<b>Herr Galateo, Sie waren zuletzt Verkaufsleiter des Bozner Dentalunternehmens Promis, in Vergangenheit aber auch journalistisch tätig. Wie hat es Sie in die Politik verschlagen?</b><BR />Marco Galateo: Das war ein bestimmtes Ereignis: der 11. September 2001. Ich war damals auf dem Weg nach Trient, als die Zwillingstürme in New York gefallen sind. Da habe ich erkannt, dass ich jetzt meinen Kindheitstraum umsetzen muss. Und als kleiner Junge habe ich davon geträumt, Staatspräsident zu werden. Also habe mich bei Alleanza Nazionale eingeschrieben. Mir war klar: Jetzt reicht es für mich nicht mehr, über Nachrichten zu berichten – damals war ich bei Videobolzano beschäftigt –, sondern ich muss sie selber machen. Und Alleanza Nazionale war die Partei, die mir in den nationalen und internationalen Themen am nächsten stand, auch wenn ich mich in der Lokalpolitik nicht so gut vertreten gefühlt habe. Zunächst aber war ich nur Parteimitglied und nicht aktiv politisch tätig. Damit habe ich dann später begonnen. <BR /><BR /><b>Seit kurzem haben Sie nun die Agenden für Handwerk, Handel, Dienstleistung und Industrie sowie jene für italienische Schule und Kultur über: Wie fühlt man sich als Super-Landesrat?</b><BR />Galateo: Überwältigt, dass mir so viel Begeisterung entgegengebracht wird. 2 Personen, die mich auf der Straßen angesprochen haben, haben mich besonders bewegt: Ein Italiener meinte: „Ich habe immer links gewählt, aber Sie haben es sich verdient, weil Sie sich über all die Jahre viel eingesetzt haben.“ Der andere war ein deutschsprachiger Südtiroler aus dem Schnalstal, der sagte: „Denken Sie daran, dass es auch uns Deutsche gibt, denken Sie nicht nur an die Italiener. Denn auch wir haben Vertrauen in diese neue Regierung.“ Da habe ich einmal mehr verstanden, dass dies der Landtag des Dialogs ist. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-63635527_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Mit Ihnen hat erstmals ein italienischsprachiger Südtiroler das Wirtschaftsressort inne. Fürchten Sie, dass das Schwierigkeiten bergen könnte, weil Sie, wie Sie sagen, Deutsch nur in der Schule gelernt haben? </b><BR />Galateo: Ich sehe da keine Probleme. Ich komme ja aus der Wirtschaft und da reden alle dieselbe Sprache: jene des Euro und des Profits und in der Wirtschaft wollen wir alle in dieselbe Richtung. <BR /><BR /><b>Welches sind die wichtigsten Themen, die Sie angehen werden?</b><BR />Galateo: Wir sind der Meinung, dass wir im Vergleich zur Vergangenheit einen Zahn zulegen müssen. Deshalb wollen wir zum einen ein technisch-wissenschaftliches Komitee – besetzt mit Experten und Universitätsprofessoren – einrichten und zum anderen einen Tisch oder eine Plattform ins Leben rufen, damit sich Vertreter von IDM, Noi Techpark und der Messe Bozen, also der operative wirtschaftliche Arm des Landes, regelmäßig austauschen. Zudem sollen dann auch Veranstaltungen einberufen werden, sogenannte Generalstände der Wirtschaft, an denen auch die Vertreter der Wirtschaftsverbände teilnehmen. Denn heute reden in der Wirtschaft die Beteiligten noch zu wenig miteinander.<BR /><BR /><b>Und welche Rolle soll das technisch-wissenschaftliche Komitee spielen?</b><BR />Galateo: Das Komitee wird keine Entscheidungen treffen, aber es hat eine beratende Funktion. Über diese beiden Gremien – Komitee und Plattform – können wir alle Teilnehmer der Wirtschaft dazu bringen, mitzureden – und das könnte uns große Vorteile bringen. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-63635528_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Auch im Hinblick darauf, dass Sie namhafte Unternehmen dazu bringen möchten, sich in Südtirol niederzulassen?</b><BR />Galateo: Ja. Mein Ziel ist es, die am stärksten kapitalisierten Firmen der Welt nach Südtirol zu holen. Schon heute produzieren Südtiroler Unternehmen Teile für Tesla und die NASA, wir haben den Noi Techpark, spezialisierte Notare, Wirtschaftsprüfer, Start-ups usw. Wenn wir all das, was wir schon bieten, in einem Netzwerk zusammenführen, dann können wir hier ein kleines Silicon Valley einrichten. Ich sehe es als Aufgabe der Politik, nicht nur Beiträge auszuzahlen, sondern auch dafür zu sorgen, dass Unternehmen die richtigen Partner finden und sich entwickeln können. Alpitronic war ja auch ein Start-up, das im Noi Techpark entstanden ist – und solche Firmen hätte ich gerne mehrere.