Das Observatorium der Euregio „Eurobs“ ist ein gemeinsames Projekt der Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient. Unterstützt wird es durch die Banken Intesa Sanpaolo und BTB. „Unser Ziel war es nicht, nur die Krise zu analysieren“, erklärte Eurobs-Präsident Ferdinand Willeit heute auf einer Pressekonferenz in Bozen, „sondern zu klären, welche die Schwachstellen dieser drei Territorien sind.“ Gute Ausgangssituation als rettender AnkerDie Euregio wurde von der globalen Wirtschaftskrise, die im Jahr 2007 in den USA ihren Ursprung hatte, nur am Rande in Mitleidenschaft gezogen. „Sie war 2007, was die wirtschaftliche Situation betrifft, in einer sehr guten Ausgangsposition“, unterstrich Eurobs-Direktor Christoph Hauser vom Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Universität Innsbruck. . Der Lebensstandard war 2007 hoch: Alle drei Regionen befanden sich unter den Top 50 der reichsten europäischen Regionen (BIP pro Kopf: 30.000 Euro). Die Arbeitslosenquote lag in der Euregio bei unter drei Prozent und war damit eine der niedrigsten in den EU-Regionen.„Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt waren deshalb moderat“, so Hauser. Struktur des Bankensektors positiv zu bewertenPositiv sei auch die konservative Struktur des Bankensektors in Südtirol, dem Trentino und Tirol zu bewerten. „Sie diente als Puffer“, erklärte Hauser. „In den Provinzen Bozen und Trient herrscht eine hohe Konzentration von kleinen, lokalen Banken“, erläuterte Michele Giuranno. Die Einlagequoten hätten 2007 zu 92 Prozent (BZ) bzw. zu 79 Prozent (TN) kleine Banken betroffen. Weniger keine Banken gibt es in Tirol. „Deshalb war dort knapp die Hälfte der Banken den Auswirkungen der Krise ausgesetzt“, so Giuranno. Tourismusbranche war krisenresistentLaut Christoph Hauser konnten auch die in Südtirol und im Trentino mäßigen bzw. im Tirol mittleren Exportquoten die Krise einigermaßen abfedern. „Die begrenzte Anbindung an der Weltwirtschaft hatte positive Auswirkungen“, so Hauser. Auch das Wachstum im Tourismus habe die Wirtschaft stabilisiert, betonte der Eurobs-Direktor.Von 2008 bis 2009 hat es - laut Eurobs - in Südtirol bei den Übernachtungen ein Plus von 1,3 Prozent und in der Provinz Trient von 2,4 Prozent gegeben. Das Wachstum im Tourismus hat die Abnahme der Importe und Exporte in den beiden Provinzen ausgeglichen. Das Bruttoregionenprodukt sank in Südtirol somit nur um ca. ein Prozent, in Trient gab es sogar ein Wachstum von 0,75 Prozent.In Nordtirol gab es neben einem Exportrückgang auch ein leichtes Minus bei Übernachtungen (-1,9 Prozent). Das Nordtiroler Bruttoregionenprodukt sank um etwa zwei Prozent. Werden Vorteile zu Nachteilen?Was in der Krise als Vorteil galt, könnte sich – glaubt man den Eurobs-Analysen – künftig allerdings als Nachteil erweisen. „Die Bankenstruktur könnte mittel- bis langfristig Nachteile mit sich bringen, da nur limitierte Gewinne möglich sind“, so Hauser. Dies liege am Mangel an Skaleneffekten, sowie am begrenzten Zugang zu Risikokapital. Sobald die Weltwirtschaft aus der Krise erwache, sei für die Euregio „das Potential, an diesem Aufschwung zu partizipieren, begrenzt“, warnt Hauser. Mittelfristig könne die schwache Exportleistung das regionale Wachstum hemmen.Auf längere Sicht könne, laut Hauser, „eine geringere Exportquote nachträglich ein geringeres Wachstum der Arbeitsproduktivität bedeuten.“Zuletzt sprach der Eurobs-Direktor von der Unternehmensentwicklung innerhalb der Euregio: „Weil die Unternehmen nicht dem Druck der internationalen Märkte ausgesetzt sind, könnte sich das nachteilig auf die Innovation auswirken.“Ob die bisherigen Vorteile zu Nachteilen werden, wird die Eurobs überprüfen. In Zukunft plant die Organisation laufende Analysen des Wirtschaftswachstums und des sozialen Wohlstandes der Euregio und ihrer angrenzenden Regionen.Barbara Raich