<b>Von Christoph Höllrigl</b><BR /><BR />Ein paar Hundert Euro mehr im Monat – das wäre doch was, oder!? Entweder, weil dann etwas mehr Geld übrig bleibt für den Urlaub und das Hobby, oder weil es sonst schlicht nicht bis zum Monatsende reicht. Was läge da näher, als einen Zweitjob anzunehmen?<h3> Der Trend zum Zweitjob ist international im Steigen</h3> Dass diese Überlegung immer mehr Anklang findet, zeigt sich in internationalen Statistiken: In Deutschland etwa hatten 2023 4,5 Prozent aller Erwerbstätigen neben ihrer Haupttätigkeit mindestens eine weitere Tätigkeit. Dieser Wert hat sich seit Anfang der 1990er-Jahre mehr als verdoppelt (Quelle: Statistisches Bundesamt). Eine viel höhere Zweitjobquote haben etwa die Niederlande (10,2 Prozent der Erwerbstätigen), Dänemark (8,0 Prozent) oder Finnland (7,5 Prozent). In Italien liegt die Quote übrigens bei lediglich 1,2 Prozent (Quelle: Eurostat), was freilich auch an der „Schwarzarbeitsquote“ liegen könnte.<h3> Südtirol: Keine Gesamtdaten, aber wohl viele mit Nebenjob</h3>Für Südtirol gibt es leider keine Zweitjobquote. Es gibt aber Zahlen in unterschiedlichen Bereichen, etwa der Landesverwaltung oder dem Sanitätsbetrieb. Die aktuellsten Daten zur Landesverwaltung stammen aus dem Jahr 2021. Von den damals rund 12.000 Angestellten verdienten sich 1497 mit einer Nebentätigkeit etwas dazu – also etwa jeder Achte (entspricht 12,5 Prozent). Beim Sanitätsbetrieb waren es 2022 insgesamt 848 von ca. 10.000 Angestellten (an erster Stelle Krankenpfleger), die eine Nebentätigkeit ausübten (also ca. 8,5 Prozent). Diese beiden Detail-Quoten zeigen bereits, dass die Zweitjobquote in Südtirol – im Vergleich zum europäischen Ausland – auf einem sehr hohen Ni<?TrVer> veau liegen dürfte.<BR /><BR />Das vermutet auch Stefan Perini, Direktor des Arbeitsförderungsinstituts (AFI): „Wir wissen zwar nicht genau, wie viele Südtiroler einen Nebenjob haben, aber es sind sicherlich viele.“ Das erklärt sich der AFI-Direktor auch mit den Besonderheiten der heimischen Wirtschaftsstruktur. Südtirol sei nämlich stark von Landwirtschaft und Tourismus sowie Kleinbetrieben geprägt. Im Bereich der Landwirtschaft gebe es deshalb einerseits zahlreiche Landwirte, „die ihren Betrieb im Nebenerwerb führen“, so Perini, andererseits viele Personen aus dem familiären Umfeld, die in der Landwirtschaft mithelfen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1138401_image" /></div> <BR />Ähnliches gelte für den Tourismus und kleine Betriebe, wo ebenso oft Familienmitglieder in einem Nebenjob mithelfen – in unterschiedlichster vertraglicher Form wohlgemerkt. Unabhängig davon verweist der AFI-Direktor auf den Umstand, dass es einen Unterschied zwischen geringfügiger Beschäftigung (etwa die kurzfristige Mithilfe beim Weihnachtsmarkt) und einer regelmäßigen Zweitarbeit gibt.<BR /><BR /><h3> Perini: Eine Vollzeitarbeit sollte eigentlich ausreichen</h3>Gegen all diese Formen der Ne<?TrVer> benbeschäftigung hat Stefan Perini nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Gerade, wenn es darum gehe, dass jemand gerne in der Familie helfe oder sich mit einem Nebenjob einen kleinen Luxus leisten wolle, sei das durchaus begrüßenswert. „Aber nicht aus der Not heraus“, so der AFI-Direktor. „Problematisch ist es, wenn der Vollzeitjob nicht reicht und jemand deshalb einen Nebenjob macht, um über die Runden zu kommen. Ein Vollzeitjob muss ausreichen, um halbwegs würdig zu leben, ohne auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.“ Sonst lande man bei amerikanischen Verhältnissen. Zwei oder drei Jobs sind dort in den unteren Einkommensklassen oft Standard.<BR /><BR />Geht es um die arbeitsrechtliche Komponente von Nebenjobs, weist Josef Tschöll, Arbeitsrechts- und Steuerberater aus Sterzing, darauf hin, „dass es sehr viele Möglichkeiten gibt – von der Gelegenheitsarbeit über den Teilzeitvertrag bis hin zur Selbstständigkeit.