Samstag, 16. September 2023

Jugendanwältin: „Sexuelle Gewalt häufiger, als wir gerne glauben würden“

Eine 14-Jährige wird auf einem Dorffest in Südtirol von 2 Männern vergewaltigt. Der Fall hat im Land für Entsetzen gesorgt. Um das Opfer zu schützen, gibt es keine Informationen zu den näheren Umständen. Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller ist überzeugt: „Fälle von sexueller Gewalt gegenüber Minderjährigen passieren leider häufiger, als wir gerne glauben würden.“

„Es ist wichtig, hinzuschauen und hinzugehen“, sagt Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller. - Foto: © shutterstock

Die Vergewaltigung einer 14-jährigen Jugendlichen auf einem Dorffest hat die Südtiroler Öffentlichkeit erschüttert.
„Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene Bescheid wissen, wo die Grenzen liegen, was in Ordnung ist und was nicht“, sagt Höller. „Grenzen werden oft schon überschritten, bevor es zum äußersten Fall kommt.“

Es gelte, Präventionsarbeit zu sexueller Gewalt auszubauen und die Aufmerksamkeit zu schärfen, damit etwa Augenzeugen eingreifen, wenn sie unangemessenes Verhalten oder sexuelle Übergriffe gegenüber Minderjährigen beobachten. Erwachsene spielten eine wichtige Rolle: „Es ist wichtig, hinzuschauen und hinzugehen“, mahnt Höller. „Wir sollten die Minderjährigen in potenziellen Gefahrensituationen fragen, ob alles in Ordnung ist und – unabhängig von der Antwort – sie nicht alleine mit möglichen Angreifern lassen.“ Nicht zögern sollten Zeugen auch, wenn es darum gehe, die Ordnungskräfte zu verständigen.

Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller - Foto: © manuelatessaro.it

Kinder und Jugendliche stärken

Präventionsarbeit und die entsprechende Sensibilisierungsarbeit sind von entscheidender Bedeutung. „Mit Kindern und Jugendlichen kann man schon im Vorfeld besprechen, was bei einem Übergriff hilft und schützt“, sagt Daniela Höller. „Es gab etwa kürzlich einen Fall im Trentino, bei dem ein Bub einen Angreifer im Park konsequent mit seinem Handy gefilmt hat. Ein gutes Beispiel, um Kindern zu erklären: Was ist in einer solchen Situation nützlich? Was sind Strategien, mit denen ich mich aus einer bedrohlichen Situation befreien kann? Jugendliche, die mit Freunden ausgehen, könnten etwa ein Codewort vereinbaren, um den anderen zu verstehen zu geben, wenn Hilfe nottut.“

Die Kinder- und Jugendanwältin betont die Bedeutung eines offenen Dialogs zwischen Eltern und Kindern. „Gemeinsam sollten potenzielle Gefahrensituationen besprochen werden.“ Es gehe dann aber nicht nur darum, potenzielle Opfer zu schützen, sondern Buben wie Mädchen von klein auf über das Thema aufzuklären und entsprechend zu erziehen.

Altersunterschied und Einverständnis: Was Jugendliche wissen müssen

Unabhängig vom Alter ist das wichtigste Prinzip, dass alle Beteiligten bei sexuellen Handlungen einverstanden sein müssen, erklärt Höller: „Dieses Einverständnis kann jeder in jedem Moment der Handlung widerrufen.“

In erster Linie spricht das Strafgesetz von sexueller Gewalt, wenn jemand mittels Gewalt, Drohung oder Machtmissbrauch zu sexuellen Handlugen gezwungen wird. Das italienische Gesetz gibt auch das Alter vor, ab welchem Jugendliche einen gesetzlich gültigen Konsens geben können – nämlich mit 14 Jahren. „Wer also mit einer Person, die jünger als 14 ist, sexuelle Handlungen ausübt, macht sich strafbar, auch wenn diese Person zugestimmt hat“, sagt Höller.

Hierzu gebe es nur eine Ausnahme, „nämlich bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen mit einer minderjährigen Person, die bereits 13 Jahre alt ist, sofern der Altersunterschied zur anderen Person nicht mehr als 4 Jahre beträgt.“

„Sofern die Minderjährigen unter 16 sind und die andere Person eine Erziehungs- oder Aufsichtsfunktion inne hat (z.B. Lehrer/-in, Sporttrainer/-in etc.) macht sich letztere strafbar, auch wenn die minderjährige Person ab 14 zugestimmt hat“, erklärt Höller. „Sofern die Minderjährigen älter als 16 sind und die andere Person eine Erziehungs- oder Aufsichtsfunktion inne hat, macht sich letztere ebenso strafbar, wenn sie ihre Funktion gegenüber dem Minderjährigen ausgenutzt bzw. missbraucht hat.“

kn

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