Mit dabei ist sein Cousin Moussa, der ihn zum Aufbruch überredet hat. Die Mutter hatte ihm abgeraten, sie erwartet nur den Tod. Doch die Zukunftschancen zu Hause im Senegal sind sehr begrenzt und die beiden Jugendlichen träumen von einer Musikkarriere in Europa. Sie wollen Kapitäne ihres Lebens sein und keine Passagiere einer ungerechten Weltpolitik. Doch gerade dieses Wagnis wird zur ärgsten Demonstration dieser Ungerechtigkeit.
Nachdem der Festivaleröffnungsfilm „Commandante“ die Seenotrettung allegorisch mit einer Weltkriegsgeschichte erzählt hatte, wendet sich „Gomorra“-Regisseur Garrone dem Thema nun direkter zu, wenn auch am afrikanischen Kontinent. Es ist eine realistische Odyssee samt arger Szenen in der Wüste und im libyschen Gefängnis. Mit einigen kurzen Traumsequenzen und großen Leinwandbildern läuft der Film stellenweise Gefahr, die Flucht zu sehr in eine Abenteuergeschichte zu verwandeln. Doch größtenteils balanciert er die Stimmung gut aus.
Ausgangspunkt: Wahre Zeugnisse derer, die diese zeitgenössische Odyssee erlebt haben
Matteo Garrone sagt zu seiner Erzählweise: „Per realizzare il film siamo partiti dalle testimonianze vere di chi ha vissuto questa odissea contemporanea e abbiamo deciso di mettere la macchina da presa dal loro punto di vista, in una sorta di controcampo rispetto alle immagini che siamo abituati a vedere dalla nostra angolazione occidentale, nel tentativo di dar voce, finalmente, a chi di solito non ce l’ha.“ (Um den Film zu machen, gingen wir von den wahren Zeugnissen derer aus, die diese zeitgenössische Odyssee erlebt haben, und beschlossen, aus ihrer Sicht zu filmen, umgekehrt im Vergleich zu den Bildern, die wir aus unserem westlichen Blickwinkel gewohnt sind, in dem Versuch, endlich denen eine Stimme zu geben, die normalerweise keine haben.“Garrone erzählt diesen Anfangsteil der Geschichte nicht als Sozialdrama. Man darf sich hier keine sozioökonomische Analyse erwarten. Es ist eine Geschichte zweier Jugendlicher. Das Kino als Empathiemaschine versucht so den anonymen Flüchtlingsstatistiken eine Kinogeschichte zu geben. „Io Capitano“ ist somit ein berührendes Drama mit kräftigem Stil, das sich jedoch der grausamen Realität seiner Thematik nicht verschließt.
Termin: Filmclub Bozen