„Als der erste Corona-Lockdown kam, waren wir als Paar gerade ziemlich gebeutelt, wir befanden uns in einer tiefen Krise und nun geriet auch noch die ganze Welt aus den Fugen. Irgendwie ahnten wir, dass die Arbeit an dieser unverfälschten Geschichte das Potential hatte, uns zu heilen.“<BR /><BR />Heilsam ist der von der Natur der Berge geprägte, emotional ehrliche Film auf jeden Fall. Wobei einer der beiden Protagonisten, der in den Bergen aufgewachsene Bruno, irgendwann festhält : „Nur Leute aus der Stadt sagen 'Natur', für euch ist sie abstrakt genau wie das Wort.“ Der angesprochene Besucher bittet darum, ihm seinen Traum vom Paradies fernab der Stadt zu lassen.<h3> Plot</h3>„Le Otto Montagne“ erzählt von einer Freundschaft, die in der Kindheit beginnt. Bruno lebt in einem entlegenen Abwanderungs-Dorf im Aosta-Tal. Pietro ist mit seinem bergbegeisterten Ingenieurs-Vater aus Turin immer wieder auf Sommerfrische. Die beiden verstehen sich und nach einer langen Pause und 30 Filmminuten werden sie beste Erwachsenen-Freunde über alle Klassengrenzen und Herkunftsunterschiede hinweg.<BR /><BR />Auch wenn die Figuren ein Spiegel des Regie-Duos sind: von einer „Brokeback Mountain“-Liebe wird hier nicht erzählt. „Le Otto Montagne“ basiert auf dem gleichnamigen preisgekrönten Roman des Autors Paolo Cognetti und ist ein italienischer Film unter belgischer Regie. Das merkt man allein schon am vielen Espresso, der auch in der entlegensten Berghütte noch getrunken wird.<BR /><BR />Die kraftvoll-authentische Darstellung des italienischen Lokalkolorits ohne extra Kitsch erinnert nicht nur wegen Hauptdarsteller Luca Marinelli bisweilen an das Epos „Martin Eden“. Seinen suchenden Schreiber Pietro zieht es hinaus in die Welt, während der Macher Bruno (Alessandro Borghi) sich immer weiter in die heimischen Berge zurückzieht. <BR /><BR />„Le Otto Montagne“ ist ein Männerfilm, in dem Frauen bestenfalls eine Nebenrolle spielen und ohne viel Worte Häuser gebaut, Bäume gepflanzt und Kinder gezeugt werden. Doch wie schon in Felix van Groeningens USA-Ausflug, dem niederschmetternd-emotionalen Vater-Sohn-Drama „Beautiful Boy“ mit Steve Carell und Timothée Chalamet, geht es auch diesmal tief unter die Oberfläche und hoch hinaus.<BR /><BR />Die Berge sind die Freiheit. Doch wie in jedem guten Bergfilm, der die großen Bilder findet und nicht sucht, sind sie ambivalent und auch abweisend-karg. Sie widersetzen sich der vollständigen Idealisierung und Eroberung, ihre Freiheit ist momenthaft. Das Wetter kann umschlagen und auf den Sommer folgt der Winter. Das ist auch in den großartigen „Otto Montagne“ so.<BR /><BR /><b>Termin:</b> „Le Otto Montagne“ von Charlotte Vandermeersch und Felix van Groeningen – Ab sofort im Filmclub Bozen.