“ Als Hauptarbeitsverhältnis gelte laut Tschöll jenes, „bei dem ich die meiste Arbeitszeit verbringe und das meiste Einkommen erziele“. Eine Zweittätigkeit könne freilich im Laufe der Zeit durchaus zur Haupttätigkeit werden, z.B. wenn eine nebenberufliche unternehmerische Tätigkeit so erfolgreich ist, dass sie irgendwann Überhand nimmt.<BR /><BR /><h3> Tschöll: Arbeitgeber informieren, Treuepflicht einhalten</h3>Was unbedingt vor Start einer Nebentätigkeit notwendig sei, so Tschöll: „Der Hauptarbeitgeber sollte über die Nebentätigkeit informiert werden.“ Vor allem, um abzuklären, „ob die Treuepflicht des Arbeitnehmers laut Artikel 2105 des Zivilgesetzbuches nicht verletzt wird.“ Darin sind die Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber definiert. Tschöll: „So darf nicht auf eigene Rechnung oder für Dritte in Konkurrenz zum Arbeitgeber gearbeitet oder das Know-how weitergegeben werden.“ In den jeweiligen Kollektivverträgen sei das meist detaillierter definiert. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1138404_image" /></div> <BR />Vergehen dagegen könnten mit Disziplinarmaßnahmen oder – im schlimmsten Fall – gar mit Kündigung enden. Im öffentlichen Dienst bestehe außerdem eine Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten (Art. 53 des Gesetzesdekretes 165/2001) bzw. ein eigenes Landesgesetz mit entsprechenden Einkommensobergrenzen.<h3> Hauptarbeitgeber darf Nebentätigkeit einschränken</h3>Im Artikel 8 des Transparenzdekrets 104/22 sei außerdem definiert, „dass der Arbeitgeber die Tätigkeit des Arbeitnehmers unter bestimmten Bedingungen einschränken darf. Etwa, wenn ein Risiko für die Gesundheit und Sicherheit am Hauptarbeitsplatz besteht – also wenn die Ruhezeiten von mindestens elf Stunden nicht eingehalten werden, oder wenn jemand anderorts ständig Nachtarbeit verrichtet“, so Josef Tschöll. Wenn ein Angestellter mit 40-Stunden-Woche abends also noch 20 Stunden kellnert, kann ihm das der Hauptarbeitgeber untersagen, „weil in diesem Beispiel wohl die Ruhezeiten nicht eingehalten werden.“ Das gelte im Übrigen auch für zwei Teilzeitarbeitsverhältnisse zu je 30 Stunden.<BR /><BR />Im Umkehrschluss kann ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit nicht untersagen, wenn alle Auflagen des Artikels 8 des Transparenzdekrets 104/22 erfüllt sind. Am Wochenende vier Stunden in einem Café zu arbeiten, ist also grundsätzlich erlaubt. „Das kann dann keiner verbieten, wenn die genannten Regeln nicht verletzt werden“, bestätigt Tschöll.<h3> Selbstständige Arbeit – am besten Steuerberater fragen</h3>Das alles gilt auch, wenn jemand freiberuflich arbeitet, ob nun als Skilehrer oder – was immer beliebter wird – online bzw. über soziale Medien. „Da gibt es so viele Auswirkungen beitrags- und steuerrechtlicher Natur, dass man sich vorab mit einem Steuerberater ansehen muss, wie man das am besten gestaltet“, sagt dazu Josef Tschöll: „Denn sonst gibt es nachher zwischen Fiskus und INPS unliebsame Überraschungen.“ <h3> Schwarzarbeit als denkbar gefährlichste Variante</h3>Wer es hingegen mit dem Gesetz nicht ganz so genau nimmt und in Sachen Zweitjob gar auf Schwarzarbeit setzt, riskiert natürlich am meisten. Wird jemand dabei ertappt, sind die Konsequenzen enorm – in erster Linie für jene, die schwarz arbeiten lassen, aber auch für die Schwarzarbeitenden selbst.<BR /><BR />Der Hauptarbeitgeber ist dabei laut Tschöll noch das kleinste Problem – wenngleich wiederum Verstöße gegen die Treuepflicht oder Verletzungen der Auflagen aus Artikel 8 des Transparenzdekrets 104/22 festgestellt werden könnten. Die vorher zusätzlich verdienten 200–300 Euro pro Monat stehen dann in keiner Relation zum potenziellen Schaden.