Landespolitiker, Bürgermeister, Unternehmer, Tourismusexperten und Führungspersönlichkeiten aller Sparten hatten sich nach 3 Jahren Coronaabstinenz wieder in Sexten versammelt, um über gesellschaftliche Veränderungsprozesse von aktueller Brisanz zu diskutieren. Dementsprechend erfreut über das große Interesse zeigte sich Christoph Rainer, der Präsident von Sexten Kultur und Organisator der Veranstaltung.<BR /><BR />„Das Thema Partizipation“, so Moderator Harald Pechlaner von Eurac Research, „beschäftigt uns in der aktuellen Diskussion in Südtirol vor dem Hintergrund des neuen Raumordnungsgesetzes – die einen sind zufrieden, die anderen frustriert und das beeinflusst nicht zuletzt die Gemeindeentwicklungskonzepte. Partizipation hat viel mit Demokratie zu tun, wissen wir doch, dass immer öfter große Projekte nicht ohne den Konsens einer breiten Bevölkerungsgruppe umgesetzt werden. Und schließlich geht es beim Thema der 6. Sextner Kamingespräche um Nachhaltigkeit, nämlich die Entwicklung unseres Lebensraumes im Allgemeinen für künftige Generationen. Darin verbirgt sich eine große Portion Verantwortung.“<BR /><BR />Jörg Sommer, Direktor des Berlin Institut für Partizipation und als Gutachter und Berater für Parlamente, Ministerien, Stiftungen und Verbände tätig, ging in seinem Impulsreferat auf die Bedeutung von Partizipation und die sich daraus ergebenen Veränderungen ein. „Der Beteiligungsprozess hat einen Wirkungsanspruch, dass sich am Ende etwas verändert. Dies muss letztlich auch zu gelassen werden, sonst war die Partizipation ein „Feigenblatt“.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="819158_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Mitgestaltung erste Partizipationsstufe</b><BR /><BR />Mitgestaltung ist die erste Partizipationsstufe. Partizipation wird angeboten mit unterschiedlichen Zielen, beispielsweise Akzeptanz, dass die Bürger etwas akzeptieren, oder dass Prozesse dadurch beschleunigt werden. Beteiligung kann Ergebnisse aber auch verbessern, da Erfahrungswerte von unmittelbar Betroffenen in die Entscheidung eingeflossen sind. Und Partizipation macht eine Gesellschaft widerstandsfähiger - gerade in derzeitigen Krisen wenngleich Konflikte dadurch nicht lösbarer werden, aber sie werden sichtbar und diskutierbar. Auf jeden Fall bewirkt Bürgerbeteiligung eine Transformation, Stichwort Klimakrise - sie sorgt für dramatische Veränderungen. Sie ist aber die Chance, Dinge gemeinsam zu verändern, um Zukunft gemeinsam gestalten zu können, heißt es in einer Aussendung.<BR /><BR />Auf die Frage welche Rolle spielt die Jugend in diesem Partizipationsprozess äußerte sich die Geschäftsführerin im Südtiroler Jugendring, Tanja Rainer: „Ich habe oft das Gefühl, dass den Jugendlichen hierzulande ein bisschen wenig zugetraut wird. Junge Menschen denken freier, vorurteilsloser und zielorientierter. Sie lassen mehrere Lösungen zu und sind Experten auf ihrem Gebiet. Sie fühlen sich dadurch wahrgenommen und als wichtiger Teil der Gesellschaft. In Algund haben wir beispielsweise einen Grillplatz nach den Vorstellungen unserer Jugend umgesetzt, der quer durch die Generationen, von Kindern bis zu den Großeltern genutzt werden kann.<BR /><BR />Josef Margreiter (Geschäftsführer Lebensraum Tirol Holding)<BR />„Es geht ums Wohlfühlen“ ist Josef Margreiter, der Geschäftsführer der Lebensraum Tirol Holding überzeugt. „Tourismus kann nur in einem attraktiven Lebensraum stattfinden, wo die Jugend auch bleiben will, denn der größte Feind vom Erfolg, ist der Erfolg. Die Tourismusverbände müssen zu Lebensraumverbänden werden. Das Wort Tourismus ist zum Unwort geworden und verliert zunehmend an Akzeptanz. Die eigenen Bedürfnisse haben zugenommen. Man soll sich gemeinsam um Dorfgestaltung, um Entfaltungsmöglichkeiten der Dorfgemeinschaft kümmern. Die politischen Einheiten sind in ihrer Art zu träge, sie setzen nicht um. Man muss auf das Ganze schauen, denn man ist ja eine Gemeinschaft.“ So habe der Tourismus als übergreifender Wirtschaftszweig alle Hebel in der Hand, um partizipativ einwirken zu können und die Transformation sprich Veränderung voranzutreiben.<BR /><BR /> „Weg vom Marketing nur für Gäste - hin zu den Bedürfnissen unseres Lebensraums“ so das Credo von Josef Margreiter.<BR /><BR /><b>Diskussion um Lebensqulität</b><BR /><BR />Petra Wolffhardt ist Produkt- und Serviceentwicklerin von Raum/Schmiede Lienz und setzt Partizipation als Führungsinstrument ein. „Wichtig ist,“ sagt sie, „dass man nach Einbindung verschiedener lokaler Stakeholder schnell in die Umsetzung der geäußerten Vorschläge geht, ansonsten hat das einen Vertrauensverlust zur Folge, der die konstruktive Fortsetzung eines Partizipationsprozesses über Jahre zurückwirft.<BR />Wir haben verstanden, dass es wichtig ist Räume zu schaffen wo eine offene Gesprächskultur in der Gemeinde stattfinden kann. Wir haben einen „Popup-Raum Schmiede„-Anhänger, mit dem wir mobil in die Orte fahren und wo die Leute zu uns kommen, und einzeln ihre Ideen, Anliegen, Wünsche äußern können und ihre Meinung kundtun. Ganz wichtig ist die Kommunikation und Wertschätzung und eine rasche Umsetzung, damit die Leute merken, da passiert etwas.“<BR /><BR />Thomas Bausch, Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität an der freien Universität Bozen, lebt im Pustertal und ist überzeugt: „in dieser Diskussion geht es um Lebensqualität. Wenn Bürgerbeteiligung angestrebt wird, sollte man vorher genau überlegen, was letztlich machbar und umsetzbar ist, um nicht falsche Hoffnungen zu wecken. Wir haben es am Beispiel Pragsertal ansatzweise versucht. Die Frage ist auch, wie viel Tourismus wollen wir, welche Rolle soll er für uns spielen? Hier braucht es die Meinung der Menschen vor Ort, denen bewust sein muss, dass unser Wohlstand auch daher rührt.“<BR /><BR /> Sein Fazit: präzise formulieren und nichts versprechen, was später nicht eingehalten werden kann.<BR /><BR />All diese Aussagen sorgten unter den rund einhundertfünfzig Gästen beim anschließenden Dinner im gediegenen Ambiente des ansprechend umfunktionierten Kongresssaales im Haus Sexten für rege Diskussionen, taten aber auch neue Ideen für Wege der Partizipation und Zusammenarbeit auf.<BR />