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-63635529_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Aber wir sehen die Probleme, die Alpitronic in Südtirol hat, einen Standort zu finden. Wie will Südtirol da vorgehen?</b><BR />Galateo: Das ist tatsächlich ein Hindernis: Wenn wir Alpitronic wegschicken, wie sollen wir dann die größten Firmen der Welt herholen? Deshalb braucht es viel Kommunikation: Die Wirtschaft muss in Zukunft mehr mit den Schulen reden und die geplante Plattform und das wissenschaftliche Komitee können auch dazu beitragen, die Öffentlichkeit über die Vor- und Nachteile zu informieren. Denn wenn Terlan Alpitronic nicht möchte, dann ist das eine Entscheidung, die nicht nur Terlan betrifft, sondern die gesamte Wirtschaftswelt. Denn das Signal, das wir an ausländische Unternehmen senden, ist: Hier seid ihr nicht willkommen. Und das dürfen wir uns wahrscheinlich nicht mehr leisten. Wir sind dagegen, die Gemeinde Terlan zu etwas zu zwingen, das will auch Alpitronic nicht, aber wir müssen mehr Bewusstsein für solche Anliegen schaffen. Ein Traum wäre auch, Tesla nach Südtirol zu holen. <BR /><BR /><b>Ein Traum oder ein Ziel?</b><BR />Galateo: Wir arbeiten daran. Ein weitere Gigafactory wie sie Tesla in Deutschland eröffnet hat, wird hier nicht errichtet werden, dafür fehlt der Platz. Aber unsere Unternehmen könnten als Zulieferer von Bestandteilen fungieren. Heute muss sich Tesla alles aus den USA anliefern lassen. Zudem wissen wir ja, dass Elon Musk, sich gerne in Alta Badia niederlassen würde, und er hat gute Beziehungen zu Giorgia Meloni. Von da ist es zwar noch ein weiter Weg, aber es wäre ein Traum. Ebenso wie Apple. Warum nicht groß denken, wenn wir schon eine IT-Fakultät haben? Trient hat sich auch Microsoft geholt. Und wenn sich solche Unternehmen bei uns niederlassen, könnten wir vielleicht auch vermeiden, dass unsere jungen Menschen abwandern und im Gegenzug eventuell sogar Talente von außen anziehen. <BR /><BR /><b>Dafür muss Südtirol aber wohl noch einiges tun, das Trentino hat in Sachen Innovation ordentlich vorgelegt…</b><BR />Galateo: Das stimmt. Wir dürfen nicht glauben, dass wir immer die Besten sind, das ist unser Makel. Deshalb müssen wir dafür arbeiten, besser zu werden. Ich würde uns jedenfalls gerne überall auf Platz eins sehen, weil ich stolz bin, Südtiroler zu sein. <h3> Zur Person</h3>Marco Galateo (Jahrgang 1979) hat bereits einige politische Stationen (und Parteien) hinter sich: Sein erstes Parteikärtchen erhielt er 2001 von Alleanza Nazionale, 2013 wurde er Landeskoordinator von Forza Italia, von 2015 bis 2020 vertrat er die Lega im Bozner Gemeinderat und von 2020 bis 2022 Fratelli d’Italia. <BR /><BR />2022 rückte er für den ins Parlament gewechselten Alessandro Urzì in den Landtag nach. <BR /><BR />Bei den Landtagswahlen 2023 erhielt Galateo 2993 Stimmen, was ihm schließlich das Amt des Landeshauptmannstellvertreters sowie des Landesrates für italienische Bildung und Kultur sowie Handel und Dienstleistungen, Handwerk und Industrie einbrachte.<BR /><BR />Seine berufliche Laufbahn startete der 44-Jährige zunächst im journalistischen Bereich (bei Videobolzano, RTTR sowie Stol), bis er 2006 als Handelsagent in den pharmazeutischen Bereich wechselte. Daraufhin war er für verschiedene Pharmaunternehmen tätig, arbeitete aber auch 2 Jahre lang als Anlageberater für Banca Mediolanum. Zuletzt war der gebürtige Meraner, der heute in Bozen lebt, Verkaufsleiter des Bozner Dentalunternehmens Promis. <BR /><BR />Seine Freizeit widmet Galateo seiner Familie – er ist verheiratet und hat 3 Mädchen. „Und wenn ich nicht Politik mache, bin ich – wie viele andere Eltern – hauptsächlich damit beschäftigt, Taxifahrer für meine Töchter zu machen“, scherzt Galateo. Daneben liebt er es, neue Orte inner- und außerhalb Südtirols zu besuchen.<BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/suche/Landesr%C3%A4te%20im%20Interview" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hier alle weiteren Interviews mit unseren Landesräten.</a><BR /><BR /><BR /><BR />