschattungen von Nachbargebäuden, Dachaufbauten, Kaminen, Bäumen und anderen Objekten achten. Diese können den Gesamtertrag stark beeinträchtigen, auch wenn sie nur einen Teil der Anlage verschatten. <BR />Aber auch hier kann ein Fachmann vorab Auskunft geben und abschätzen, wie viel eine Anlage in einem Jahr voraussichtlich produziert. Und man sollte wissen, dass der Wechselrichter nach etwa 10 bis 15 Jahren ersetzt werden muss, für den Rest der Anlage kann von einer Lebenserwartung von 30 Jahren ausgegangen werden.<BR /><BR /><b>Machen wir Nägel mit Köpfen: Was kostet mich der Umstieg auf eine Fotovoltaik-Anlage?</b><BR />Santa: Hier fließen die bereits angesprochenen Faktoren mit ein, vor allem aber die passende Dimensionierung der Anlage. Die Modulpreise sind in den vergangenen 10 Jahren konstant gefallen, mittlerweile stagnieren sie beziehungsweise werden aufgrund der hohen Nachfrage und Lieferengpässe wieder leicht teurer. Wer sich für eine kleine „Plug&Play“-Variante entscheidet, die am Balkon über eine Steckdose mit dem Netz verbunden wird, erhält diese bereits ab 600 oder 700 Euro.<BR /><BR /><b>Und was würde eine Anlage für einen 4-Personenhaushalt kosten?</b><BR />Santa: Nehmen wir an, dass ein 4-Personenhaushalt einen Stromverbrauch von 3000 bis 4000 Kilowattstunden im Jahr hat. Hier würde sich eine Anlage mit 4 Kilowatt-Peak eignen, diese kostet schüsselfertig installiert einschließlich Mehrwertsteuer etwa 9000 Euro – allerdings ohne Speicherbatterie. Um den tagsüber produzierten Strom auch abends und in der Nacht optimal nutzen zu können, wäre eine Speicherkapazität von 5 Kilowattstunden empfehlenswert, was eine Investition von etwa weitere 5000 Euro bedeutet. Somit sprechen wir insgesamt von rund 14.000 Euro. Mit der steuerlichen Abschreibung oder den Landesförderungen reduziert sich diese Ausgabe auf fast die Hälfte. Schafft es der Haushalt, damit dreiviertel seines Stromverbrauchs oder mehr zu decken, amortisiert sich die Investition in etwa 5 Jahren.<BR /><BR /><b>Dies die positiven Seiten der Anschaffung. Gibt es einen Haken?</b><BR />Santa: Aufgrund der hohen Nachfrage und der aktuellen Lieferengpässe gibt es auch bei Fotovoltaikanlagen lange Wartezeiten bei den Lieferungen und Montagen von etwa 6 bis 9 Monaten. Da muss man derzeit Geduld haben. Bei denkmalgeschützten Gebäuden und in Schutzzonen dürfen zudem Solarpaneele nur dort angebracht werden, wo man sie nicht sieht und sie das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Hier gibt es übrigens interessante Entwicklungen: Mittlerweile gibt es Dachziegel, die bereits Fotovoltaik-Elemente integriert haben und sich folglich auch sehr gut an historischen Gebäuden einsetzen lassen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="816014_image" /></div> <BR /><BR /><b>Apropos Nachhaltigkeit: Wie schaut es in Sachen energetische Rücklaufzeiten aus?</b><BR />Santa: Das ist eine Frage, die uns häufig gestellt wird: Ist die Produktion der Paneele überhaupt umweltfreundlich? Die kurze Antwort ist „ja“. Denn energetisch gesehen rechnen sich die Fotovoltaikanlagen bereits nach wenigen Jahren und die Komponenten und Materialien können gut recycelt und wiederverwendet werden.<BR /><BR /><b>Welchen Ausblick gibt es in Sachen Fotovoltaik?</b><BR />Santa: Im Bereich der erneuerbaren Energien können wir in Südtirol mit Sicherheit bei der Solarenergie das größte und umweltfreundlichste Ausbaupotenzial finden. Dabei sind in erster Linie aber nicht die Agri-Fotovoltaik und Freiflächenanlagen auf der grünen Wiese gemeint. Aus Gründen des Landschaftsschutzes ist diesen derzeit ohnehin per Gesetz ein Riegel vorgeschoben. Der Fokus ist daher zunächst auf gebäudeintegrierte Anlagen zu legen, etwa auf Industrie-, Gewerbe- und Wohngebäuden, aber auch auf überdachten Parkplätzen, Sportanlagen, Einhausungen und anderen, bereits verbauten Infrastrukturen. Wenn man die Ausbauziele erreichen will, muss man irgendwann aber auch darüber nachdenken, an welchen Standorten vielleicht auch Freiflächenanlagen oder auch Windenergie eine akzeptable Option darstellen könnten. Auch der Klimaplan legt deshalb einen besonderen Fokus auf Fotovoltaik: Derzeit gibt es in Südtirol eine installierte Leistung von etwa 260 Megawatt. Das Ziel bis 2030 ist es, diese um weitere 400 Megawatt auszubauen, bis 2037 sollen dann nochmals 400 Megawatt dazukommen. Das ist sicher ein ambitioniertes Ziel, aber machbar. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56232640_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Ihr abschließendes Fazit?</b><BR />Santa: Die Investition in eine Fotovoltaikanlage ist sicher eine gute Investition, um sich von den aktuellen Energiepreisentwicklungen und Risiken im Bereich der Versorgungssicherheit unabhängig zu machen. Entscheidend ist, dass man sich im Vorfeld gut informiert, von den technischen Aspekten bis hin zu den Fördermöglichkeiten und sich einem erfahrenen Fachbetrieb anvertraut. Und was in der aktuellen Energiekrise etwas untergeht: Mit einer Fotovoltaikanlage spart man nicht nur mittel- und langfristig Geld, man leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz.<BR /><BR /><BR /><BR />