Lebenslange Haft für Benno Neumair – Die Reaktionen - Chronik

Am 4. Jänner 2021 verschwanden Laura Perselli und Peter Neumair abends spurlos. Bald war klar: Was ursprünglich als Vermisstenfall galt, war in Wahrheit ein Gewaltverbrechen. Bald schon wurde gegen Benno Neumair wegen des Mordes an seinen Eltern ermittelt. Am 29. Jänner wurde Benno Neumair festgenommen. Am 6. Februar gab die Etsch die Leiche seiner Mutter frei. Die Suchaktion, die dem vorausgegangen war, ist in der Geschichte des Landes beispiellos. Die Tat hat der heute 32-Jährige am 11. Februar angesichts eines Fotos seiner toten Mutter gestanden: Er habe – nach einem Streit – erst seinen Vater mit einem Seil erdrosselt, dann seine Mutter, als diese heimkam. Die Leichen habe er bei der Etschbrücke in Pfatten ins Wasser geworfen. Den Körper von Peter Neumair fand man erst am 27. April südlich von Trient in der Etsch. Der Schwurgerichtsprozess zum Mordfall begann im März dieses Jahres. Im Wesentlichen ging es dabei um die Frage, ob Benno Neumairs Schuldfähigkeit in Folge einer Persönlichkeitsstörung eingeschränkt sei oder nicht. Fast 100 Zeugen wurden in den vergangenen 9 Monaten an 17 Verhandlungstagen vom Gericht angehört. Am heutigen Samstag fand nun der letzte Prozesstag statt – mit dem zweiten Schlussplädoyer der Verteidigung und den Repliken (Hier lesen Sie den STOL-Liveticker dazu). Um 12 Uhr waren diese beendet, danach zogen sich die Richter zur Beratung zurück. Um 17.40 Uhr dann das Urteil: Benno Neumair wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Jahr muss er in Einzelhaft verbringen. Hier das Urteil: Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Benno Neumair ist schuldig. Das Gericht verurteilt Benno Neumair für den Mord unter erschwerten Umständen an Peter Neumair zu lebenslanger Haft. Das Gericht verurteilt Benno Neumair für den Mord unter erschwerten Umständen an Laura Perselli zu lebenslanger Haft. Für die Vernichtung ihrer Leichen verurteilt das Gericht Benno Neumair zu 3 Jahren. Insgesamt ergibt sich damit eine lebenslange Haftstrafe, davon muss Benno Neumair ein Jahr in Einzelhaft ableisten. 200.000 Euro an Madé Neumair, 80.000 Euro für Carla Perselli Benno Neumair wird auch dazu verurteilt, den Nebenklägern Schadenersatz zu leisten. Das Gericht verfügt einen Schadenersatzvorschuss von 200.000 Euro an Madé Neumair, 80.000 Euro für Carla Perselli. Außerdem wird Benno Neumair dazu verurteilt, für die entstandenen Prozesskosten aufzukommen. So reagiert Madé Neumair auf das Urteil Madé Neumair war als Nebenklägerin den gesamten Prozessmarathon vor Gericht dabei, auch bei der Urteilsverkündung am Samstagabend. Die Tochter der Mordopfer Laura Perselli/Peter Neumair verfolgte mit Tränen in den Augen, wie ihr Bruder Benno wegen des Mordes an ihren Eltern schuldig gesprochen wurde: Madé Neumair sagt: &bdquo;Nach dem heutigen Urteil ändert sich nichts. Der 4. Jänner hat schon alles verändert. Ich wünsche mir nun, zur Ruhe kommen zu können.