Die Hoffnung, am 4. Tag nach dem schweren Erdbeben vom Freitagabend Menschen noch lebend zu finden, schwindet von Stunde zu Stunde. Dutzende Dörfer seien zerstört, berichtete die marokkanische Nachrichtenseite Hespress. Laut UNO-Linderhilfswerk UNICEF sind auch 100.000 Kinder von den Folgen des Bebens betroffen.
Die Einwohner müssen laut Hespress nicht nur die Toten bergen und begraben, es mangele auch an Lebensmitteln und Wasser. Der Einsatzleiter eines britischen Hilfstrupps warnte im Sender BBC vor einem steigenden Risiko von Krankheiten, wenn sich die Hilfe weiter verzögere. Die Einsatzkräfte versuchten unterdessen weiter, in entlegene Bergdörfer vorzudringen. Mit schwerem Gerät wie Bulldozern mussten in dem zerklüfteten Gelände Straßen von Geröll befreit werden, damit Krankenwagen nach Erdrutschen durchkommen.
Marokkanische Regierung unter Druck
Die marokkanische Regierung steht angesichts dieser verzweifelten Situation in den Katastrophengebieten unter wachsendem Druck, mehr internationale Hilfe anzunehmen. Bisher hat Marokko nur Hilfe aus vier Ländern akzeptiert - Spanien, Großbritannien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten.Beamte des Landes rechtfertigten dies damit, dass es ihrer Einschätzung nach zu chaotisch wäre, wenn plötzlich Teams aus der ganzen Welt in Marokko eintreffen würden. Nach Angaben der Regierung wurden bis Montagabend mindestens 2862 Tote gezählt, mindestens 2562 weitere Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst.
Es wird daher befürchtet, dass die Zahl der Toten noch weiter steigt. Die Behörden hätten mittlerweile Feldlazarette in der Nähe des Epizentrums eingerichtet, um dort Verletzte zu versorgen, sagte Justizminister Abdel Latif Wehbe dem arabischen Fernsehsender Al-Arabiya am Montag. Derzeit könne man die genaue Anzahl der Toten und Schäden nicht klären. Am Montag warfen Militärhubschrauber Hilfspakete über schwer zugänglichen Bergregionen ab.
Etwa 100.000 Kinder betroffen
Die Bevölkerung brauche neben humanitärer Hilfe nun auch vor allem psychologische Unterstützung, erklärte die Hilfsorganisation Care. „Neben den enormen physischen Verwüstungen wiegt vor allem auch der emotionale Schaden, der von dem erlebten Grauen und der ausgestandenen Angst verursacht wurde, sehr schwer“, erklärte Hlima Razkaoui, Generalsekretärin von Care Marokko, in einem Bericht.Von der Erdbebenkatastrophe sind laut UNICEF etwa 100.000 Kinder betroffen. Man kenne zwar noch nicht die genaue Zahl der getöteten und verletzten Kinder, erklärte die Organisation in einer Mitteilung. Kinder machten aber nach jüngsten Schätzungen 2022 fast ein Drittel der Bevölkerung des Landes aus. Tausende von Häusern seien zerstört worden. Dadurch seien auch Familien obdachlos geworden und müssten die derzeit kalten Nächte im Freien verbringen.
Es sei damit zu rechnen, dass Nachbeben auch in den kommenden Tagen und Wochen andauern und Kinder und Familien gefährden, so UNICEF. Schulen, Krankenhäuser und andere medizinische und pädagogische Einrichtungen seien durch das Beben beschädigt oder zerstört worden, was die Kinder zusätzlich belaste.