“ &bdquo;Zufriedenheit“ sei angesichts dieses Urteils das falsche Wort. &bdquo;Die Strafe ändert nichts daran, dass Mama und Papa nicht mehr da sind. Es ist kein Sieg. Ein Kapitel ist zu Ende. Vielleicht kann jetzt etwas Frieden einkehren, nachdem es abgeschlossen ist. Das Urteil, das der Richter ausgesprochen hat, schafft etwas Gerechtigkeit – auch wenn uns in Wahrheit niemand die Gerechtigkeit geben kann. Ich habe noch immer nicht ganz realisiert, was gerade geschehen ist.“ Carlo Bertacchi, der Anwalt von Madé Neumair, kommentiert: &bdquo;Madé hat von diesem Gericht die Wahrheit gewollt. Soweit das auf juristischer Ebene möglich war, hat sie diese bekommen: Benno wusste, was er tat, als er die Eltern tötete. Ob sie jemals von Benno erfahren wird, was wirklich passiert ist, daran zweifle ich.“ So reagiert die Familie auf das Urteil Tante Michaela Neumair sagt: &bdquo;Für mich ist dieses Urteil kein Sieg. Es braucht eine Strafe. Aber ich glaube an das Gute im Menschen. Ich hoffe, dass Benno eines Tages Reue empfinden kann. Ich hoffe, Benno kann eines Tages etwas Gutes aus seinem Leben machen.“ Tante Carla Perselli, die sich als Nebenklägerin in das Verfahren eingelassen hatte, sagt: &bdquo;Die volle Wahrheit hat Benno noch nicht gesagt. Diesen Schritt muss er noch tun. Wir sind Menschen. Wir sind hier. Aber ich will jetzt nicht daran denken. Ich spüre die Nähe von Laura.“ Der Schmerz sei noch derselbe. &bdquo;Ich danke dem Gericht, das außerordentliche Arbeit geleistet hat. Es sind nun fast 2 Jahre vergangen. Weihnachten rückt näher. Es ist eine Wunde, die nicht heilt. Aber in all dieser Tragödie spüren wir die Nähe von vielen Menschen. Das tut uns gut und gibt uns Kraft.“ Carla Persellis Anwältin Elena Valenti sagt: &bdquo;Der Schadenersatz ist nicht das, worum es gegangen ist. – Das sind Prozesse, die man weder verliert noch gewinnt. Das Leben der Zivilparteien hat sich am 4. Jänner verändert; nicht heute. Die Wahrheit, die sie kannten und die sie in diese Aula bringen wollten, zu zeigen, wer Laura und Peter wirklich waren, und wer Benno war – dieses Ziel haben wir erreicht.“ Carla Persellis Mann Gianni Ghirardini kommentiert das Urteil so: &bdquo;Ich glaube, dass Benno alles geplant hat – beide Morde. Ich glaube, Bennos Narzissmus ist ein unheilbarer Charakterzug. Dass es soweit kommen würde, hat niemand geahnt. Ich glaube an den freien Willen. Es ist zu einfach zu sagen: Er ist krank und hatte keine Wahl.“ &bdquo;Gewonnen“ habe heute niemand. &bdquo;Aber wir können ein Kapitel schließen.“ So reagiert die Verteidigung auf das Urteil Benno Neumairs Verteidiger Angelo Polo sagt in einer ersten Reaktion: &bdquo;Wir warten auf die Urteilsbegründung und entscheiden dann, ob wir in Berufung gehen. Lebenslange Haft zu vermeiden war schwierig.“ Er und Flavio Moccia wollen gleich am Montag zu Benno ins Gefängnis gehen: &bdquo;Es ist anzunehmen, dass er vorher aus den Medien erfahren wird, wie das Urteil ausgefallen ist.“ Auf die Frage, welchen Prozessausgang Benno selbst erwartet hat, sagt Polo: &bdquo;Chi lo sa. (Wer weiß das schon.)“ Und auf die Frage, wie es Benno Neumair gehe, sagt er: &bdquo;Es geht ihm so, wie es ihm in den vergangenen 30 Jahren ergangen ist – wie einem psychisch Kranken.“ Hier können Sie alle Berichte zum Fall nachlesen.